Bildergalerie: Bedrohte Tiere
7. Juli 2009Das Artensterben geht weiter, das ist das Fazit der Weltnaturschutzunion IUCN. Von der IUCN stammt die alljährlich aktualisierte "Rote Liste der gefährdeten Arten". Alle vier Jahre stellt die Organisation eine ausführliche Analyse der Gesamtsituation vor. Der Mitautor der Studie, Jean-Christophe Vié, trat Anfang Juli 2009 mit einer düsteren Prognose an die Öffentlichkeit: Das Ziel der UN-Konvention aus dem Jahr 2002, den Artenschwund bis 2010 zu bremsen, werde klar verfehlt.
"Die Regierungen sollten denselben Ehrgeiz, den sie für die Erhaltung des Wirtschafts- und Finanzsektors aufwenden, auch für den Schutz der Natur entwickeln", forderte Vié. Aber ob dieser Ruf in der Politik gehört wird, ist fraglich: Selbst der Klimaschutz, bei dem es ja vielleicht um das Überleben der eigenen Art, der des Menschen geht, hat angesichts von Bankenkrise und Firmenpleiten anscheinend momentan keine besondere Priorität.
Die größten Bestände des Asiatischen Wildesels gibt es noch in der südlichen Mongolei. Die Zahl der Tiere hat in den letzten 16 Jahren über 50 Prozent abgenommen, und zwar vorwiegend durch -mittlerweile eigentlich illegale- Bejagung. Asiatische Wildesel gelten in der Roten Liste der IUCN als "stark gefährdet".
"Stark gefährdet" ist die mittlere Gefahrenstufe auf der Skala der Weltnaturschutzunion. Als Kriterium für die Einstufung zählt für die IUCN die zahlenmäßige Entwicklung einer Art, aber auch die Zu- oder Abnahme ihres Lebensraums.
Veranwortlich für die Gefährdung von Arten ist in den allermeisten Fällen der Mensch. Er verändert weltweit massiv die Umweltbedingungen: durch Rodung, durch Landwirtschaft und Düngung, durch Umweltverschmutzung und durch Klimaerwärmung.
Während sich das Verhältnis von Jäger und Beute in der Natur durch wechselseitige Rückkopplung meist im Gleichgewicht hält, schafft es der Mensch immer wieder, seine Beutetiere fast oder völlig auszurotten.
Aber auch Tiere, die als Nahrungskonkurrenten gelten oder als tatsächliche oder vermeintliche Bedrohung -und sich daneben noch als Trophäe eignen- haben es besonders schwer. Wie der Sumatra-Tiger, von dem in freier Wildbahn nur noch schätzungsweise an die 270 Tiere leben. Er gilt folglich als "vom Aussterben bedroht".
Elefanten, jedenfalls ausgewachsene, haben keinen natürlichen Feind zu fürchten. Den Menschen aber sehr wohl. Ihm geht es nicht um das Fleisch, sondern um einen nur sehr kleinen Teil der riesigen Körper: Die Stoßzähne. Das "Elfenbein" war seit jeher teuer gehandeltes Material für Kunstgegenstände. In manchen Kulturen gilt es zerrieben als begehrtes Potenzmittel. Strenge Schutzvorschriften haben in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass der Elefanten-Bestand sich zumindest in den meisten Gegenden wieder deutlich erholt hat: Die Art gilt momentan nur noch als "potentiell gefährdet".
Beim iberischen Luchs sieht die Sache dagegen äußerst kritisch aus, er ist laut Roter Liste "akut vom Aussterben bedroht". Vermutlich maximal 143 erwachsene Tiere gibt es noch, ungünstigerweise in zwei voneinander getrennten Biotopen. Bei so wenig verbleibenden Exemplaren wird die Partnersuche, Fortpflanzung und erfolgreiche Aufzucht des Nachwuchses zu einer heiklen Angelegenheit: Etwas Pech, ein paar Ausfälle durch natürliche Faktoren werden dann schnell überlebenskritisch für die gesamte Art.
Auch beim iberischen Luchs steckt der Mensch hinter dem dramatischen Rückgang der Population, diesmal allerdings über einen Umweg: In den 50er Jahren sollte die Einführung des Myxomatose-Virus' nach Europa für ein Ende einer Kaninchen-"Plage" sorgen. Das klappte auch zunächst, die Kaninchen starben massenweise. Und die Luchse verhungerten. Die Kaninchen wurden später immun, ihre Bestände erholten sich. Die der Luchse nicht mehr.
