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Beziehungen zwischen orthodoxer Kirche Georgiens und dem Vatikan vor schwerer Belastungsprobe

22. September 2003

- Abkommen zwischen Regierung in Tiflis und dem Heiligen Stuhl wird vorerst nicht unterzeichnet

Bonn, 21.9.2003, IMDI TV, RUSTAVI-2 TV

IMEDI TV, georg., 20.9.2003

Nach einem Tag der Unruhen, die gestern ganz Georgien ergriffen hatten, hat (der Außenminister des Vatikan - MD), Erzbischof Jean-Louis Tauran, seinen Aufenthalt in Georgien abgebrochen. Jean-Louis Tauran hat Tiflis verlassen, ohne mit dem georgischen Präsidenten oder dem Premierminister zusammengekommen zu sein.

(Die georgische Regierung beschloss nach Protesten der georgischen orthodoxen Kirche und der Öffentlichkeit, die Unterzeichnung des Vertrages zwischen Georgien und dem Vatikan auszusetzen. Der Vertrag, der angeblich dem Vatikan das Recht einräumt, in Georgien Bistümer zu schaffen und so viele katholische Kirchen zu errichten, wie er wünscht, sei geheim und ohne Rücksprache mit der georgischen orthodoxen Kirche aufgesetzt worden, meldete das georgische Fernsehen am 18. September unter Berufung auf den Patriarchen der georgischen orthodoxen Kirche, Ilja II. - MD). (TS)

IMEDI TV, georg., 20.9.2003

Die Regierung gibt nach. Zwischen Georgien und dem Vatikan wird es zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Vertrag geben, erklärte Premierminister Awtandil Jorbenadse soeben vor Protestierenden, die vor dem Parlamentsgebäude demonstrieren. (...)

(Korrespondentenbericht) Er sprach 25 Minuten zu ihnen. Nicht alle Demonstranten verhielten sich gegenüber Jorbenadse gleich. Die einen riefen, die Regierung sollte zurücktreten. Dennoch gelang es, Awtandil Jorbenadse wenigstens einigen positive Bemerkungen zu entlocken, als er sagte, es sei durchaus möglich, dass die Regierung einen Fehler begangen habe. Hier ein Auszug aus der Rede Jorbenadses:

"Noch einmal. Ich möchte Ihnen allen Garantien geben, dass der georgische Staat keinen Vertrag unterzeichnen wird. Und noch eines, wir wollen - oder besser Sie - unter Ihnen einige Leute auswählen, um den gesamten Prozess, der im Gange ist, zu überprüfen und die derzeitige Lage im Lande zu überdenken. Lassen Sie uns zusammenarbeiten, um dem Glauben dieses Landes weiterhin besonderen Respekt entgegenzubringen (...)."

(Ein Demonstrant) "Vielleicht könnten Sie der Öffentlichkeit sagen, dass ein Fehler begangen worden ist. Vielleicht könnten Sie ihn zugeben. Das wäre für die Gesellschaft nicht schlecht."

(Jorbenadse) "Leider, meiner Meinung nach, ist in diesem Fall (ändert den Gedanken) - wenn über solche grundsätzlichen Dinge entschieden wird, die die georgische Öffentlichkeit betreffen, sollte die georgische Öffentlichkeit aktiv daran beteiligt werden. Über alles sollte offen diskutiert werden. Wir werden versuchen, gemeinsam mit Ihnen zu arbeiten und zu leben. Das wichtigste, worum ich Sie bitten möchte (wird unterbrochen durch die Stimmen mehrerer Leute, Passage unverst.). Bevor gehandelt wird, sollte die öffentliche Meinung berücksichtigt werden. Leider scheint es so zu sein, dass die Leute, die an diesen Fragen gearbeitet haben, die öffentliche Meinung nicht berücksichtigt und einen Fehler gemacht haben. Ja, ich stimme Ihnen zu. (...). (TS)

RUSTAVI-2 TV, georg.,

(...) Vor seiner Abreise aus Georgien gab der Erzbischof (Jean-Louis Tauran - MD) eine Erklärung ab, in der Sorge über die neue Haltung des offiziellen Tiflis geäußert wird. (...). Die Erklärung lautet:

"Da ich nun Georgien verlasse, möchte ich den Dank der Delegation des Heiligen Stuhls für die Gastfreundschaft, die ihr in den zwei Tagen zuteil wurde, zum Ausdruck bringen. Aber ich bedauere es, dass infolge des Sinneswandels der georgischen Regierung in letzter Minute das Hauptziel meines Besuches - die Unterzeichnung eines bilateralen Abkommens zwischen Georgien und dem Heiligen Stuhl - nicht erreicht werden konnte. Die Weigerung der Regierung, die übernommenen Verpflichtungen zu erfüllen, wird in erster Linie der katholischen Gemeinde in Georgien schaden, die nun ohne jegliche rechtliche Garantien zurückgelassen wird und der wir unsere volle Solidarität bekunden möchten. Die Delegation des Heiligen Stuhls ist auch über die Haltung der georgischen orthodoxen Kirche sehr enttäuscht. Die von der Kirche verbreiteten Informationen entsprechen nicht der Wahrheit. Wir hatten mehrfach unsere Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, sie über die stattfindenden Verhandlungen zu informieren.

All diese Umstände werden Seine Heiligkeit, Papst Johannes Paul II., der während seines Besuches 1999 in Georgien die Bevölkerung des Landes und insbesondere die Christen mit Nachdruck dazu aufrief, sich bei dem Bemühen um eine geistige Erneuerung der großen georgischen Nation kooperativ zu geben, sicherlich enttäuschen.

Der Heilige Stuhl hofft, dass Georgien, das Mitglied wichtiger internationaler Menschenrechtskonventionen ist, weiß, wie es diese bedauerliche Situation wieder in Ordnung bringen kann.

Erzbischof Jean-Louis Tauran.

Außenminister des Heiligen Stuhls. (TS)