Berti macht die Schotten dicht
Ja, ja, der deutsche Fußball ist wieder wer. Spieler "Made in Germany" mögen im Ausland weniger gefragt sein, dafür aber die Trainer. Jüngstes Beispiel: Hans-Hubert Vogts aus Korschenbroich. Er wird die Schotten missionieren. Berti Braveheart. Da soll noch mal einer sagen, dass nichts aus einem werden kann, nur weil man aus der niederrheinischen Rüben-Einöde stammt.
Es war einmal ... ein Mann des Jahres
Der Intellektuelle unter den Quasselmeistern im deutschen Fernsehen hat es schon immer gewusst: "Vogts ist der bei weitem kosmopolitischste Bundestrainer der deutschen Fußballgeschichte". Na ja, das war in der Euphorie nach dem Gewinn der EM 1996, als Berti plötzlich zum Mann des Jahres avancierte. Seitdem aber ging es aber ziemlich bergab mit dem "Trainer der deutschen Einheit" - eine verblüffende Parallele mit seinem Parteifreund und moralischer Stütze Helmut Kohl, dem "Kanzler der deutschen Einheit".
Wenig Ruhm erntete Vogts bei der WM 98. Und gar kläglich scheiterte sein Versuch im Vereinsfußball Fuß zu fassen. Das Engagement beim Serien-Möchtegern-Meister Bayer Leverkusen blieb eine erfolglose Episode - genauso wie sein Trainerausflug an den Persischen Golf. Jetzt führt die Spur des farblosen, aber trotzdem hochdekorierten Dauerkämpfers (Goldene Ehrennadel des VfR Büttgen, Bundesverdienstkreuz Erster Klasse u.ä) nach Schottland, wo "BV" mit offenen Armen empfangen wird. Und dass er nicht gerade als gewitzter PR-Profi gilt, ist in Glasgow und Umgebung kein Problem. Verbandschef David Taylor: "Wir wollen ja keinen Komiker."
Vom Wüstenfuchs zum Highland-Terrier
Zugegeben: Es fällt schwer, sich den Berti als Kiltträger vorzustellen - obwohl da die immer noch strammen Waden bestimmt gut zur Geltung kommen. Aber wer Vogts kennt, hegt keinen Zweifel: der meistert auch diese Aufgabe. Sprachprobleme wird der 55-Jährige auf jeden Fall keine haben - gestählt wie er durch zahlreiche Abenteuerurlaube in den USA nun einmal ist. Zumal es für die Kommunikation zwischen Seelenverwandten nicht wirklich Worte braucht. Einen Kampf der Fußballkulturen wird es also nicht geben: beiden Parteien ist Ballartistik oder gar Kreativität eher suspekt - dafür werden vermeintlich altpreußische Tugenden wie Fleiß, Kampf und Disziplin auch auf der Insel hoch geschätzt. Keine Frage: Der ehemalige Wadenbeißer vom Bökelberg wird sich auch als Highland-Terrier blendend mit den unbedarften Sommersprossigen jenseits des Hadrian Walls verstehen.
MacBerti als Missionar
Es stimmt übrigens nicht, dass das Engagement des Herrn Vogts eine Fördermaßnahme des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit ist. Nein, MacBerti erfüllt eine Mission: den Fußball wieder auf Vordermann zu bringen und damit die Seelenruhe zwischen Glasgow und Inverness wiederherzustellen. Dass der Whiskey der keltischen Verwandten jenseits der Irischen See besser ist als der heimische Whisky, wird in Schottland als bösartige Lästerung abgetan. Aber dass Irland einen Wirtschaftsboom erlebt, muss jeden darbenden Schotten mit Neid erfüllen. So richtig schmerzhaft jedoch ist die Tatsache, dass auf der Grünen Insel jetzt auch noch besser, oder zumindest: erfolgreicher, Fußball gespielt wird. Da kommt Vogts (von dem übrigens sein Freund und Vorgänger Craig Brown sagt, er sei ein diskreter Liebhaber des flüssigen Bernsteins) gerade recht.
Schließlich möchte man endlich mal wieder an einem großen Turnier teilnehmen. Zum Beispiel an der EM 2004 in Portugal. Dass der Weg dorthin ausgerechnet über Deutschland führt, macht die Sache erst richtig interessant. Da wird sich zeigen, wer mehr drauf hat: Berti's Boys oder die Jungs von Tante Käthe.
Autor: Wim Abbink
Redaktion: Ingun Arnold