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Biden präsentiert neuen Plan für Waffenruhe im Gazastreifen

1. Juni 2024

US-Präsident Joe Biden hat einen neuen Plan für eine Feuerpause im Gazastreifen vorgestellt. Er appellierte in Washington an die Hamas, dem Vorschlag zuzustimmen, der auch die Freilassung von Geiseln vorsieht.

US-Präsident Joe Biden am Rednerpult im Weißen Haus in Washington
US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus in WashingtonBild: Brendan Smialowski/AFP/Getty Images

In den festgefahrenen Verhandlungen über eine Waffenruhe im Israel-Hamas-Krieg hat US-Präsident Joe Biden überraschend einen neuen Vorschlag präsentiert und zu einer Einigung aufgerufen. "Es ist an der Zeit, diesen Krieg zu beenden", sagte Biden im Weißen Haus in Washington. Israel habe unter Vermittlung der USA, Katars und Ägyptens einem umfassenden neuen Entwurf zugestimmt, der drei Phasen vorsehe, sagte ein hochrangiger US-Regierungsvertreter. Der Vorschlag sei von Katar an die Palästinenserorganisation Hamas übermittelt worden.

"Es ist ein Fahrplan für einen dauerhaften Waffenstillstand und die Freilassung aller Geiseln", erklärte Biden. Der Plan gliedere sich in drei Phasen: Die erste Phase würde sechs Wochen dauern, in der sich israelische Soldaten aus den dicht besiedelten Gebieten des Gazastreifens zurückziehen. Gleichzeitig sollen israelische Geiseln aus der Gewalt der Hamas freigelassen werden, ebenso wie Hunderte palästinensische Gefangene aus israelischen Gefängnissen. Zivilisten sollen in ihre Heimat im Gazastreifen zurückkehren können und pro Tag sollen 600 Lastwagen Hilfsgüter in das Gebiet liefern.

In der zweiten Phase würden die Hamas und Israel während einer weiterhin anhaltenden Waffenruhe ein dauerhaftes Ende der Kämpfe aushandeln. Der dritte und letzte Abschnitt umfasst einen großangelegten Plan zum Wiederaufbau des Gazastreifens.

Höherer Druck auf beide Seiten

Durch die überraschende öffentliche Präsentation der Details erhöhte Biden den Druck auf beide Seiten, nach dem blutigen Krieg die Kämpfe einzustellen. Der US-Präsident mahnte, wenn die militant-islamistische Organisation Hamas wirklich eine Waffenruhe wolle, könne sie dies mit ihrer Zustimmung zu dem Abkommen belegen.

Biden forderte zudem Politiker in Israel auf, ihren Widerstand gegen eine Waffenruhe aufzugeben. An Israel gerichtet sagte er weiter, das Land könne den Deal eingehen, ohne Angst um die eigene Sicherheit zu haben. Nach mehreren Monaten Krieg sei die islamistische Hamas nicht mehr in der Lage, ein Massaker wie am 7. Oktober anzurichten.

Israelische Medien werteten Bidens eindringliche Rede als einen Versuch, sich direkt an die israelische Öffentlichkeit zu wenden. Der führende Sender Channel 12 unterbrach seine Nachrichtensendung und blendete Bidens Rede live ein.

Palästinenser flüchten vor Bombeneinschlägen bei Tel al-Sultan im südlichen GazastreifenBild: Eyad Baba/AFP/Getty Images

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu verwies am Abend erneut auf die Kriegsziele des Landes. In einer Mitteilung seines Büros nach Bidens Rede hieß es, der Ministerpräsident habe das Verhandlungsteam ermächtigt, ein Konzept vorzulegen, um die Ziele zu erreichen.

Ohne Verweis auf die USA oder Biden hieß es zudem, der von Israel vorgeschlagene Plan, einschließlich des Übergangs unter Bedingungen von einer Phase zur nächsten, ermögliche Israel, den Grundsatz einzuhalten, dass der Krieg erst beendet wird, wenn alle Ziele erreicht seien. Dazu gehöre neben der Rückkehr aller Geiseln die Zerstörung der militärischen und staatlichen Kapazitäten der Hamas.

Hamas sieht Vorschlag positiv

Die Hamas erklärte, sie stehe dem Inhalt des Vorschlags für einen dauerhaften Waffenstillstand im Gazastreifen positiv gegenüber. Zuvor hatte die Hamas mitgeteilt, sie sei zu einer Vereinbarung bereit, die einen Austausch von Geiseln gegen palästinensische Gefangene vorsieht, solange Israel die Kämpfe im Gazastreifen einstelle. Die USA, die EU, Deutschland und andere Staaten stufen die Hamas als Terrororganisation ein.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sagte zu dem Vorschlag: "Das israelische Angebot, das US-Präsident Biden heute erläutert und bekräftigt hat, ist ein Hoffnungsschimmer und kann einen Weg aus der Sackgasse des Krieges weisen." Die Hamas müsse nun beweisen, "dass sie den Konflikt beenden" wolle, schrieb Baerbock im Onlinedienst X. Es sei wichtig, dass nun "endlich die Chance auf eine humanitäre Feuerpause gefolgt von einer Waffenruhe ergriffen wird".

Der britische Außenminister David Cameron schloss sich den Worten seiner deutschen Kollegin an. "Nutzen wir diesen Moment und beenden wir diesen Konflikt", erklärte er. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einer "bedeutenden Chance" und einem "ausgewogenen und realistischen" Ansatz, der von allen Parteien unterstützt werden müsse.

Der britische Außenminister David Cameron (Archivbild)Bild: Lucy North/PA Wire/empics/picture alliance

Harter Streit um Kernforderungen

Mit Blick auf die Fortführung von Verhandlungen über einer Feuerpause und die Geisel-Freilassung im Gazastreifen hatte die Hamas zuletzt ihre Haltung verschärft. Solange Israel die Kämpfe im Gazastreifen nicht einstelle, sei sie nicht zu Verhandlungen bereit, erklärte die Palästinenserorganisation. Hamas-Chef Ismail Hanija bekräftigte am Freitag, dass die Kernforderungen der Islamisten - ein dauerhafter Waffenstillstand und ein vollständiger Rückzug Israels - "nicht verhandelbar" seien.

Israel hatte vergangene Woche grünes Licht für die Fortsetzung von Verhandlungen mit der Hamas über eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung der Geiseln gegeben. Seit Monaten bemühen sich die Vermittler Ägypten, Katar und die USA um eine solche Einigung, bislang allerdings erfolglos.

Bei ihrem Überfall am 7. Oktober waren militante Angreifer der Hamas sowie weiterer radikaler Palästinensergruppen nach Israel eingedrungen und hatten dort Gräueltaten an Zivilisten verübt. Auf israelischer Seite wurden dabei mehr als 1200 Menschen getötet. Zudem wurden mehr als 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Offiziellen Angaben aus Israel zufolge sind noch mehr als 120 Geiseln in der Gewalt der Hamas - unklar ist, wie viele von ihnen noch am Leben sind.

Als Reaktion auf den beispiellosen Überfall geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dabei bislang mehr als 36.200 Menschen getötet.

kle/jj/sti (rtr, dpa, afp)

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