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"Frühlingsluft für den Klimaschutz"

20. Januar 2021

Die USA treten unter dem neuen Präsidenten Joe Biden dem Pariser Klimavertrag wieder bei. Klimaschützer auf der ganzen Welt, gerade auch in Deutschland, setzen riesige Hoffnungen in ihn.

USA Washington | Inauguration | Joe Biden im Oval Office
Kurz nach Amtsantritt unterzeichnet Joe Biden erste Anordnungen - wie die Rückkehr zum Pariser KlimaabkommenBild: Evan Vucci/AP Photo/picture alliance

So schnell kann es gehen: Erst Anfang November des vergangenen Jahres war US-Präsident Donald Trump endgültig aus dem Klimavertrag von Paris von 2015 ausgetreten, nur wenige Wochen später gehören die USA wieder dazu. Fast euphorisch wird der neue US-Präsident Joe Biden von Umweltaktivisten dafür gefeiert.

So nannte die Chefin von "Greenpeace International", Jennifer Morgan, den Schritt Mitte der Woche "historisch". Weiter sagte sie in einer Videokonferenz internationaler Umweltgruppen: "Die ersten Wochen der Biden-Administration werden ganz andere sein als die letzten der Obama-Regierung von vor vier Jahren." Die Klimakrise habe sich weiter zugespitzt, aber noch nie in der Geschichte der US-Wahlkämpfe habe ein Kandidat dem Schutz des Klimas so viel Aufmerksamkeit geschenkt wie Biden.

Bidens Schritt soll Startschuss sein

Auch in Deutschland sind die Erwartungen hoch. So sagt der Klimaexperte der Umweltgruppe "Germanwatch", Christoph Bals, der DW: "Es ist zentral, dass Joe Biden die Rückkehr ins Pariser Abkommen als Startschuss für die USA begreift, endlich entschieden mitzuwirken, den globalen Temperaturanstieg auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen. Zentral ist, dass auf dem Corona-Wirtschaftsprogramm der USA nicht nur grün steht, sondern auch grün drin ist, dass das Land bald ein ambitioniertes Klimaziel für 2030 vorlegt und dass die USA endlich ihre Zusagen für internationale Klimafinanzierung einhalten."

Stehender Applaus in Paris im Dezember 2015: Rund 190 UN-Staaten haben soeben der Pariser Klimavertrag beschlossenBild: Getty Images/AFP/F. Guillot

Unter Trump vier Jahre Stillstand beim Klimaschutz

Vier Jahre lang herrschte auf Regierungsseite in den USA Stillstand beim internationalen Klimaschutz. Im Sommer 2017 hatte Donald Trump wahrgemacht, was er im Wahlkampf angekündigt hatte: Er sagte sich vom Pariser Klimavertrag los, in dem sich fast alle Staaten der Welt 2015 verpflichtet hatten, die Erdtemperatur nicht um mehr als zwei Grad, besser nur um 1,5 Grad ansteigen zu lassen. Der Rückzug der USA war mit einem Federstrich erledigt.

Denn die komplizierten Details des Pariser Vertrages waren speziell für den schon immer eher schwierigen Partner Amerika so formuliert worden, dass eine Bestätigung des Abkommens durch den US-Kongress nicht nötig war: Der damalige Präsident Barack Obama konnte dem Vertrag per Präsidentenerlass beitreten. Aber Trump seinerseits konnte ebenso leicht auch wieder austreten. Dass es dennoch noch einmal über drei Jahre dauerte, bis Trumps Aufkündigung wirksam wurde, liegt ebenfalls an den Vertragsdetails.

Wenn Blicke töten könnten: Die weltbekannte Klimaaktivistin Greta Thunberg kommt US-Präsident Trump im September 2019 in New York sehr nahe. Dieser hat die Existenz des Klimawandels stets angezweifeltBild: Reuters/A. Hofstetter

Jetzt werden die USA schon bald wieder zu den Paris-Staaten gehören. Dazu sagte die Klimaexpertin von Greenpeace Deutschland, Lisa Göldner, der DW: "Für Bidens Ankündigung, dem Pariser Klimaschutzabkommen sofort wieder beizutreten, reicht ein Brief ans internationale Klimasekretariat. Dreißig Tage später sind die USA dann zurück im Kreis der Staaten, die die Erderhitzung möglichst auf 1,5 Grad begrenzen wollen."

