Von "Der Weiße Hai" bis "Schindlers Liste" - Steven Spielberg ist der erfolgreichste Regisseur der Kinogeschichte. Für sein Werk erhält er den Goldenen Ehrenbär und stellt auf der Berlinale seinen neuen Film vor.
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Märchen, Mythen & Geschichte: Steven Spielbergs Filme
Steven Spielberg erfand das Blockbuster-Kino, machte aus Aliens Freunde, schockierte uns mit blutrünstigen Haien und vermittelte zwischen den Kulturen.
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Das Debüt: Duell (1971)
Der erste Spielfilm ist nicht für die Leinwand sondern fürs Fernsehen bestimmt. Wegen des großen Erfolgs kommt das "Duell" später auch in die Kinos. Ein billig produzierter, ungemein effektvoller Thriller: In der Einöde Kaliforniens duelliert sich ein aggressiver Tanklastwagen mit einem Auto. Ursprünglich hatte Steven Spielberg vorgehabt, komplett auf Dialoge zu verzichten.
Bild: picture-alliance/United Archiv/IFTN
Erster Blockbuster: Der weiße Hai (1975)
Nach weiteren TV-Filmen und dem Kinodebüt "Sugarland Express" erschüttert Spielberg 1975 die Filmwelt mit einem Hai. Der extrem spannend inszenierte Film setzt Maßstäbe. Kommerziell ist er unfassbar erfolgreich: Bei einem Produktionsbudget von nur sieben Millionen spielt er 470 Millionen Dollar ein. Mit verhältnismäßig wenig Tricktechnik gelingt dem Regisseur ein großartiger Thriller.
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Blick in die Zukunft: Unheimliche Begegnung der dritten Art (1977)
Spielbergs erster Science-Fiction-Film kommt gleichzeitig mit George Lucas "Star Wars" in die Kinos. "Star Wars" läutet gemeinsam mit "Der weiße Hai" die Ära des Blockbuster-Kinos ein. Spielbergs "Unheimliche Begegnung der dritten Art" ist bei weitem nicht so erfolgreich an den Kinokassen, ist aber im Grunde der bessere Film. Mit François Truffaut in einer Hauptrolle!
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Neue Mythen: Jäger des verlorenen Schatzes (1981)
Nach dem künstlerischen Flop, der Pearl-Harbor-Kriegskomödie "1941", sorgt der Amerikaner mit seinem "Jäger des verlorenen Schatzes" für ein weiteres Kapitel in der Geschichte des Blockbuster-Kinos. Harrison Ford als Schatzsucher Indiana Jones wird zur Kultfigur. Der Film läutet die Ära der großen Film-Fortsetzungen ein. Bis 2008 entstehen drei ebenso erfolgreiche Sequels.
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Freundschaften: E.T. - Der Außerirdische (1982)
"E.T." ist der nächste Paukenschlag des Regiewunderkindes. "E.T.", der von der Begegnung eines Jungen mit einem Außerirdischen erzählt, ist Spielberg pur: Märchen- und Science-Fiction, familienfreundlich und bewegend, tricktechnisch perfekt, aber mit menschlichen Charakteren besetzt. "E.T." ist sogar im Spielberg-Kosmos so singulär, dass der Meister sich nicht an eine Fortsetzung setzt.
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Blick in die Vergangenheit: Jurassic Park (1993)
Das war bei "Jurassic Park" anders. Die Dinosaurier aus der Frühzeit der Erdgeschichte, die die Menschen von heute in Angst und Schrecken versetzen, entwickeln sich zu einem Renner. Im Kino - aber auch in der Wirklichkeit. Die Spielzeug-Industrie freut sich über neue Einnahmequellen, Freizeitparks in aller Welt werben mit Dinos, Eltern staunen über das paläontologische Wissen ihrer Kleinen.
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Wahre Geschichte I: Schindlers Liste (1993)
Noch im gleichen Jahr bringt der Regisseur die Welt erneut zum Staunen. Nach "Jurassic Park" kommt die Holocaust-Erzählung "Schindlers Liste" in die Kinos und präsentiert einen ganz anderen Spielberg. Der Amerikaner entdeckt seine europäisch-jüdischen Wurzeln und zeigt, was er außerdem noch drauf hat: Kino für historisch interessierte Erwachsene jenseits von Hollywood-Klimbim.
