1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Wilders Genie-Streiche

Jochen Kürten
3. September 2008

Billy Wilder konnte alles drehen: düstere Kriminalfilme und burleske Komödien, radikale Alkoholikerdramen und Sex-Lustspiele. Der 1906 geborene Wilder lieferte in ganz unterschiedlichen Genres Meisterwerke ab.

Der Mann mit der Zigarre - Billy Wilder (Foto: AP)
Der Mann mit der Zigarre - Billy WilderBild: AP

Er gehört zweifellos zu den berühmtesten Regisseuren der Kinogeschichte. Seine Filme werden auch heute noch oft gezeigt und gerne gesehen, im Fernsehen oder in den Programmkinos. Und das nicht nur aus filmhistorischem Interesse. "Manche mögen's heiß", "Zeugin der Anklage" oder "Boulevard der Dämmerung" bestechen Jahrzehnte nach ihrer Uraufführung noch durch ungewöhnliche Frische. Viele Wilder-Filme sind kaum gealtert. Von den Großen Hollywoods ist wohl nur das Werk Alfred Hitchcocks dermaßen jung geblieben.

Wilders Witz und Humor sind legendär. In vielen Interviews, Büchern und Fernsehdokumentationen kann man sich davon überzeugen. Doch Wilders Filme sind auch von einer tiefen Melancholie durchzogen, seine Filmfiguren sind oft so genannte kleine Leute, die an den großen Träumen scheitern. So liegen Witz und Drama, Zote und Trauer nah beieinander. Einige Wilder-Filme kann man jetzt auf DVD wiederentdecken.

"Frau ohne Gewissen" ("Double Indemnity"), 1944

Tanz zu DrittBild: picture-alliance / KPA Honorar

Regisseur Billy Wilder und Drehbuchautor Raymond Chandler waren keine Freunde, manche sagen sogar, sie hätten sich regelrecht gehasst. Und doch wurde "Frau ohne Gewissen" zum Meisterwerk und Ausgangspunkt eines ganzes Genres: Der "film noir" prägte die kommenden Jahre Hollywoods. Die Story des biederen Versicherungsverkäufers Walter Neff, der sich hemmungslos in eine schöne, aber durchtriebene Blondine verliebt, und in deren Mordkomplott er sich verfängt wie die Fliege im Spinnennetz, ist auch beim wiederholten Ansehen packend. Einer der schwärzesten Filme Hollywoods mit Barbara Stanwyck als perfekte "femme fatale".

"Eine auswärtige Affäre" ("A Foreign Affair"), 1948

Die Stanwyck versteckt sichBild: picture-alliance / akg-images

Wilders Trümmerfilm. Der gebürtige Europäer kehrte drei Jahre nach Kriegsende in das zerstörte Berlin zurück um mit einer anderen Heimkehrerin einen Film über Deutsche und Amerikaner zu machen: Marlene Dietrich. Billy Wilder sagte später: "Was ich für 'A Foreign Affair' zuerst vor Augen hatte, waren die Bilder des total zerstörten Berlins, wie ich es 1945 gesehen hatte und nicht mehr aus dem Kopf bekam." Und so ist Wilders "Auswärtige Affäre" auch heute noch von großem dokumentarischem Wert. Die Handlung um eine deutsche Nachtclubsängerin mit Nazi-Vergangenheit, eine bigotte US-Abgeordnete und einen amerikanischen Besatzungsoffizier wird von den ausgehölten Ruinen Berlins fast in den Schatten gestellt.

"Das verflixte 7. Jahr" ("The Seven Year Itch"), 1955

Was passiert, wenn ein biederer Familienmensch Frau und Kinder in die Ferien schickt und Besuch von seiner neuen Nachbarin bekommt, und die von Marylin Monroe gespielt wird? Wilder zeigt es uns bzw. er zeigt es uns eben nicht. Der Kritiker Claudius Seidl schrieb: "'The Seven Year Itch' ist konsequent im Konjunktiv inszeniert. Es mangelt nicht an Möglichkeiten, Marylin Monroe zu verführen. Aber käme es dazu, dann würde ja die Komödie zum Drama mutieren. Stärker als die meisten Filme mit Marylin Monroe betont 'The Seven Year Itch' das Unwirkliche, Geträumte der Figur: die größte Sexbombe der Filmgeschichte - und gleichzeitig ein Wesen aus Zelluloid."

"Das Appartement" ("The Apartment"), 1960

Noch heute überrascht "Das Appartement", den viele Kritiker und auch Wilder selbst für seinen besten Film halten, mit einem schonungslosen Blick auf das Verhältnis der Geschlechter. Nach der Premiere wurde der Film trotz Oscar-Regens nicht nur positiv aufgenommen. Der Humor komme "aus den Herrentoiletten", schrieb ein erboster Kritiker. Die Geschichte des kleinen Angestellten, der seine New Yorker Wohnung seinen Vorgesetzten für Schäferstündchen zur Verfügung stellt, und sich davon einen Karriereschub verspricht, ist eine rabenschwarze und bitterböse Komödie.

"Küß mich, Dummkopf" ("Kiss Me, Stupid"), 1964

Dean Martin geht ranBild: picture-alliance / KPA Honorar

Geradezu mit Kritik überschüttet wurde Wilders "Kiss Me, Stupid" als er Mitte der 1960er Jahre in die Kinos kam. Als obszön, unmoralisch und zynisch beschimpften ihn im Amerika der 1960er Jahre die Rezensenten und vor allem die Kirche. Dabei sagt der Film viel aus über die Moral der Menschen, an der sich auch 40 Jahre später nichts wesentliches geändert haben dürfte. "Kiss Me, Stupid" ist jedenfalls auch heute noch Wilders bösester Film.

Die beiden frühen Wilder-Filme sind beim Anbieter "Universum" erschienen, die anderen drei sowie Wilders "Avanti, Avanti" von 1972 liegen in den preiswerten Editionen der "Süddeutschen Zeitung Cinemathek" vor.

Den nächsten Abschnitt Top-Thema überspringen

Top-Thema

Den nächsten Abschnitt Weitere Themen überspringen