Die Arbeiterpaläste an der sozialistisch geprägten Stalinallee und der moderne Gegenentwurf im Hansaviertel erzählen viel über die Geschichte der Stadt Berlin.
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UNESCO-Welterbe: Visionen einer geteilten Stadt
Berlins Senat schickt die gegensätzlichen städtebaulichen Entwürfe aus Ost und West ins Rennen um den Welterbe-Titel.
Bild: picture-alliance/imageBROKER/T. Robbin
Stalins Arbeiterpaläste
Nach der gescheiterten Blockade West-Berlins durch Stalin machte sich die von der Sowjetunion unterstützte DDR-Regierung daran, in den Ruinen der Stadt eine sozialistische Utopie zu errichten. In den frühen 1950er-Jahren schaute West-Berlin entsetzt zu, wie entlang der damaligen Stalinallee neue sozialistische Wohnblöcke nach russischem Vorbild entstanden, die sogenannten Arbeiterpaläste.
Bild: Christian Behring/POP-EYE/picture alliance
Die Stadt von morgen
Bald darauf wurden Architektur-Meister der Moderne - unter ihnen Le Corbusier, Egon Eiermann, Walter Gropius, Arne Jacobsen und Oscar Niemeyer - ins zerbombte West-Berlin eingeladen, um Entwürfe für die "Stadt von morgen" einzubringen. Das Hansaviertel wurde auf der Internationalen Bauausstellung, der Interbau 1957, als Reaktion auf den klassischen Pomp der Ost-Berliner Stalinallee vorgestellt.
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Kino International
Das Kino International und das legendäre Café Moskau gegenüber wurden erst Anfang der 1960er-Jahre fertiggestellt - wiederum als Antwort der DDR auf die Interbau-Ausstellung in West-Berlin. Heute ist das Kino ein ikonisches Beispiel der Nachkriegsmoderne und eine Spielstätte der Internationalen Filmfestspiele Berlin.
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Haus der Kulturen der Welt
Unweit des Hansaviertels entstand das Haus der Kulturen der Welt, kurz HKW, 1957 ebenfalls als Teil der Interbau-Ausstellung vom US-amerikanischen Architekten Hugh Stubbins entworfen. Das Gebäude, im Volksmund als "Schwangere Auster" bekannt, war ein Geschenk der USA und insofern als politisches Statement für West-Berlin zu sehen.
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Corbusierhaus am Olympiastadion
Der schweizerisch-französische Architekt und Designer Le Corbusier schuf diesen farblich gestalteten Wohnblock als "Maschine zum Wohnen". Die hellen, luftigen Wohnräume und die umgebenden Grünflächen schufen aus damaliger Sicht ein "urbanes Wohnerlebnis" schlechthin. Wegen seiner Größe wurde der Bau in der Nähe des Olympiastadions als Außenposten der Interbau errichtet.
Bild: DW/K. Langer
Hochhäuser am Alexanderplatz
Anfang der 1970er-Jahre mündete der Umbau des repräsentativen Boulevards, die 1961 in Karl-Marx-Allee umbenannt worden war, im Berliner Alexanderplatz. Im Zeichen der Rückbesinnung auf die internationale Moderne sowjetischer Prägung ragen seitdem Hochhäuser in Plattenbauweise in den Himmel, überragt allein vom Fernsehturm, aus dem dieses Foto entstand.
Bild: picture-alliance/Günter Bratke
Die Siedlung "Onkel Toms Hütte"
Auch die Wohnsiedlung "Onkel Toms Hütte" in Zehlendorf soll UNESCO-Welterbe werden. Der Architekt und Stadtplaner Bruno Taut, Vertreter des Neuen Bauens und bekannt für die Hufeisensiedlung, erhielt Mitte der 1920er-Jahre den Auftrag, auf dem Areal im Südwesten West-Berlins eine gemeinnützige Wohnanlage nach dem Vorbild der Gartenstadtbewegung zu schaffen.
Bild: picture-alliance/akg-images
Welterbe: die Hufeisensiedlung
Tauts Hufeisensiedlung wurde bereits 2008 zum UNESCO-Welterbe Siedlungen der Berliner Moderne ernannt. Die luftige, sonnendurchflutete Konzeption entstand Mitte der 1920er-Jahre auf dem Höhepunkt des sozialen Wohnungsbaus in der Weimarer Republik. Der Architekt nutzte das Design der Moderne, um die chaotische, industrielle Stadt mit ländlicher Idylle zu kombinieren.
Im Städtebau der Nachkriegszeit nahmen die Gegensätze Gestalt an. Zu Beginn des Jahrzehnts entstand im während des Zweiten Weltkrieges zerstörten Innenstadtbereich des Ostens ein neuer Prachtboulevard, der nach dem 1953 verstorbenen sowjetischen Machthaber Stalin benannt wurde. Das Ensemble der Wohnbautenentlang der zwei Kilometer langen Straße, die Anfang der 1960er-Jahre in Karl-Marx-Allee umbenannt wurde, verband sozialistischen Klassizismus und preußische Architektur.
Als Gegenentwurf ließ West-Berlin inmitten der Ruinen West-Berlins namhafte Architekten des Modernismus ein Wohnquartier errichten, das Wert auf ein der der Zukunft zugewandtes Design legte: das Hansaviertel.
#DailyDrone: Siedlungen der Berliner Moderne
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Die dort von Le Corbusier und Walter Gropius entworfenen Gebäude sollen nach dem Wunsch des Berliner Senats ebenso auf die Liste des UNESCO-Welterbes gesetzt werden wie die sowjetisch geprägten Zeitgenossen aus dem Ostteil der Stadt.
Die Waldsiedlung Zehlendorf im äußersten Süd-Westen Berlins soll derweil die sechs bestehenden "Siedlungen der Berliner Moderne" erweitern, die seit 2008 zum UNESCO-Welterbe gehören. Die zwischen 1913 und 1934 errichteten, revolutionären Sozialsiedlungen entstanden größtenteils während der Weimarer Republik - maßgeblich geprägt durch die Vision von Bauhaus-Meistern wie Bruno Taut.