Biden auch gegen die Ölpipeline Keystone XL

Besonders wichtig für die Umweltgruppen: Kanadischen Medienberichten zufolge will Joe Biden bald die Genehmigung für die umstrittene Öl-Pipeline Keystone XL zwischen den USA und Kanada wieder zurücknehmen. Donald Trump hatte im Frühjahr 2017 grünes Licht für den Bau der Pipeline gegeben, die Barack Obama aus Klimaschutzgründen abgelehnt hatte. Lisa Göldner sagt: "Die Pipeline, ein Prestigeprojekt von Trump und der Erdölindustrie, sollte pro Tag rund 500.000 Barrel Öl von den Teersandfeldern im kanadischen Alberta zu den Raffinerien im US-Bundesstaat Texas befördern. Ein Desaster für Umwelt und Klima und für die Rechte und Kultur indigener Gemeinschaften."

Proteste gegen die Ölpipeline "Keystone XL" vor dem Weißen Haus in WashingtonBild: Getty Images/AFP/M. Ngan

Bis 2035 Strom in den USA ohne Öl, Kohle und Gas?

Im Wahlkampf hatte Biden seine ehrgeizigen Umwelt- und Klimapläne bekannt gegeben: Satte 2000 Milliarden Dollar will er in die Hand nehmen, um bis 2035 ohne Kohle, Gas und Öl Strom zu produzieren. Bis zur Jahrhundertmitte wollen die USA dann klimaneutral sein. Das alles kostet natürlich viel Geld.

"Die USA müssen ihren Rückstand bei der Klimafinanzierung wieder aufholen", sagt Umwelt-Staatssekretär FlasbarthBild: picture-alliance/dpa/H. Kaiser

Und Geld muss Amerika auch noch in den internationalen Klimaschutz geben. Im Paris-Vertrag ist auch festgehalten, dass die reichen Länder jährlich bis 2025 zusammen 100 Milliarden Dollar für den Klimaschutz in den armen Ländern aufbringen. Auch diese Zusage hatte Trump zurückgezogen. Dazu sagt Jochen Flasbarth, Staatssekretär im deutschen Umweltministerium, der DW: "Bei der Klimafinanzierung für Entwicklungsländer müssen die USA ihren Rückstand wieder aufholen. Und schließlich ist zu hoffen, dass die Amerikaner die neue multipolare Welt im Klimaschutz erkennen und diese auch respektieren: Zusammenarbeit auf Augenhöhe ist jetzt wichtiger denn je."

Ein alter Bekannter: John Kerry wird neuer US-Klimabeauftragter

Flasbarth hatte 2015 den Klimavertrag in der französischen Hauptstadt maßgeblich mit ausgehandelt. Ob aber Biden angesichts der Pandemie und der damit verbundenen hohen Kosten gleich wieder voll in die Klimafinanzierung einsteigt, bezweifeln viele Beobachter.

Joe Biden setzt beim internationalen Klimaschutz auf die Erfahrung des früheren Außenministers John Kerry (links) Bild: Win McNamee/Getty Images

Aber auch Flasbarth ist alles in allem voller Hoffnung:  "Mit dem Amtsantritt der Biden-Administration gibt es so etwas wie Frühlingsluft im Klimaschutz. Wir können endlich wieder tief durchatmen, weil wir jetzt wieder einen wichtigen Staat im Klimaschutz zurück an Bord haben." Dass es Biden ernst meint mit dem Schutz des Klimas, zeigt auch eine wichtige Personalie:  Der frühere Außenminister John Kerry, auch er ein wichtiger Architekt des Paris-Vertrages, wird neuer Beauftragter für den internationalen Klimaschutz.

 

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