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Bevölkerung von Belarus soll in einem Referendum am 17. Oktober über eine dritte Amtszeit Lukaschenkas entscheiden

8. September 2004

- Opposition protestiert

Bonn, 8.9.2004, BELARUSSISCHES FERNSEHEN, BELAPAN

BELARUSSISCHES FERNSEHEN, russ., 7.9.2004

Weißrusslands Präsident Aljaksandr Lukaschenka hat ein Referendum über Verfassungsänderungen angekündigt, das es ihm ermöglichen soll, über seine Amtszeit hinaus, die im Jahre 2006 ausläuft, auf seinem Posten zu bleiben. Das Referendum wird am 17. Oktober, am Tag der Parlamentswahlen stattfinden.

In einer zehn Minuten dauernden Ansprache an die Nation am 7. September, die im staatlichen Fernsehen und Rundfunk übertragen wurde, erklärte Lukaschenka, er bitte das Volk von Belarus um die Erlaubnis, weiter an der Spitze des Staates bleiben zu dürfen. Er sagte, das Land habe unter seiner Führung große Fortschritte gemacht und bezeichnete seine Gegner als Lakaien des Auslands, die aus Eigennutz an die Macht kommen möchten.

"Die Frage, die bei dem Referendum gestellt werden wird, wird lauten: Gestatten Sie dem ersten Präsidenten von Belarus, bei den nächsten Präsidentschaftswahlen zu kandidieren?", sagte Lukaschenka. "Ich habe Ihnen bereits versprochen, dass, wenn ich mich entschließen sollte, bei den Präsidentschaftswahlen zu kandidieren, ich Sie um Ihren Rat und Ihre Erlaubnis bitten werde. Das tue ich jetzt. Ich greife nicht zu Tricks und Strategien. Ich handle ehrlich und offen. Und bisher haben Sie mich immer unterstützt, wenn ich Sie um Unterstützung bat."

Lukaschenka, einst Direktor einer Sowchose, war erstmals im Jahre 1994 zum Präsidenten gewählt worden. Im November 1996 gewann er ein Referendum, das die Erweiterung seines Mandats um weitere zwei Jahre und eine beträchtliche Erweiterung seiner Befugnisse auf Kosten des Parlaments möglich machte. Im Jahre 2001 sicherte er sich bei Wahlen, die von westlichen Beobachtern als undemokratisch bezeichnet wurden, eine zweite Amtszeit.

Die belarussische Opposition hatte schon lange vorausgesagt, dass Lukaschenka auf ein Referendum zur Verlängerung seiner Amtszeit zurückgreifen würde, die Machtorgane verweigerten jedoch jede Stellungnahme.

Belarus gerät unter Lukaschenka, der sich vom Westen abgewandt hat aber enge Bande zu Russland und zu Ländern unterhält, die von Washington als "Achse des Bösen" bezeichnet werden, immer mehr in die Isolation. Nach seiner Machtübernahme hat Lukaschenka viele sowjetische Symbole und Praktiken wieder eingeführt und versucht, eine staatlich kontrollierte Wirtschaft nach sowjetischem Stil zu behalten. Viele oppositionelle Medien wurden geschlossen, Oppositionsführer verhaftet und das Verschwinden mehrerer Gegner des Präsidenten ist nach wie vor ungeklärt. Weil es aber an einer starken Oppositionsfigur fehlt, ist der charismatische Lukaschenka recht populär, insbesondere innerhalb der älteren Bevölkerung und der Streitkräfte. (TS)

BELAPAN, russ., 7.9.2004

"Dies ist der Schritt eines Verzweifelten, der nicht in der Lage war, einen Nachfolger aufzubauen", sagte der Vorsitzende der Partei der Kommunisten von Belarus, Sergej Kaljakin, zu der Absicht des belarussischen Präsidenten Aljaksandr Lukaschenka, ein Verfassungsreferendum durchzuführen. Das Referendum werde ein "Wendepunkt" bei der Entwicklung des belarussischen Staates sein. "Es ist die Zeit gekommen, da die Stimme jedes einzelnen von uns entscheidend sein wird für das Resultat", so Kaljakin. Die Partei der Kommunisten von Belarus seit stets gegen eine dritte Amtszeit Lukaschenkas gewesen und werde sich gegen diese Kampagne stellen. Diese Situation werde den Wahlkampf vor den Parlamentswahlen erleichtern. "Die Leute werden einen Kandidaten unterstützen müssen, der gegen eine dritte Amtszeit Lukaschenkas ist", sagte er.

"Unter diesen Umständen sind unsere direkten Gegner nicht die von der Führung unterstützten Kandidaten, sondern vielmehr das Referendum. Folglich werden wir alles tun und all unsere Mittel nutzen, um dieser politischen Kampagne entgegenzutreten. Wir sind dazu bereit. Vor zwei Jahren versprachen acht oppositionelle Partien, im Falle eines Referendums ihre Kräfte zu vereinigen", sagte der Vorsitzende der Vereinigten Bürgerpartei, Anatol Ljabedska, gegenüber der Nachrichtenagentur Belapan. (...) (TS)