Eine Legende tritt ab
27. Juni 2008An Bill Gates scheiden sich noch immer die Geister. Die einen bewundern ihn als großen Visionär, dessen Computerprogramme aus den kryptischen Rechenmonstern von einst Geräte gemacht haben, die heute wie selbstverständlich benutzt werden, für elektronische Briefe, Musik, Bilder, Videos und vieles mehr. Für die anderen ist er dagegen ein rotes Tuch, um nicht zu sagen: ein Hassobjekt. Er habe nie eigene Ideen gehabt, sagen sie. Nur die Ideen anderer imitiert und besser vermarktet - zur Not auch mit seiner schieren Marktmacht und seinen Rechtsanwälten.
Was sagt Bill Gates selbst dazu? Früher waren Computer Maschinen, die Millionen von Dollars kosteten, und die nur für große Unternehmen konstruiert wurden, erinnert er sich 1999 in einer Rede vor den Schülern in Bonn: "Sie wurden gebaut, um Rechnungen auszudrucken und riesige Datenbanken anzulegen. Sie hatten nichts mit dem Individuum zu tun, mit persönlichen Bedürfnissen der Menschen. Was die Sache dann wirklich verändert hat, war das Wunder des Mikroprozessors, die riesigen Möglichkeiten und Kapazitäten auf einem einzigen Chip." Sein Freund Paul Allan und er hätten diesen Chip gesehen und sich gesagt: "Das ist etwas, was den Computer zu einem persönlichen Instrument für jedermann machen könnte."
An der eigenen Legende stricken
So kann man auch an seiner persönlichen Legende stricken. Tatsache ist: Keine revolutionäre Idee stammt von Bill Gates selbst. Nichts hat seine 1975 gegründete Firma Microsoft als erstes gemacht. Bill Gates hat nur die Fehler der Pioniere vermieden und aus guten Ideen anderer als erster Kapital geschlagen - in dieser Disziplin aber hat er sich allerdings sehr wohl als wahres Genie erwiesen.
Mit seinen Windows-Betriebssystemen, die einem Computer erst das Laufen beibringen, hat er eine weltweite Monopolstellung erreicht, Konkurrenten drückt er erbarmungslos aus dem Markt, selbst die amerikanische Regierung hat sich an seinem Monopol mit juristischen Mitteln die Zähne ausgebissen.
"Teil von etwas Faszinierendem"
"Das ist alles lange her, inzwischen sind die Computer besser und besser geworden. Wir hatten das Privileg, mit einer Reihe von Freunden eine Firma im Weltmaßstab aufzubauen, und wir hatten das Privileg, ein Teil von etwas ganz Faszinierendem zu sein. Dabei stehen wir erst am Anfang der digitalen Revolution", sagt er.
Einen Revolutionär freilich stellt man sich gemeinhin anders vor. Bill Gates wirkt auch heute noch wie der Junge von nebenan, der nervös an seiner Brille nestelt. Die freie Rede ist auch nicht sein Ding. Aber das hat er auch im Grunde nicht mehr nötig. Er lebt mit seiner Frau Melinda in einem - natürlich voll digitalisierten und automatisierten - Haus am Lake Washington in der Nähe von Seattle und betätigt sich als "big spender", als großzügiger Gönner, der verschiedene Stiftungen gegründet hat und Milliarden verteilt - unter anderem für Impfprogramme in der Dritten Welt. Und um diese Stiftung will er sich jetzt voll und ganz kümmern.