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PolitikEuropa

Biden auf Gipfel-Tournee in Europa

10. Juni 2021

Die USA und Europa wollen die transatlantische Partnerschaft wiederbeleben und Russland gegenüber klare Kante zeigen. Den Auftakt macht der G7-Gipfel in Cornwall am Freitag. Bernd Riegert berichtet.

Großbritannien Vor dem G7-Gipfel in Cornwall - Joe Biden, Präsident der USA
Auf der ersten Europareise als US-Präsident: Joe Biden (und seine Frau Jill) verlassen die Air Force OneBild: Joe Giddens/Pool via AP/picture alliance

Acht Tage, vier Gipfeltreffen, drei Länder. Der Reiseplan von Joe Biden für seine erste Europa-Reise als US-Präsident ist vollgepackt. Biden wird am Gipfel der sieben wichtigsten westlichen Demokratien in Carbis Bay in Großbritannien sowie am NATO-Gipfel und am EU-USA-Gipfel in Brüssel teilnehmen. Nach den Gesprächen mit den Verbündeten folgt dann am kommenden Mittwoch ein Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Genf. Geplant sind außerdem viele bilaterale Gespräche, unter anderem mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, und eine kurze Audienz mit Queen Elizabeth auf Schloss Windsor.

Schwerpunkt China

Die Reise des neuen Präsidenten soll vor allem dazu dienen, die westlichen Demokratien gegen die autoritären Systeme in Russland und vor allem China zusammenzuschweißen, ließ Bidens Sicherheitsberater Jake Sullivan vor dem Abflug in Washington wissen. Aus Sicht der Europäer geht es um "Pandemiebekämpfung, Klimaschutz und den Nutzen, den freiheitliche Demokratien der Welt bringen können", umschrieb ein EU-Diplomat die Ziele der diversen Gipfeltreffen. Deshalb hat der britische Premierminister Boris Johnson als Vorsitzender des G7-Treffens auch andere große Demokratien wie Indien, Südafrika, Australien und Südkorea als Gäste eingeladen. Johnson, der nach dem Brexit sein Land als global agierenden Meinungsführer präsentieren will, schwebt ein neue "Allianz der demokratischen Staaten" vor.

G7-Gastgeber Boris Johnson: Bislang nur virtuelle Treffen wie hier im FebruarBild: Geoff Pugh/AP Photo/picture alliance

Der US-Präsident könne aber nicht davon ausgehen, mit dieser ersten Reise gleich eine solide "Allianz gegen China" zu schmieden, sagt die Politik-Analystin Jana Puglierin im Gespräch mit der DW. Sie leitet das Berliner Büro des "European Council on Foreign Relations" in Berlin. "Das wird ein Balance-Akt werden", glaubt Puglierin. Besonders Frankreich und Deutschland hätten eigene Vorstellungen zur China-Politik. Man suche durchaus noch die Zusammenarbeit mit Peking in Wirtschaftsfragen und beim Klimaschutz. Die EU hat zwar wegen der Unterdrückung der uigurischen Minderheit neue Sanktionen gegen chinesische Bürger verhängt, hat sich aber nicht so klar zu den Verhältnissen in Hongkong geäußert wie die USA.

Jana Puglierin: Biden bringt WandelBild: Jens Oellermann

Gegenentwurf zur "Seidenstraße"

Wichtig sei Joe Biden vor allem, dass es am Ende der Gipfel-Serie ein klares Bekenntnis zu mehr Investitionen des Westens gibt, um den chinesischen Einfluss in Afrika und Osteuropa zurückzudrängen. "Aus dem G7-Gipfel soll so eine Art globale Infrastruktur-Partnerschaft hervorgehen mit Schwellenländern, die grüner werden sollen. Diese soll eine Alternative darstellen zur 'Belt and Road Initiative' ohne damit zu sagen, dass das China eindämmen soll", meint Puglierin. Die NATO soll sich auf Wunsch der Amerikaner ebenfalls mehr mit den Bedrohungen befassen, die militärisch von China ausgehen. Russland als Hauptbedrohung in Europa soll trotzdem nicht aus den Augen gelassen werden.

Unterschied zu Trump

Vom Treffen des amerikanischen und des russischen Präsidenten kommende Woche in Genf erwartet Jana Puglierin keine große Bewegung. Die Konflikte mit Russland um die Ukraine und Belarus seien doch sehr festgefahren. Wichtig sei, dass Joe Biden das klare Signal geben könne, dass der Westen mit einer Stimme spreche. Daher dient der Gipfel-Reigen aus US-Sicht zur Synchronisierung der Positionen. Ganz anders als sein Vorgänger Donald Trump sieht Joe Biden die Europäer nicht als Gegner, sondern als wertvolle Partner, meint der außenpolitische Experte der Grünen im Europäischen Parlament, Reinhard Bütikofer. Und auch EU-Diplomaten, die die Gipfeltreffen vorbereiten, geraten geradezu ins Schwärmen. "Es herrscht eine gute Atmosphäre. Rund um den Tisch gibt es den Willen sich zu engagieren. Es ist völlig anders als in der Zeit davor", antwortete ein EU-Diplomat auf eine Frage der DW.

Beim Gipfeltreffen der USA mit den EU-Spitzen nächste Woche soll es darum gehen, die Handelskonflikte und Strafzölle, die Präsident Trump ausgelöst hatte, wieder ad acta zu legen. Die Zeichen dafür stehen einem Entwurf der Gipfelerklärung zufolge, der in Brüssel bekannt wurde, ganz gut. Jana Puglierin vom European Council for Foreign Relations warnt aber vor zu viel Euphorie. Die Europäer seien auch skeptisch, ob Joe Biden den neuen Kurs internationaler Zusammenarbeit durchhalten wird. 

Gegensätze bleiben

Es bleiben auch noch genügend Konfliktpunkte, wie der Truppenabzug aus Afghanistan, der Streit um die Gaspipeline Nord Stream 2 oder der Vorstoß der USA, Patente auf COVID-Impfstoffe zeitweise auszusetzen. Der letzte Punkt stößt bei der EU auf Ablehnung. Sie will eher einer breiteren Lizenzierung der Impfstoffherstellung zustimmen.

Der britische Premier Boris Johnson will erreichen, dass die reichen Staaten mehr Impfdosen an ärmere Staaten abtreten. Die EU exportiert bereits einen großen Teil der hergestellten Impfstoffe. Die USA und Großbritannien sollen jetzt nachziehen, damit die COVAX-Initiative der Vereinten Nationen stärker beliefert werden kann.

Malerisch und weit vom Schuss: der G7-Tagungsort Carbis Bay am äußersten Südwestzipfel von GroßbritannienBild: Tom Nicholson/REUTERS

An der malerischen Küste Cornwalls im äußersten Südwesten Großbritanniens werden sich die Regierenden der G7-Staaten zum ersten Mal seit zwei Jahren persönlich begegnen. "Das macht nach der Pandemie das Arbeiten unendlich viel leichter", meinte dazu ein EU-Diplomat. Trotzdem herrschen für die Delegationen und für die berichtenden Journalisten noch strenge Hygiene- und COVID-Test-Vorschriften. Ein ganz normaler G7-Gipfel wie 2019 im französischen Biarritz wird das noch nicht. Das gilt auch für die schon traditionellen Gegendemonstrationen. Oxfam, Attac und andere Organisationen erwarten wegen Corona und wegen des abgelegenen Gipfelortes in Cornwall weniger Protestierende. Etwa 6000 Polizeibeamte werden im Einsatz sein, um den dreitägigen Gipfel zu sichern.

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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