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Ausgezeichnetes Kino

Silke Bartlick16. Februar 2014

Filme können in den Köpfen der Menschen Brücken bauen. Sie können den interkulturellen Dialog fördern und das Publikum zu neuen Ansichten ermutigen. Im besten Fall ist das preiswürdig. Etwa bei Göran Olsson.

Cinema fairbindet-Preisverleihung auf der Berlinale 2014 (Foto: DW)
Bild: Thomas Ecke

Frantz Fanon ist jung gestorben. Aber er hat ein beachtliches Vermächtnis hinterlassen. Sein Buch "Die Verdammten dieser Erde", erschienen im Dezember 1961, wenige Tage vor Fanons Tod, wurde das "Kommunistische Manifest der antikolonialen Revolution" genannt. Jean-Paul Sartre empfahl es in seinem Vorwort allen Europäern zur Lektüre: "Habt den Mut, es zu lesen, weil es euch beschämen wird…" Frantz Fanon, ein französischer Psychiater, Politiker und Schriftsteller, wurde 1925 in Martinique geboren. Er war schwarz. Und merkte irgendwann, dass das alles war.

Längst gilt dieser Mann als einer der hellsichtigsten Analytiker Afrikas. Jede Kolonialisierung, so sagt er, sei mit Gewalt einhergegangen. Gewalt habe das Verhältnis von Kolonialherren und Kolonialisierten geprägt. Und die jahrhundertelange Unterdrückung habe Geist und Körper der Unterdrückten verändert. Sie könnten sich nur mit Gewalt befreien und schließlich wieder Menschen werden.

Ein mutiger Film

Der schwedische Filmemacher Göran Olsson hat seinen beachtlichen Film "Concerning Violence" auf der Grundlage von Fanons Buch "Die Verdammten dieser Erde" erzählt. In seiner Dokumentation blickt er auf die afrikanischen Befreiungsbewegungen zurück und zeigt nahezu ausschließlich erst kürzlich entdecktes Archivmaterial. Schwedische Dokumentarfilmer und Fernsehjournalisten haben es zwischen 1966 und 1984 in verschiedenen Ländern Afrikas aufgenommen.

Bild: Lennart Malmer

Verstörende Bilder vom schönen Leben weißer Farmer in Rhodesien, von den steinernen Städten der Kolonialherren und den hungrigen Dörfern der Eingeborenen, vom blutigen Unabhängigkeitskampf in Guinea-Bissau, schwedischen Missionaren in Tansania, der Befreiungsbewegung in Angola und einem Streik in einer schwedischen Mine in Liberia. Bilder voller unterschwelliger oder ganz konkreter Gewalt, strukturiert und kommentiert von den Texten Frantz Fanons. Die Musikerin Lauryn Hill spricht sie mit ihrer eindringlichen Stimme.

Alte und neue Konflikte

Die Kirche in den Kolonien war die Kirche des weißen Mannes. Folgerichtig hat der zuerst Gotteshäuser gebaut und dann vielleicht auch eine Schule oder ein Krankenhaus. Vielleicht. Die Kolonialherren haben Löhne diktiert, die lokale Bevölkerung terrorisiert und selbst den Luftraum kontrolliert. Alles sollte so sein, wie sie es sich vorgestellt haben. Und die Eingeborenen, die haben jeden Tag mindestens einmal davon geträumt, die Stelle der Kolonialherren einzunehmen. Wer Gewalt sät, erntet Gewalt, das erzählt uns dieser Film. Und wer bereit ist, Gewalt auszuüben, der verachtet das Leben.

Europa hat sich an seinen Kolonien bereichert, es hat sich Rohstoffe genommen, Seide, Öl, Gold, Diamanten. Es hat sich schuldig gemacht. Und Strukturen geschaffen, die auch nach Ende der Kolonialzeit weiter bestehen. Diese Erkenntis vermittelt der Film. Und er fragt, was geschehen muss, damit Gewalt und Unterdrückung endlich ein Ende haben und sich die Menschlichkeit durchsetzt.

Bild: Lennart Malmer

Manchmal können Filme Brücken bauen. Auch wenn die ziemlich unbequem sind. "Concerning Violence" ist so ein Film. Deshalb wurde er am letzten Tag der Internationalen Filmfestspiele Berlin mit dem Preis "CINEMA fairbindet" des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ausgezeichnet. Eine unabhängige Jury wählte ihn aus neun Produktionen aus, die die verschiedenen Berlinale-Sektionen zur Sichtung empfohlen hatten.

Ein Film geht auf Reisen

Der Preis ist mit 5000 Euro dotiert und wurde bereits zum vierten Mal vergeben. Gestiftet hat ihn das BMZ, weil es mehr Menschen für die Entwicklungszusammenarbeit interessieren möchte. Und das gelingt mit Filmen nun mal viel leichter und eindringlicher als nur mit Worten. Deshalb ist mit dem Preis auch eine Roadshow durch Deutschland verbunden. "Concerning Violence" wird in rund 20 Städten zur Aufführung kommen, anschließend gibt es dann Publikumsgespräche. In den vergangenen Jahren war der Zuspruch dabei groß.