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Wahre Geschichte II: Der Soldat James Ryan (1998)
Fünf Jahre später folgt Spielbergs zweiter Teil in Sachen filmischer Geschichtslektion. "Der Soldat James Ryan" zeigt in aller Deutlichkeit, wie verlustreich 1944 die Landung der Alliierten an der französischen Küste war. Der schonungslose Film beschert dem Regisseur erneut mehrere Oscars. Steven Spielberg ist auf dem Höhepunkt seiner Karriere angekommen.
Bild: Uip
Charmante Komödie: Catch Me If You Can (2002)
Und wieder eine überraschende Wandlung. Nach zwei interessanten Science-Fiction-Filmen ("A.I. - Künstliche Intelligenz" und "Minority Report") erholt sich Spielberg mit der charmanten Hochstapler-Komödie "Catch Me If You Can" von all den schweren Themen und Sujets. Spielberg inszeniert Superstar Leonardo DiCaprio überzeugend als Schwindler.
Bild: imago/EntertainmentPictures
Digitales Kino: Die Abenteuer von Tim und Struppi (2011)
Mit der Verfilmung einer Episode der "Abenteuer von Tim und Struppi" macht Spielberg nicht alle glücklich. Der computeranimierte Film ist nur eine halb geglückte Mischung aus Real- und Animationskino. Zwar nimmt man Spielberg seine Liebe zum Comic-Klassiker des Belgiers Hergé ab, doch die Verfilmung wirkt künstlich und leblos. Erfolgreich ist sie trotzdem.
Bild: 2011 Sony Pictures Releasing GmbH
Düsteres Theater: Lincoln (2012)
"Lincoln" ist wieder der "historischen Seite" des Regisseurs zuzurechnen. Spielbergs Versuch, die letzten Monate des 16. Präsidenten der USA auf die Leinwand zu bringen, bringt ihm Respekt von allen Seiten ein. Doch das düstere Geschichtsepos reiht sich eher in das schwächere Alterswerk des Regisseurs ein, das nicht mehr von ganz so spektakulär erfolgreichen Filmen geprägt ist.
Bild: picture-alliance/dpa
Deutsche Geschichten: Bridge of Spies - Der Unterhändler (2015)
Das deutsch-deutsche Spionagedrama "Bridge of Spies - Der Unterhändler" drehte Spielberg mit seinem Lieblingsschauspieler Tom Hanks zu großen Teilen in den Babelsberger Filmstudios und stellte ihn persönlich bei der Premiere in Berlin vor. Nach "Munich" widmet sich Spielberg zum zweiten Mal der jüngeren deutschen Geschichte.
Bild: Imago/ZUMA Press
Polit-Skandal auf großer Leinwand: Die Verlegerin (2017)
Die wahre Geschichte von der Veröffentlichung der Pentagon-Papiere durch die "Washington Post" wird von Meryl Streep und Tom Hanks im Film "Die Verlegerin" erstklassig gespielt. In den Rollen von Katharine Graham - der ersten Frau an der Spitze einer großen US-Zeitung - und des Chefredakteurs Ben Bradlee, fangen sie den journalistischen Nervenkitzel ein.
Bild: picture-alliance/20th Century Fox/Everett Collection/N. Tavernise
Musikfilm: West Side Story (2021)
Spielbergs Adaption der "West Side Story" ist sein erster Ausflug in die Welt des Musikfilms und eine Neuinterpretation des Musicals über ein Liebespaar, das 1957 in New York City spielt. Während der Film von einigen Kritikern für einen Oscar gehandelt wird, sind andere in ihren Rezensionen weniger freundlich. Der "New Yorker" erklärt unverblümt, dass das Remake "schlechter als das Original" sei.
