1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Biden: "Chaos" bei US-Abzug war unvermeidbar

19. August 2021

Die internationalen Bemühungen zur Evakuierung von Ausländern und Afghanen aus Kabul werden mit Hochdruck fortgesetzt. In der Nacht startete ein A400M der Bundeswehr. Auch Maschinen anderer Staaten hoben ab.

Afghanisten | US-Soldaten am Flughafen in Kabul
Zugang zum Flieger unter dem Schutz der US-ArmeeBild: Isaiah Campbell/US MARINE CORPS/AFP

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums ist der A400M mit über 200 Schutzbedürftigen bereits in der rund 600 Kilometer nördlich gelegenen usbekischen Hauptstadt Taschkent gelandet, wie bereits die ersten Evakuierungsflüge. Zwei von der Bundesregierung gecharterte Maschinen, eine von Lufthansa und eine von Uzbekistan Airways, landeten unterdessen mit zusammen rund 500 aus Afghanistan in Sicherheit gebrachten Menschen am Frankfurter Flughafen.

Wegen chaotischer Zustände am Flughafen Kabul hatte der Evakuierungseinsatz am Montag schleppend begonnen. Inzwischen hat sich die Lage etwas entschärft und das Rollfeld kann durchgehend für Starts und Landungen genutzt werden. US-Generalstabschef Mark Milley sagte, die Sicherheitslage am Flughafen sei gegenwärtig stabil. Nach US-Angaben sichern inzwischen rund 4500 amerikanische Soldaten den Airport. Vor dem Flughafen haben die Taliban Checkpoints errichtet. Wie NATO und Taliban übereinstimmend berichteten, sind seit Sonntag rund um das Flughafengelände insgesamt zwölf Menschen ums Leben gekommen.

Die USA forderten die neuen afghanischen Machthaber auf, allen Ausländern und ausreisewilligen Afghanen ungehindert eine Evakuierung zu ermöglichen. "Uns liegen Berichte vor, wonach die Taliban entgegen ihren öffentlichen Erklärungen und ihren Zusagen gegenüber unserer Regierung Afghanen, die das Land verlassen wollen, daran hindern, den Flughafen zu erreichen", sagte Vize-Außenministerin Wendy Sherman. Die Vereinigten Staaten erwarteten aber, dass die Islamisten allen Ausländern und allen Afghanen, die das Land verlassen wollten, "dies sicher und ohne Schikanen ermöglichen". US-Vertreter seien deswegen direkt mit den Taliban in Kontakt getreten.

Geschafft: Einstieg zu einem EvakuierungsflugBild: Spanish Defence Ministry/AP/picture alliance

Das Chaos beim Abzug der US-Truppen war nach Ansicht von Präsident Joe Biden unvermeidbar - aufgrund des Zusammenbruchs der afghanischen Regierung, des Militärs und der schnellen Machtübernahme der Taliban. Er wisse nicht, wie man es hätte schaffen können, den Abzug angesichts dieser Lage "ohne Chaos" zu meistern, sagte Biden in einem Interview des Fernsehsenders ABC. Gleichzeitig versicherte er, die US-Soldaten am Flughafen Kabul könnten notfalls auch über den geplanten Abzugstermin am 31. August hinaus bleiben, falls bis dahin noch nicht alle ausreisewilligen Amerikaner evakuiert worden seien.

Joe Biden sieht keine Fehler bei der US-Regierung im Umgang mit dem Chaos in KabulBild: Evan Vucci/AP Photo/picture alliance

Bundesaußenminister Heiko Maas nannte am Mittwochabend die Lage am Flughafen von Kabul weiterhin zum Teil "außerordentlich chaotisch". "Die Anzahl der Zugangspunkte ist beschränkt. Und nach unseren Informationen scharen sich Hunderte von Menschen vor diesen Toren, teilweise werden das auch Tausende, und dabei ist es immer wieder zu Gewaltausbrüchen gekommen", sagte Heiko Maas nach der Sitzung des Krisenstabs der Bundesregierung in Berlin. Deutschland wolle weiterhin so viele Menschen wie nur irgendwie möglich aus Afghanistan in Sicherheit bringen. Derzeit gebe es "keine belastbaren Sicherheitszusagen, dass die Taliban afghanische Staatsangehörige frei zur Botschaft und zum Flughafen passieren lassen," fügte Maas hinzu.

Warten auf den rettenden FlugBild: Wakil Kohsar/AFP

Viele Länder versuchen, so schnell wie möglich eigene Landsleute und Afghanen auszufliegen, die etwa für die Streitkräfte anderer Staaten oder internationale Organisationen tätig waren und nun Racheaktionen der Taliban befürchten. Inzwischen haben Großbritannien, Frankreich, Italien und die Türkei Luftbrücken eingerichtet. Die Niederlande, Polen und Tschechien starteten ebenfalls erste Flüge.

Ankündigungen der Taliban

Die Taliban forderten alle Menschen ohne Reisegenehmigung auf, den Flughafen zu verlassen. Sie kündigten zudem an, Mitgliedern der früheren Regierung Posten in ihrer neuen Regierung anzubieten. Nach Angaben eines Sprechers dauern die Gespräche zwischen Vertretern des Taliban und der alten Regierung an. Er erklärte auch, Frauen sollten bei der Bildung der neuen Verwaltung gehört werden. Ihnen sollten auch neue Rollen in der Verwaltung angeboten werden.

Desaster der Geheimdienste: Totale Fehleinschätzung

Das US-Militär erklärte unterdessen, es habe keine Warnungen der Geheimdienste gegeben, die einen so schnellen Kollaps von Regierung und Streitkräften in Afghanistan vorhergesehen hätten. "Es gab nichts, das ich gesehen habe, oder irgendjemand anders, das auf einen Zusammenbruch dieser Armee und dieser Regierung innerhalb von elf Tagen hingewiesen hätte", sagte Generalstabschef Milley. Es habe mehrere Szenarien gegeben, darunter eine rasche Machtübernahme der Taliban nach einem Kollaps. "Aber der zeitliche Rahmen eines schnellen Zusammenbruchs wurde weithin auf Wochen, Monate oder sogar Jahre nach unserem Abzug eingeschätzt", sagte Milley.

qu/mak (dpa, rtr, afp)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen