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Bildung als Ware

Lars Scholtyssyk13. März 2008

Zwischen 1000 und 2000 Euro zahlt ein deutscher Studienanfänger momentan im Jahr an seine Hochschule - und geht deswegen auf die Barrikaden. Ein amerikanischer Student kann darüber nur lachen. Oder weinen …

Bild: DW

Deutsche Studentenvereinigungen sehen in Studiengebühren eine "Verletzung der Menschenrechte", schließlich muss Bildung laut dem UN-Sozialpakt für jeden frei zugänglich sein. Probleme, über die sich ein amerikanischer Student wirklich köstlich amüsieren würde. Denn hier liegen die Studiengebühren zwischen 20.000 und 50.000 Dollar. Als Folge der horrenden Abgaben verschuldet sich der durchschnittliche Student in den USA jährlich mit über 12.000 Dollar und startet nicht selten mit einem gewaltigen Berg an Verbindlichkeiten in seine berufliche Laufbahn.

Während Bildung in Deutschland ein Anspruch ist, dem die Gesellschaft gegenüber jedermann gerecht werden muss, so wird Bildung in den USA schlichtweg als Ware gehandelt. Eine Ware, die sich der Amerikaner seit jeher eine Menge Geld kosten lässt. Bisher war es deshalb gängige Methode - zu relativ geringen Zinsen konnten junge Amerikaner staatlich garantierte oder privat organisierte Studienkredite aufnehmen. Doch die Situation der Studenten, die auf solche Verschuldungs-Modelle angewiesen sind, verschärft sich zunehmend.

Robin-Hood-Prinzip

Aufgrund der Kreditkrise in den USA ziehen sich aktuell immer mehr Kreditgeber aus diesem Markt zurück und die jungen Akademiker bleiben auf der Strecke. Drastisch gestiegene Zinsen stellen viele Studenten vor immense Probleme. Auch die späteren Berufs- und Verdienstchancen spielen eine immer größere Rolle bei der Wahl des Studienfachs. Die Folge: Soziale Berufe mit niedrigerem Einkommen werden vernachlässigt – die hohe Schuldenlast will schließlich auch irgendwann einmal abbezahlt sein. Um den Verlust von Studenten zu verhindern, springen nun sogar die Hochschulen selbst in die Bresche. Mit einem Notfallplan tritt beispielsweise die Georgetown University in Washington als direkter Geldgeber für Studenten und Eltern mit finanziellen Sorgen ein.

Wer aber in Amerika über die Sozialverträglichkeit von Studiengebühren diskutieren will, der wird schnell feststellen, dass diese Diskussion so gut wie gar nicht stattfindet. Denn trotz der weltweit höchsten Abgaben sehen sich die USA selbst als Musterbeispiel für soziale Gerechtigkeit - zumindest im Bezug auf ihr Hochschulsystem. Vom "Robin-Hood-Principle" ist die Rede, wenn in der Presse über die Finanzierung der Hochschulen geschrieben wird: Wohlhabende Studenten bezahlen mit ihren Gebühren die Stipendien der sozial Schwächeren.

Soziale Selektion und Verdrängung

Den Reichen nehmen, den Armen geben - so schön sich das auch anhört, so falsch ist diese Darstellung in der Praxis. Denn von den 2000 amerikanischen Colleges sind nur rund 150 mit dem Niveau der deutschen Universitäten vergleichbar. Und gerade an diesen Hochschulen ist die soziale Selektion sehr hoch. Weil viele Kinder aus der Mittel- und Unterschicht sich trotz der Stipendien die Elite-Universitäten nicht leisten können, findet nun sogar an den "normalen" Hochschulen ein Verdrängungswettbewerb statt.

Über die Verletzung der Menschenrechte beklagt sich hier aber niemand. Nicht dass dies in Anbetracht des Verhältnisses der USA zum UN-Sozialpakt irgendwie überraschend wäre – aber zugegeben: Die Geschichte von Robin Hood klingt auch einfach viel zu gut.