Bilanz nach 100 Tagen Präsident Trump: USA im "Wirbelwind"
28. April 2025
Mit seiner Amtseinführung am 20. Januar 2025 wurde Donald Trump zum zweiten Mal Präsident der USA. Seitdem hat sich in der US-Politik so viel geändert, dass 100 Tage als fast unmöglich kurze Zeit für die 180-Grad-Wende des Landes erscheinen. Ob Richtungswechsel in der Außenpolitik oder die Einführung von Zöllen auf Produkte aus der ganzen Welt: Es vergeht kaum ein Tag, an dem keine "breaking news" aus dem Weißen Haus an die Öffentlichkeit dringen.
"Egal, auf welcher Seite man steht, die meisten Menschen würden bestätigen, dass viel los war", sagt Patrick Malone, Professor im Bereich öffentliche Verwaltung und Politik an der American University, im DW-Interview zur bisherigen zweiten Amtszeit Trumps. Der Präsident "feuerte definitiv von Anfang an aus allen Rohren".
Dahinter stecke eine Strategie, sagen Expertinnen und Experten: Mit den immer neuen Meldungen über extreme Maßnahmen sollen politische Gegner gelähmt, quasi "schockgefroren" werden.
Und US-Bürger, die mit dem neuen Kurs nicht einverstanden sind, wissen nicht, wogegen sie zuerst protestieren sollen: Trumps vollständige Missachtung des Klimawandels und seine Pläne, verstärkt nach Öl zu bohren? Die Aushebelung der Gewaltenteilung, wenn die Regierung gegen klare Order von Bundesrichtern Migranten abschiebt? Die Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit, wenn unliebsame Medien aus dem Weißen Haus verbannt werden, und unliebsamen Forschenden, ja ganzen Universitäten, der Geldhahn zugedreht wird?
Die zweite Trump-Regierung spaltet das Land wie nie zuvor.
Wie viel von dem, was er seinen Unterstützern vor der Wahl im November 2024 versprochen hat, hat der US-Präsident zu Beginn seiner zweiten Amtszeit umgesetzt?
Kein Frieden in der Ukraine innerhalb von 24 Stunden
Sollte er gewählt werden, so erklärte Trump im Mai 2023 während einer Veranstaltung in New Hampshire, werde er den Krieg in der Ukraine im Nullkommanichts beenden. "Sie sterben, Russen und Ukrainer. Ich möchte, dass sie aufhören zu sterben", sagte Trump damals. "Und ich werde das erledigen, ich werde das innerhalb von 24 Stunden erledigt haben."
Der Krieg tobt immer noch. Trump musste mittlerweile einsehen, dass auch er den Konflikt nicht binnen eines Tages beenden kann. Die USA arbeiten ohne größere Abstimmung mit den Bündnispartnern an einer Lösung - und stehen dabei näher an der russischen als an der ukrainischen Seite. Bereits im ersten Telefonat mit Kremlchef Wladimir Putin machte Trump dem russischen Aggressor weit reichende Zugeständnisse.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj holte sich dagegen eine Abreibung von Trump und seinem Vizepräsidenten JD Vance im Weißen Haus ab, weil er angeblich undankbar sei. Die Militärhilfe für die Ukraine wurde auf Eis gelegt. Und erst kürzlich kritisierte Trump Kyjiv dafür, an der Rückgabe der Krim an die Ukraine festzuhalten, anstatt die Halbinsel im Namen des Friedens dem Feind zu überlassen. Die vom Krieg gebeutelten Menschen in der Ukraine reagieren geschockt auf die Kehrtwende ihres wichtigsten Unterstützerlandes.
Sorgen machen müssen sich aber auch die westlichen Partner der USA. Trump hat mehrfach die Treue der USA gegenüber der NATO in Frage gestellt. Er erklärte sogar, dass er NATO-Mitgliedsländer, die seiner Meinung nach nicht genug für ihre Verteidigung ausgeben, nicht gegen einen Angriff von Putin verteidigen würde. Zwar nahm er das später wieder zurück. Aber es ist klar geworden, dass sich die europäischen Ländern nicht mehr auf die ehemals engen Freunde in Amerika verlassen können.
Trump: "Blutrünstige Kriminelle rauswerfen"
Die Einwanderungspolitik war eines von Trumps Lieblingsthemen im Wahlkampf. Bei einer Veranstaltung in New York im Oktober 2024 versprach er, bei seinem Wahlsieg das größte Abschiebungsprogramm der US-Geschichte einzuleiten. Er werde, so Trump, die "blutrünstigen Kriminellen ins Gefängnis stecken und sie dann so schnell wie möglich aus unserem Land rauswerfen."
