BGH: Cum-Ex-Geschäfte sind strafbar
28. Juli 2021Das bundesweit erste Strafurteil wegen "Cum-Ex"-Aktiengeschäften zulasten der Steuerkasse ist rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe verwarf am Mittwoch die Revisionen der beiden angeklagten Ex-Börsenhändler aus London sowie der Staatsanwaltschaft. Außerdem bestätigten die Richterinnen und Richter, dass von der in den Skandal verwickelten Privatbank M.M. Warburg ein dreistelliger Millionenbetrag einzuziehen ist. (Az. 1 StR 519/20)
Die hochkomplexen Vorgänge werden längst von mehreren Staatsanwaltschaften und Strafgerichten aufgearbeitet. Das erste Urteil, das nun höchstrichterlich überprüft wurde, hatte im März 2020 das Bonner Landgericht verkündet. Zwei Ex-Börsenhändler aus London bekamen damals Haftstrafen auf Bewährung wegen Steuerhinterziehung beziehungsweise Beihilfe dazu. Einer der Männer soll außerdem seinen Anteil an den Profiten zurückzahlen: 14 Millionen Euro.
An dem Verfahren ist auch die in den Cum-Ex-Skandal verwickelte Hamburger Privatbank M.M. Warburg beteiligt. Hier hatte das Landgericht die Einziehung von rund 176 Millionen Euro angeordnet.
Verwirrung um Dividendenanspruch
Cum-Ex-Geschäfte heißen so, weil große Pakete von Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Dividendenanspruch rund um den Stichtag für die Ausschüttung in rascher Folge hin- und hergeschoben wurden. Die bewusst undurchsichtigen Transaktionen hatten nur ein Ziel: bei den Finanzbehörden möglichst große Verwirrung stiften. Mit diesem Trick ließen sich die Beteiligten im großen Stil Kapitalertragssteuer erstatten, die nie gezahlt wurde. Die Gewinne wurden aufgeteilt. Möglich machte das eine Gesetzeslücke, die 2012 geschlossen wurde. Bis dahin hatte das Cum-Ex-Geschäft geboomt - jahrelang.
Die beiden angeklagten Briten hatten im Bonner Prozess beteuert, sie seien nie auf die Idee gekommen, etwas Strafbares zu tun. Die Männer hatten für die inzwischen liquidierte Finanzberatung Ballance gearbeitet, die im Cum-Ex-Skandal eine zentrale Rolle spielte. Den Ermittlern hatten sie ausführlich die raffinierten Geschäftspraktiken erläutert und damit neue Verfahren angestoßen.
Mit dem BGH-Urteil steht nun endgültig fest, dass hier nicht nur ein Steuerschlupfloch genutzt wurde. Auch die Gewinne aus den Geschäften können laut BGH eingezogen werden.
ul/hb (dpa, rtr)