Das obere, traurige Ende der IUCN-Skala lautet: "ausgestorben" oder zumindest "in der Wildnis ausgestorben". Das gilt wahrscheinlich für den chinesischen Flussdelfin. 2006 und 2007 blieb eine intensive Suche nach letzten Exemplaren der "Baiji" erfolglos. Aber auch der Amazonas-Flussdelfin gilt als "gefährdet": Der eng begrenzte Lebensraum macht die Tiere noch verwundbarer für Umweltverschmutzung und Bejagung als ihre Vettern auf hoher See.
Doch auch die in den Ozeanen lebenden Delfinarten werden oft als eigentlich unbeabsichtigter "Beifang" aus dem Wasser geholt oder gehen in stehenden Fangnetzen qualvoll zugrunde. Und die Jagd auf die großen Meeressäuger, die Wale, wird immer noch hartnäckig von einigen Nationen weiterbetrieben, obwohl die Sache mittlerweile wirtschaftlich keinen Sinn mehr macht.
Die Ursache für das weltweite massenhafte Amphibiensterben in den letzten Jahrzehnten ist noch nicht völlig geklärt. Eine Schlüsselrolle spielt wohl eine Pilzinfektion, aber möglicherweise wird deren Auswirkung durch andere Umweltveränderungen noch verstärkt. Vielen Amphibienarten wird zum Verhängnis, dass sie einen äußerst eng umgrenzten Lebensraum bewohnen und hoch spezialisiert sind. Die vielen Arten der Madagaskar-Frösche leben jeweils nur in kleinen Arealen der Insel; "Mantella madagascariensis" auf dem Foto gilt als "gefährdet".
Ein naher Verwandter, das bei Terrarium-Freunden beliebte "Goldfröschchen", kommt sogar nur auf einem gerade einmal 10qkm großen Areal vor. Es wird auf der Roten Liste als "akut vom Aussterben bedroht" geführt, ein Handel mit wildgefangenen Exemplaren der Froschart ist streng verboten.
Insekten gelten zwar evolutionsgeschichtlich als äußerst robust. Aber die vom Menschen verursachten Veränderungen in ihrer Umwelt, besonders der Einsatz von Insektiziden oder Herbiziden in der modernen Landwirtschaft machen manchen Arten schwer zu schaffen. Der Apollofalter gilt nach dem Washingtoner Artenschutzabkommen weltweit als geschützt. In vielen Gegenden ist die Art nach wie vor stark gefährdet oder sogar akut vom Aussterben bedroht.
Wenn farbenprächtige Schmetterlinge verschwinden, dann fällt das auf. Viele Arten drohen aber nahezu unbemerkt auszusterben: Auch die IUCN kann nur die 45000 Spezies untersuchen, bei denen es überhaupt eine ausreichende wissenschaftliche Datengrundlage gibt. Das sind lediglich 2,7 Prozent der weltweit 1,8 Millionen bekannten Arten.
Große Sorgen machen sich viele Experten um die Zukunft der Korallen. Wenn durch die Klimaerwärmung der pH-Wert der Ozeane sich verändert, drohen die Kalkskelette der Tiere sich im saurer gewordenen Wasser aufzulösen. Das gleiche Problem würde auch auf Meeresschnecken und Muscheln zukommen.
Seepferdchen haben zwar kein Kalkskelett. Aber sie haben skurrilerweise wiederum mit Tigern und Elefanten ein gemeinsames Problem: Eine angeblich potenzsteigernde Wirkung beim Menschen. Auch die Zerstörung ihrer Lebensräume macht der zu den Fischen gehörenden Gattung zu schaffen. Viele Seepferdchen-Arten stehen auf der Roten Liste als "gefährdet", bei ebenso vielen fehlen schlicht die notwendigen Daten.
Der Seeadler war bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts in ganz Westeuropa und Skandinavien nahezu ausgerottet. Nach ersten Schutzbemühungen ging es wieder langsam aufwärts mit der Art, aber in den 50er und 60er Jahren nahmen die Bestände wieder rapide ab. Schuld war das Insektizid DDT, das sich am Ende der Nahrungskette über Kleinlebewesen und Fische in den Körpern der Greifvögel ansammelte. Das Gift führte dazu, dass die Seeadler-Eier zu dünne Schalen hatten und beim Brüten zerbrachen. Mit dem Verbot von DDT Anfang der 70er Jahre erholten die Bestände sich wieder, mittlerweile führt die IUCN die Art als "nicht gefährdet".
Ein Beispiel also für gelungenes Gegensteuern. Nur war damals natürlich auch der Mensch vom DDT-Problem betroffen. Solange es scheinbar "nur" um Tiere oder Pflanzen geht, dann hapert es mit der Einsicht erheblich. Und deswegen haben vermutlich auch weiterhin Bankenkrise und Firmenpleiten die größere Aufmerksamkeit als der ungebremste Artenschwund.
Autor: Michael Gessat
Redaktion: Martin Schrader