Bild: Twentieth Century Fox/Zuma/picture alliance
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Eine Auszeichnung für das Lebenswerk "schickt einen zurück in die Vergangenheit, ob man will oder nicht. Es macht einen sehr nachdenklich", sagte Steven Spielberg am Dienstag in Berlin vor der Preisverleihung. "In Berlin geehrt zu werden, einem der erhabensten Festivals der Geschichte, ist ein riesiger Höhepunkt in meinem Leben."
Im Rahmen der Preisverleihung wird Spielbergs jüngster Film, das halb-autobiografische Drama "The Fabelmans", gezeigt. Außerdem präsentiert das Festival eine Retrospektive mit Meilensteinen wie "E.T.".
Spielberg: "Pandemie gab mir Mut, meine persönliche Geschichte zu erzählen"
"The Fabelmans", der für sieben Oscars nominiert ist, darunter als Bester Film, ist Spielbergs bisher persönlichstes Werk. Der Filmemacher wusste, dass er sich eines Tages mit der Scheidung seiner Eltern und den Auswirkungen auf sein frühes Leben auseinandersetzen würde, aber er gab zu, dass es einige Zeit dauerte, bis er den richtigen Zeitpunkt dafür fand. Seine Mutter habe vor ihrem Tod vor sechs Jahren immer gefragt: "Wann erzählst du uns das endlich? "Wann wirst du unsere Geschichte erzählen? Ich habe euch so viel Material gegeben! Wann werdet ihr dieses Material verwenden?", so der 76-jährige Regisseur in Berlin.
In der Frühphase der Corona-Pandemie begann er schließlich, über das Sterben und Altern nachzudenken. "In gewisser Weise gab mir die Angst, die ich vor der Pandemie empfand, den Mut, meine persönliche Geschichte zu erzählen."
Vom Amateurfilmer zum Blockbuster-Macher
Steven Allan Spielberg wurde am 18. Dezember 1946 in Cincinnati, Ohio, geboren. Während seiner Kindheit zog er mehrmals um. Einen Teil seiner Jugend verbrachte er in Arizona, wo er bei den Pfadfindern mitmachte. Weil er dort ein Abzeichen für Fotografie gewinnen wollte, lieh er er sich die 8-mm-Filmkamera seines Vaters und produzierte einen neunminütigen Film mit dem Titel "The Last Gunfight". Ein Amateurfilmer war geboren.
Auch durch sein Elternhaus wurde er entscheidend geprägt. Er wuchs in einer jüdisch-orthodoxen Familie mit Geschichten über den Holocaust auf. Auch einige seiner Vorfahren wurden von den Nazis umgebracht. In der Schule wurde er häufig für sein Jüdischsein gemobbt und fühlte sich lange nicht wohl mit seinen jüdischen Wurzeln. Er wandte sich vom Glauben ab. Jahrzehnte später verarbeitete er sein Jugendtrauma und führte Regie beim Holocaust-Film "Schindlers Liste", für den er seinen ersten Oscar als bester Regisseur erhielt.
Spielberg bezeichnete einmal den Film "Lawrence von Arabien" aus dem Jahr 1962 als den Film, "der mich auf meine Reise schickte". Seine Reise begann in den späten 1960er-Jahren, als er einer der jüngsten Fernsehregisseure bei Universal wurde. Sein erster Fernsehfilm mit dem Titel "Duell" von 1971 erhielt allgemein positive Kritiken.
1974 premierte Spielbergs erster Kinofilm, "The Sugarland Express", der auf einer wahren Geschichte basierte - ein Ehepaar ist auf der Flucht und versucht verzweifelt, das Sorgerecht für das gemeinsame Baby von den staatlich zugeteilten Pflegeeltern zurückzubekommen. Mit dem Film begann auch eine jahrzehntelange Zusammenarbeit mit dem berühmten Komponisten John Williams, der die Musik für fast alle Spielberg-Filme komponierte.
Meister der Emotionen
Seinen Durchbruch als Filmemacher hatte er aber mit einem mechanischen Hai, der manchmal nicht so richtig funktionierte. "Der Weiße Hai" von 1975 lockte die Massen an und spielte viel Geld ein - so viel, dass er damals alle Kassenrekorde brach.
