Im Jahr 1946 erfand der Ingenieur Louis Réard den Bikini. Der Zweiteiler versetzte die Modewelt in Aufregung. Nicht einmal die Vogue wollte ihn auf dem Cover abbilden.
Die Striptease-Tänzerin Micheline Bernardini präsentiert am 5. Juli 1946 vor laufender Kamera den ersten Bikini Bild: picture-alliance/dpa
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Der Bikini wird 75 - aber nicht alt
Skandalös und sexy: Eine der ersten Verfechterinnen des freizügigen Kleidungsstücks war Marilyn Monroe.
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Dreiecks-Geschichte
Vier kleine Dreiecke, zusammengehalten von dünnen Schnüren - weniger geht kaum. Am 5. Juli 1946 stellt sich die Striptease-Tänzerin Micheline Bernardini in einem Pariser Schwimmbad vor die Kameras und präsentiert den ersten Bikini, entwickelt ausgerechnet von einem Maschinenbauingenieur. Der Franzose Louis Réard ahnt noch nicht, dass er damit ein Kleidungsstück für die Ewigkeit geschaffen hat.
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Anatomische Bombe
Der Zweite Weltkrieg ist vorbei, der Kalte Krieg ist angebrochen. Im südpazifischen Bikini-Atoll werden die ersten US-Atombombentests durchgeführt. Das inspiriert Réard zu dem Namen "Bikini". Er bewirbt diesen neuen Badeanzug (oben: 1947) mit dem Wortspiel "Le bikini, la première bombe anatomique". Ob der Begriff "Atombusen" für eine große Oberweite den selben Ursprung hat, ist nicht überliefert.
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Schon die alten Römer...
Eigentlich war der Bikini gar keine Erfindung des Pariser Ingenieurs. Denn die Idee, sich so leicht zu bekleiden, dass nur die nötigsten Köperstellen bedeckt sind, ist schon viel älter. In Sizilien sind in der römischen Villa Romana del Casale Mosaike aus dem 4. Jahrhundert gefunden worden. Die zeigen Römerinnen beim Sport - im antiken Bikini.
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Das große Glück der Pin-up Girls
Vor ihrer Karriere als Schauspielerin verdiente Marilyn Monroe ihr Taschengeld als Model für Pin-up-Fotos. Für sie und ihre Kolleginnen ist die freizügige Bademode ein Geschenk. Klar, dass sich alle stilecht im Bikini ablichten lassen. Dieses Foto von 1949 hängt im Kunstmuseum Brooklyn/New York und heißt ganz schlicht: "Marilyn am Strand".
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Rutschfest
In den 1950er-Jahren feiern in den USA bunte Hollywoodfilme mit Schwimmerinnen Riesenerfolge. Die "Aqua Maids" zeigen Wasserballett und Artistik auf Wasserskiern. Hier kühlen sich zwei Badenixen ab - wie man sieht, sind die Bikini-Oberteile knapp und sehen rutschgefährdet aus; aber untenrum ist viel Stoff, das scheint auch bei 50 km/h zu halten. Die sportliche Bikini-Variante der 50er-Jahre.
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Die Badenixen des James Bond
Als Ursula Andress 1962 im knappen Zweiteiler dem Meer entsteigt, klappt bei Kinobesuchern und Moralwächtern die Kinnlade runter. Auch James Bond (Sean Connery) muss auf der "Jagd nach Dr. No" kurz innehalten. Dasselbe passiert Pierce Brosnan als James Bond in "Stirb an einem anderen Tag" 40 Jahre später noch mal: Halle Berry taucht in einem ähnlichen Modell aus dem Meer auf.
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Bloß nicht zu knapp
Nach dem Bond-Bikini brach auch der letzte Widerstand gegen den Badefummel. Im Hamburger Hafen werden 1963 die Neuheiten für die deutsche Badesaison gezeigt: Beim Modell Capri (links) gibt es Ähnlichkeiten mit dem Ursula-Andress-Bikini. Rechts eine "neuartige Wäschegarnitur mit sportlicher Note" - Modell Sissi. Es ist mit hochgeschnittener Liebestöter-Hose etwas sittsamer.
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Bikini statt Topflappen
Auch die moderne Frau in der DDR hat ein Recht auf das knappe Badeteil. 1971 preist der "Verlag für die Frau" das Modell "Häkelbikini" an. Eine günstige Variante, denn hierfür braucht man weder viel Wolle noch Zeit. Häkelbikinis sind auch bei den Hippies angesagt. Nachteil: Die Baumwolle wird im Wasser ziemlich schwer und so leiern die Teile schnell aus. Heute häkelt man sie aus Kunstfaser.
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Das Mutterland der String-Tangas
Ausgerechnet in Rio de Janeiro hatte sich in den 1950er-Jahren ein Anti-Bikini-Verein gegründet. Bis in die 1970er-Jahre hinein hatte vor allem der brasilianische String-Tanga den Ruf des Verruchten. Inzwischen aber flanieren an Brasiliens Stränden die schönsten Frauen mit den knappsten Bikinis und zeigen ordentlich Gesäß.
