Bildergeschichten
12. Juni 20121929, irgendwo in Berlin: Armut und Massenarbeitslosigkeit prägen zunehmend das Gesicht der Hauptstadt, verzweifelte Menschen suchen mit Schildern nach "Arbeit um jeden Preis". Und inmitten dieser Szenerie zieht ein Junge einen schweren Handwagen mit leeren Kisten durch die Straßen, vielleicht haben ihn einige Kaufleute mit Aufträgen versorgt, ganz sicher erhält er dafür nur ein Taschengeld. Die Zeitschrift "Tempo" veröffentlichte dieses Bild in ihrer Serie über "Arbeitende Großstadtjugend". Sie dokumentierte, dass Kinder auch in der Weltwirtschaftskrise arbeiten mussten, wenn es in den Familien am Lebensnotwendigen fehlte.
Mit Beginn der Industrialisierung war Kinderarbeit fester Bestandteil deutschen Alltags – Minderjährige schufteten in Manufakturen, in Bergwerken oder bei der Heimarbeit. Dieser Missstand wurde erstmals 1839 in Preußen eingegrenzt, als regelmäßige Kinderarbeit in Fabriken oder Hütten für Kinder unter neun Jahren verboten wurde, 1855 war Fabrikarbeit nur noch ab dem zwölften Lebensjahr erlaubt. Erst 1903 wurde im Kinderschutz-Gesetz der Arbeitsschutz auf alle gewerblichen Betriebe ausgedehnt. Allerdings wurden solche Schutzbestimmungen in Krisenzeiten – etwa während der Weltkriege – faktisch außer Kraft gesetzt. Heute dämmt das Jugendarbeitsschutzgesetz die Kinderarbeit weitgehend ein.
Weltweit arbeiten allerdings derzeit schätzungsweise 250 Millionen Kinder unter 14 Jahren – in der Landwirtschaft und in kleinen Werkstätten, in Steinbrüchen oder als Straßenverkäufer. Auch deutsche Konsumenten profitieren davon, weil viele der Kinderarbeiter für den Export schuften: in Textilfabriken, auf Kakao- oder Kaffeeplantagen. Kinderschutzorganisationen rufen deshalb dazu auf, beim Kauf entsprechender Produkte auf Sozialsiegel zu achten und so auf die Produktionsbedingungen Einfluss zu nehmen. Der 12. Juni wird in diesem Jahr zum zehnten Mal als "Welttag gegen Kinderarbeit" begangen – um ins Bewusstsein zu rufen, wie auch unsere Welt von den schuftenden kleinen Händen profitiert.