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PolitikPolen

Besorgnis in Polen über amerikanische Truppen-Verlegung

Jacek Lepiarz (aus Warschau)
9. April 2025

Die Polen sind verunsichert, weil US-Soldaten einen Stützpunkt verlassen, der entscheidend für die Ukraine-Hilfe ist. Ist das der Anfang des Rückzugs aus Osteuropa? Politiker beruhigen, Medien schlagen Alarm.

Ein amerikanischer Soldat läuft am polnischen Flughafen Jasionka an einer Patriot-Raketenabwehrbatterie vorbei
Ein Patriot-System zur Raketenabwehr auf dem amerikanischen Stützpunkt am polnischen Flughafen JasionkaBild: Sergei Gapon/AFP/Getty Images

Die Nachricht aus Amerika hat in Polen wie eine Bombe eingeschlagen. Die USA wollten ihre Truppen vom Militärflughafen Jasionka bei Rzeszow im Südosten des Landes abziehen, teilte das Oberkommando der US-Truppen in Europa und Afrika am Dienstag (8.04.2025) mit.

Dies sei Teil einer breiteren "Strategie zur Optimierung von Militäroperationen" hieß es zur Begründung. Die amerikanischen Soldaten sollten an andere Standorte in Polen verlegt werden. Ein Bericht des TV-Senders NBC News vom selben Tag klang noch düsterer. Das Pentagon erwäge, 10.000 US-Soldaten aus Rumänien und Polen zurückzurufen, hieß es unter Berufung auf amerikanische und europäische Quellen.

Amerika - Garant polnischer Sicherheit

Seit der Wiedererlangung seiner Unabhängigkeit nach dem Fall des Eisernen Vorhangs im Jahr 1989 sieht Polen die Vereinigten Staaten als Garanten seiner Sicherheit. Die Mitgliedschaft im nordatlantischen Verteidigungsbündnis NATO wird durch ein starkes bilaterales Verhältnis zu den USA abgesichert, was von allen politischen Kräften in Polen unterstützt wird. Noch Anfang Februar versicherte der neue amerikanische Verteidigungsminister Pete Hegseth bei seinem Antrittsbesuch in Warschau, dass die US-Militärpräsenz nicht reduziert werde. Derzeit sind in Polen ca. 10.000 amerikanische Soldaten stationiert. 

US-Verteidigungsminister Pete Hegseth (rechts) und sein polnischer Amtskollege Wladyslaw Kosiniak-Kamysz (links) in Warschau am 14.02.2025Bild: Wojtek Radwanski/AFP/Getty Images

Die jüngsten Nachrichten und Gerüchte sind deshalb ein schwerer Schlag für Polen, das als Frontstaat an der Außengrenze der Europäischen Union (EU) und als Nachbarland der Ukraine durch die aggressive russische Politik stark verunsichert ist. Polens Regierung macht jedoch gute Miene zum bösen Spiel und versucht, die Folgen der Entscheidung in Washington herunterzuspielen.

Tusk und Duda beruhigen: US-Soldaten bleiben

Premier Donald Tusk betonte, die Entscheidung sei bereits vor Wochen angekündigt und mit Polen abgesprochen worden. Die Amerikaner hätten versichert, dass US-Soldaten weiterhin in Polen bleiben würden und dass es keine Reduzierung der US-Kräfte geben werde, weder in Polen noch in Europa allgemein. Auch das polnische Verteidigungsministerium sprach von einer "bereits früher geplanten Verlegung" der Truppen.  

Die logistische Drehscheibe Jasionka ist nach polnischen Angaben seit Januar von deutschen Patriot- und norwegischen NASAMS-Systemen planmäßig geschützt.  

Auch Polens Präsident Andrzej Duda bemühte sich um Entwarnung. "Vom Abzug amerikanischer Soldaten kann keine Rede sein", versicherte er und bezeichnete Medienberichte, die eine Reduzierung der US-Präsenz suggerieren, als "Blablabla". Duda ist mit dem oppositionellen, national-konservativen Lager verbunden und steht der Trump-Regierung nahe.

