Seine Stahlskulpturen inszeniert Bernar Venet gern im öffentlichen Raum. Nun ziert mit "ARC '89" auch die Stadt Bonn eine Arbeit des französischen Bildhauers. Das 17 Meter hohe Werk wurde offiziell enthüllt.
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Bernar Venet: künstlerisches Eisenbiegen
Man mag sie oder man mag sie nicht - die Stahlskulpturen des französischen Bildhauers Bernar Venet. Der Künstler erwarb mit ihnen jedenfalls internationales Ansehen. Und übersehen kann man die monumentalen Werke kaum.
Bild: Getty Images/Bugatti/G. Caballero
Der eingerahmte Sonnenkönig
Bernar Venet rahmte mit einer seiner monumentalen Stahlskulpturen 2011 das Denkmal von König Ludwig XIV., dem Sonnenkönig. Entscheidend für die Wirkung der Installation auf dem Place d’Armes in Versailles ist die Blickachse. In dieser Position des Betrachters umschließt der Stahl die Statue. Steht der Betrachter direkt hinter dem Standbild, wird der Mittelteil des Schlosses von Versailles umrahmt.
Bild: Thomas Samson/AFP/Getty Images
Internationale Anerkennung
1966 ist Venet nach New York gezogen, um bekannter zu werden und sich weiterzuentwickeln. Seitdem hat er mehrfach an der Documenta in Kassel und der Kunst-Biennale Venedig teilgenommen. 2013 wurde er mit dem Julio González International Prize geehrt. Zu diesem Anlass wurde seine Skulptur "230.5° Arc x 15’" auf dem Vorplatz des Institut Valencià d’Art Modern installiert (Bild).
Die Skulptur "Triptyque, 220° arc x 5" steht vor dem Eingang des Kunstmuseums des schwäbischen "Schraubenkönigs" Reinhold Würth in Erstein im Elsass (hier kurz vor der Eröffnung des Museums 2008 aufgenommen). Arbeiten von Venet finden sich in mehr als 70 Museen - darunter das Museum of Modern Art (New York), das Solomon R. Guggenheim Museum (New York) und das Centre Georges-Pompidou (Paris).
Dieser stählerne Bogen wirkt wie das riesige Unterteil einer Wiege. "Arc de 115.5 Degrees" steht im maritimen Flair des Parks für Albert I. an der französischen Riviera. Dort, in Nizza, studierte Bernar Venet einst Gestaltende Kunst.
Kunst im öffentlichen Raum: Das "Kunstprojekt Krauthügel" im österreichischen Salzburg präsentierte 2010 neun Stahlskulpturen von Bernar Venet. Drei Monate lang waren sie auf dem Krauthügel unterhalb der Festung Hohensalzburg ausgestellt - und ernteten Protest: Das Terrain gehört zu einem Landschaftsschutzgebiet, weshalb viele Venets Skulpturen dort ablehnten.
Bild: picture-alliance/APA/B. Gindl
Künstler im Chaos
"Désordre", also Chaos, heißen diese monumentalen Stahlskulpturen. Der Herr dieses Chaos', Bernar Venet, durchschreitet sie 2013 in Marseille. Die südfranzösische Stadt in der Provence war damals Europäische Kulturhauptstadt.
Bild: Gerard Julien/AFP/Getty Images
Vom Stahl zum Blech
Nicht nur bei seinen Skulpturen bringt Venet seine Leidenschaft für Mathematik zum Ausdruck: Der französische Künstler hat bei diesem Bugatti-Kunstauto den Innenraum und die Lackierung mit mathematischen Formeln verziert. Diese Formeln dienen der Berechnung der Leistungskraft eines Motors.
Bild: Getty Images/Bugatti/G. Caballero
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Vierzehn gebogene Stahlträger ragen in den Bonner Himmel. Satte 42 Tonnen wiegt das Monstrum mit dem zunächst kryptisch wirkenden Namen "ARC '89". Dahinter verbirgt sich die 89-Grad-Biegung der sichelförmigen Stahlträger - eine Anspielung auf das Jahr 1989, das eine besondere Rolle in der deutschen Geschichte spielt: Die Mauer fiel. Die Jahreszahl markiert einen Wendepunkt in den Beziehungen zwischen Ost und West. Bonn wird nach der deutschen Wiedervereinigung von Berlin als Bundeshauptstadt abgelöst. Die Stadt muss sich verändern. "ARC '89" steht deshalb auch für Erneuerung und Wandel.
In "Rostige Spaghetti" hat der Bonner Volksmund den Koloss bereits vor der Enthüllung, die Oberbürgermeister Ashok Sridharan und in Vertretung für Siegmar Gabriel Bundesjustizminister Heiko Maas vornahmen, umbenannt. Bernar Venet hat diese himmelstürmende Skulptur speziell für diesen Platz entworfen - einen Kreisverkehr auf der Bonner Museumsmeile, gegenüber der Bundeskunsthalle. In Zeiten klammer Stadtkassen wird das Kunstwerk als zehnjährige Leihgabe von der Bonner Stiftung für Kunst und Kultur finanziert. Am Ende der Dekade soll die Politik entscheiden, was weiter geschieht.
Vom Bühnenbildner zum Bildhauer
Keine Frage, Stahlskulpturen sind es, die den Namen Bernar Venet zu einem Markenzeichen gemacht haben - zu einem herausragenden Bildhauer der Gegenwart. "ARC '89" ist nur eine von vielen dieser Gattung.
Bernar Venet ist 1941 im französischen Château-Arnoux geboren. Bereits im Alter von zehn Jahren widmete er sich der Malerei. 1961 begann er, künstlerisch zu arbeiten. Zuvor hatte er an der städtischen Schule für Gestaltende Kunst in Nizza studiert. Bis 1863 war Venet als Bühnenbildner an der Oper der südfranzösischen Stadt tätig. 1971 legte er eine fünfjährige Schaffenspause ein, in der er sich kunsttheoretischen Fragen widmete und Kunst und Kunsttheorie an der Pariser Universität Sorbonne lehrte.
Bernar Venet: "Stahlbaron" der Kunst
In dieser Lebensphase suchte Venet Antworten auf physikalische und mathematische Fragen. Die Linie wurde für ihn zur künstlerischen Herausforderung. Das spiegelt sich bis heute in seinen raumgreifenden Skulpturen wider. Mittels schwungvoller Linien in seinen Stahlskulpturen setzt er sich mit Zeit, Raum, Bewegung, System und Zufall auseinander.
Als Venet seine künstlerische Tätigkeit 1976 wieder aufnahm, entstanden neben Gemälden und Holzreliefs die ersten Stahlskulpturen. Es folgten immer wieder Ausflüge in die Welt von Ballett, Musik, Fotografie und Film. Sein Hauptaugenmerk gilt jedoch der Bildhauerei. Venet hat 1989 den "Grand Prix des Arts de la Ville de Paris" gewonnen und hat an der Documenta VI und VII sowie der 38. und 53. Biennale von Venedig teilgenommen.
Besonders für öffentliche Plätze werden bei Venet Skulpturen in Auftrag gegeben. Sie stehen unter anderem in New York, Nizza, Luxemburg und Berlin - und nun auch in Bonn. Nicht zu übersehen - eben: monumental in Stahl.