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Sport-Bikini
1996 wird Beachvolleyball olympisch, und schnell mausert sich diese Sportart zu einer der beliebtesten. Weil es gerade bei den Damen viel zu gucken gibt. Bis 2012 schrieb die Kleiderordnung den Bikini sogar vor, dann hat der Volleyball-Weltverband diese sexistische Regel gelockert. Vom Stringtanga bis zur Radlerhose ist jetzt alles möglich.
Bild: Getty Images/B. Kara
Unsterblicher Klassiker
"Bikini" bedeutet übrigens "Land der Kokosnüsse". Die Bewohner des atomverseuchten Atolls leben längst woanders, Bikini ist verlassen. Doch das Kleidungsstück hat Jahrzehnte überdauert und ist für Generationen von Badenixen "alternativlos". Bei Modenschauen dürfen sie nicht fehlen. Hier mit der klassischsten aller Formen: vier Dreiecke mit Schnur.
Bild: picture alliance/NurPhoto/M. Llop
Museumsreif?
Der 5. Juli gilt als Weltbikini-Tag. Im Jahr 2020 wurde dem Bikini zum Geburtstag ein Museum gewidmet: das BikiniArtMuseum in Bad Rappenau in Baden-Württemberg. In rund 1200 Ausstellungsstücken wird hier die Geschichte des Bikinis erzählt. Zur Eröffnung trug das Model links im Bild ein Originalmodell von Louis Réard aus dem Jahr 1953.
Bild: picture-alliance/dpa/S. Sauer
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Ein professionelles Model konnte der Maschinenbauingenieur Louis Réard nicht finden. So engagierte er die Striptease-Tänzerin Micheline Bernardini für die Präsentation seines ersten Bikinis am 5. Juli 1946. Der Zeitpunkt war kein Zufall. Gerade hatte das US-Militär auf dem Bikini-Atoll im Südpazifik einen Atombombentest durchgeführt und sorgte damit weltweit für Aufsehen. Ähnlich explosiv sollte die Enthüllung der neuesten Bademode aus Paris sein. Réard hatte sich nicht verrechnet. So viel Haut war für damalige Verhältnisse zu viel. Moralwächter waren entrüstet, eine Frau sollte in diesen Nachkriegsjahren mit Rock und langer Schürze herumlaufen, anstatt sich so schamlos auszuziehen.
Knapp bedeckt in eine neue Zukunft
Viele Jahre lang wurde der Bikini aus der Öffentlichkeit verbannt, selbst die berühmte Modezeitschrift "Vogue" lehnte ihn ab. Filmstars wie Marilyn Monroe und Brigitte Bardot jedoch hielten am Bikini fest und ließen sich regelmäßig darin ablichten.
Die Striptease-Tänzerin Micheline Bernardini präsentiert am 5. Juli 1946 vor laufender Kamera den ersten Bikini Bild: picture-alliance/dpa
Spätestens mit dem James-Bond-Film "James Bond jagt Dr. No", der 1962 in die Kinos kam, brach der Bann. Das Modell, das Ursula Andress in dem Film trägt, ging als "Dr. No-Bikini" in die Geschichte ein. In den 1960er-Jahren war der Siegeszug des Bikinis nicht mehr aufzuhalten. Er nahm viele verschiedene Formen an, kam als selbstklebender "Trikini" auf den Markt, selbst als brustfreier "Monokini" - doch der setzte sich nicht durch. Die Revolution der Bademode ging einher mit der zunehmenden Selbstbestimmung der Frau. Die Antibabypille kam, ebenso der Minirock und die Auflehnung gegen das Establishment in den Studentenunruhen der 1960er. Der Bikini war ein Befreiungsschlag für viele Frauen.
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Bikini schlägt Brautkleid
Bis heute hat der Bikini nichts von seiner Faszination verloren. Mittlerweile muss man keine Mannequins mehr bitten, die neuesten Bikinis auf dem Catwalk zu zeigen. In den 1980ern und 1990ern gehörten zum Höhepunkt so mancher großen Schau die neuesten Bikini-Kollektionen statt der sonst üblichen Hochzeitsroben. Laufsteg-Stars wie Claudia Schiffer, Linda Evangelista oder Naomi Campbell rissen sich um solche Jobs.
Der Bikini ist ein Dauerbrenner, so ziemlich jede Frau trägt ihn, egal ob Teenies mit schlanker Modelfigur oder Damen höheren Alters mit sichtbarem Übergewicht. Gerade diese Frauen trotzen selbstbewusst den Zeitschriften, die jedes Frühjahr neue Diäten für die "Bikinifigur" verkaufen wollen. Der Bikini ist seit 75 Jahren ein Statement - und wird es auch zukünftig bleiben.
Dies ist die aktualisierte Fassung eines früheren Artikels.