Der polnische Präsident Andrzej Duda bei einem Kongress der Conservative Political Action Conference in Maryland am 22.02.2025Bild: Brian Snyder/REUTERS

Schon im März reiste er in die USA, um dem amerikanischen Präsidenten seine Aufwartung zu machen. 

Der Chef des Nationalen Sicherheitsrats, Dariusz Lukowski, betonte, die Tätigkeit des Stützpunktes Jasionka werde nicht eingeschränkt. Der General mutmaßte, dass sich die amerikanische Regierung bei ihren Entscheidungen von ökonomischen Motiven leiten lasse.

Die US-Truppen sind seit Anfang 2022 in Jasionka stationiert. Der Militärflughafen bei Rzeszow in der Nähe der ukrainische Grenze wurde zur wichtigsten Drehscheibe für westliche Waffen-Transporte in die Ukraine. 95 Prozent der Militärhilfen für das angegriffene Land wurden über den Stützpunkt abgewickelt. 

Medien schlagen Alarm: Schlechtes Zeichen

Die polnischen Medien teilen die optimistische Sicht der Regierungspolitiker nicht. "Das ist ein schlechtes Zeichen", urteilt Bartosz Wielinski am Mittwoch (9.04.2025) in der Gazeta Wyborcza. "Optimierung bedeutet im Corporate Slang die Reduzierung von Kosten. In Amerika haben Menschen die Macht übernommen, die den Staat in einen Konzern verwandeln wollen. Sie benutzen dabei die Axt, nicht das Skalpell." Wielinski warnt, dass die amerikanische Abschreckung gegen Russland stark gelitten habe.

Der Luftwaffenstützpunkt Jasionka bei Rzeszow in der Nähe der ukrainischen GrenzeBild: Kacper Pempel/REUTERS

"Trump zerstört die amerikanische Soft- und Hard-Power", schreibt Bogdan Chrabota in Rzeczpospolita. "Das ist eine schlechte Nachricht für Kiew und eine gute Nachricht für Moskau, weil der Kreml schon weiß, dass der neue US-Präsident ein Störenfried ist und kein verantwortungsvoller Staatsmann".

Ex-Außenminister: Putin weiß diese Geste zu schätzen

Diese Einschätzung teilt auch der ehemalige polnische Außenminister Jacek Czaputowicz. "Das ist keine gute Neuigkeit", sagte er am Mittwoch im Sender TVN24. "Die Entscheidung der USA ist verfrüht. Man hätte auf die Wende im Krieg in der Ukraine warten sollen. Das ist eine Schwächung des Westens gegenüber Russland. Meiner Meinung nach geschah das mit Absicht."

Diese Entscheidung sei als ein "Zeichen für die Änderung der US-Politik" anzusehen, so Czaputowicz. "Wladimir Putin weiß mit Sicherheit diese Geste zu schätzen (…) Die Zusammenarbeit zwischen Russland und den USA, die sich abzeichnet, wurde damit bestätigt."

Fünfeinhalb Wochen vor der Präsidentenwahl gerät das Thema der US-Truppen in den Strudel der innenpolitischen Auseinandersetzung in Polen. "Wir sollten Alarm schlagen", sagte Ex-Regierungschef Mateusz Morawiecki von der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS). US-Präsident Donald Trump zweifle offenbar an den Beziehungen mit der Tusk-Regierung, was "eine sehr schlechte Nachricht für Polen ist".

"Ich bin enttäuscht, dass die polnische Regierung nicht dagegen gesteuert hat. Behauptungen, dass die Verlegung geplant war, sind nur der Versuch, das Gesicht zu wahren", so Morawiecki. "Duda hat gute Beziehungen zu Amerika aufgebaut, leider hat die Tusk-Regierung diese Politik nicht fortgesetzt. Die Folgen sind heute zu sehen."

In Polen wird am 18. Mai ein neues Staatsoberhaupt gewählt. Sollte der Kandidat der konservativen Opposition die Wahl gewinnen, wird es für das Regierungsbündnis um Donald Tusk noch schwerer, eine liberale Reformpolitik durchzusetzen.

Jacek Lepiarz Journalist in der polnischen Redaktion mit Schwerpunkt auf deutsch-polnischen Themen.