Es war der allererste Sommer-Blockbuster. Der Anblick der Rückenflosse, die schnell durch das Wasser gleitet, unterlegt von John Williams' unheilvollem zweistimmigen "Hai-Thema", das die drohende Gefahr signalisiert, ist bis heute ein Gänsehautmoment.
Danach war Spielberg nicht mehr zu stoppen. Die Protagonistinnen und Protagonisten in seinen Filmen sind oft Kinder oder Erwachsene aus zerrütteten Mittelstandsfamilien, denen außergewöhnliche Dinge widerfahren. Das rief immer eine ganze Palette von Emotionen beim Publikum hervor.
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Immer wieder Neues
Spielberg schürte unsere Urängste mit "Der Weiße Hai" oder "Krieg der Welten" (2005), weckte unser inneres Kind durch "E.T." (1982) und "Die Abenteuer von Tim und Struppi" (2011), ließ uns in "Unheimliche Begegnung der dritten Art" (1977) über Welten jenseits der unseren nachdenken, fesselte uns mit den Heldentaten seines berühmten Abenteurers Indiana Jones in "Jäger des verlorenen Schatzes" (1981) oder fieberte mit Journalisten mit, die in "Die Verlegerin" (2017) unbequeme Wahrheiten aufdeckten. Wir verfolgten gebannt, wie in "Jurassic Park" (1993) längst ausgestorbene Raubtiere wieder zum Leben erweckt wurden und auf der Erde umherstreiften, und waren entsetzt über die Gewalt des Krieges in "Der Soldat James Ryan" (1998), der ihm seinen zweiten Oscar für die beste Regie einbrachte.
Steven Spielberg hat bei mehr als 30 Filmen Regie geführt. Er hat so viel produziert und geschrieben, dass man den Eindruck hat, er habe einen Film zu jedem erdenklichen Genre gedreht. Mit seiner Produktionsfirma Amblin Entertainment, die er 1981 gründete, produzierte er Erfolgsfilme wie "Gremlins", die "Zurück in die Zukunft"-Trilogie, "Falsches Spiel mit Roger Rabbit", die "Men in Black"-Serie oder "Flags of Our Fathers".
Mit Dreamworks SKG, das er 1994 zusammen mit Jeffrey Katzenberg und David Geffen gründete, entstanden bahnbrechende Animationsfilme wie "Antz" (1998) und die erfolgreiche "Shrek"-Franchise. Im Jahr 2005 verkauften Spielberg, Geffen und Katzenberg ihr Unternehmen jedoch für 1,6 Milliarden Dollar an Viacom.
Spielberg wird nun auch in die Welt der Streaming-Dienste einsteigen. Seine Firma Amblin Partners hat im Juni 2021 einen Vertrag mit Netflix unterzeichnet. Es sollen mehrere Filme pro Jahr für den Streaming-Riesen produziert werden.
Alle Optionen offen, nur keine Rente
Action-Abenteuer, Sci-Fi-Fantasy, Horror, Historiendrama, Animation - Steven Spielberg hat Filme fast aller Genres produziert. Mit "West Side Story" (2021) sogar ein Musical.
Was wird sein nächstes Projekt als Filmemacher sein? "Ich weiß nicht, was ich als nächstes machen werde. Ich habe keine Ahnung", gab Spielberg auf der Pressekonferenz in Berlin zu. Nachdem er sehr viel Energie in die Regie von "West Side Story" und "The Fabelmans" gesteckt habe, habe er den nächsten Film noch nicht geplant.
"Es ist ein schönes und ein schreckliches Gefühl", sagte er und freute sich, wieder Zeit zu haben, um sein Leben "selbst in die Hand zu nehmen".
Das heißt aber nicht, dass sich Spielberg zur Ruhe setzen will. Er werde auf jeden Fall im Laufe des Jahres mit dem nächsten Projekt aufwarten: "Ich muss arbeiten und ich liebe es, zu arbeiten."
Dieser Artikel wurde anlässlich der Verleihung des Goldenen Ehrenbärs am 21.02.2023 aktualisiert.