Im Februar, dem ersten vollen Monat, den Trump im Amt war, schob die US-Regierung rund 11.000 Migranten und Migrantinnen ab. Im Februar 2021, dem ersten Monat von Joe Bidens Regierung, lag diese Zahl bei rund 12.000. Aber: Unter Trump kommen weniger Menschen über die südliche Grenze zu Mexiko in die USA, berichtet NBC News.
Trump habe die Einwanderung definitiv erschwert, sagt Malone: "Einige würden das als Erfolg, andere als nicht vereinbar mit den amerikanischen Werten bezeichnen."
Wirtschaft: "Amerika ist zurück"
Trump hatte damit geworben, unter seiner Führung werde es mit der US-Wirtschaft steil bergauf gehen. Eines seiner Versprechen lautete "make America affordable again" - unter ihm würden die Preise sinken, und zwar, siehe Ukraine-Krieg, ab dem ersten Tag seiner Präsidentschaft.
In einigen Bereichen ist das geschehen, zum Beispiel beim Benzin. Auch die Preise für Flüge und Hotelübernachtungen gingen zurück, so wie die Inflation insgesamt. Die "core prices", also Durchschnittspreise für Waren ohne Einberechnung der stark schwankenden Kosten für Benzin und Lebensmittel, lagen im März um 2,8 Prozent höher als im Jahr zuvor - der niedrigste Anstieg seit fast vier Jahren, berichtet die Nachrichtenagentur AP.
"Präsident Trumps Politik sorgt dafür, dass die Inflation in Schach gehalten wird", erklärte Stephen Miran, Vorsitzender des Council of Economic Advisers, also der Wirtschaftsberater des Weißen Hauses, in einem Interview mit dem TV-Sender CNBC. "Zusammen mit dem, was gerade im Handel passiert, lässt uns das sagen: Amerika ist zurück."
Doch für viele Amerikanerinnen und Amerikaner ist der Gang in den Supermarkt immer noch so teuer wie zu Beginn von Trumps Amtszeit. Der wöchentliche Einkauf für einen zwei-Personen-Haushalt kann, auch außerhalb der teuren Großstädte, schon mal mehr als 150 Dollar kosten.
Trumps Zölle: Versprechen gehalten, Grund zur Sorge?
Nach seiner Wahl hatte Trump angekündigt, er werde die Politik der "lächerlich offenen Grenzen" und das Handelsdefizit der USA beenden. Er wolle Zölle in der Höhe einführen, die der jeweilige Partner auf US-Produkte erhebe. Das tat er im April. In vielen Fällen waren die erhobenen US-Zölle sogar noch höher. Also: Versprechen gehalten.
Das macht einige Produkte allerdings teurer für US-Konsumenten, und gefährdet die gewachsenen Handelsbeziehungen. Amerikanerinnen und Amerikaner sehen laut einer Umfrage des Pew Meinungsforschungsinstituts die wirtschaftliche Lage und Zukunft ihres Landes jetzt kritischer als noch im Februar, also kurz nach Trumps Amtsantritt – und vor Bekanntgabe seiner Zölle.
Damals hatten 40 Prozent angegeben, sie gingen davon aus, dass es den USA im nächsten Februar wirtschaftlich besser gehen werde. 37 Prozent schätzten, die Bedingungen würden sich verschlechtern. Im April glaubten nur noch 36 Prozent, in einem Jahr würden die wirtschaftlichen Bedingungen in den USA besser sein. Dafür glaubten 45 Prozent, die wirtschaftliche Situation der USA würde sich verschlechtern.
"Stabilität in der Regierung haben wir nicht"
Eine gewisse Unsicherheit mag daher kommen, dass die Trump-Regierung Zölle genauso schnell wieder aussetzt oder zurückzieht, wie sie eingeführt wurden. Ein solches Hin-und-her, sagt Malone von der American University, sei schlecht für die zentrale Säule jeder gut funktionierenden Regierung: Stabilität.
"Die ersten 100 Tage waren ein Wirbelwind, dabei ging es nicht nur voran", so der Politikprofessor. Die Trump-Regierung habe vieles eingeführt, dann wieder zurückgenommen. Das sah man bei Zöllen, aber auch bei den Entlassungen in vielen Ministerien. Zunächst wurde tausenden Menschen gekündigt. Als man wenig später feststellte, dass einige dieser Angestellten, beispielsweise im Bereich Flug- oder Atomsicherheit, doch unverzichtbar waren, wurden sie wieder eingestellt.
"Es ist sehr schwer, auf diese Weise eine Regierung zu führen", sagt Malone. "Alle Regierungen brauchen Beständigkeit, Vorhersehbarkeit und Stabilität. Und das haben wir gerade nicht."