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Anziehende Bio-Mode

jä/to (epd)12. November 2015

Bio ist in. Längst bieten auch Kaufhäuser Mode aus Bio-Baumwolle an, nicht nur spezielle Ökoläden. Deutsche Unternehmer gehören zu den größten Abnehmern. Doch wie nachhaltig sind die Produkte wirklich?

Ökomode 2010
Bild: picture alliance/dpa

Öko geht auch billig. Das zeigt ein Blick in die Regale der Warenhäuser und Supermarktketten: Gepunktete Leggins im Doppelpack für 12 Euro, Babymützen-Set für 7,95 Euro - nicht aus Synthetik, sondern aus Bio-Baumwolle gefertigt. Den größten Anteil an Bio-Baumwolle kaufen nicht kleine grüne Modedesigner, sondern große Konzerne. Die Düsseldorfer Kaufhaus-Kette C&A liegt sogar weltweit an der Spitze, gefolgt vom schwedischen H&M und dem Hamburger Kaffeehaus-Konzern Tchibo. Das zeigen aktuelle Daten des "Organic Cotton Market Reports" der internationalen Branchen-Organisation Textile Exchange. Der Wachstumsmarkt für Bio-Baumwolle liege allerdings stark unter seinem Potenzial, heißt es in der Studie.

Bio-Baumwoll-Absatz nur marginal

Weniger als ein Prozent der weltweiten Jahresproduktion von etwa 26,8 Millionen Tonnen Baumwolle werde nach Biostandards hergestellt - also ohne Pestizide, Gentechnik und mit sparsamen Bewässerungstechniken. 74 Prozent der Öko-Fasern kommen aus Indien, wo gentechnikfreies Saatgut knapp sei. Außerdem kritisiert die Non-Profit-Organisation Textile Exchange, dass die Textilhersteller viel zu stark auf einige wenige Länder setzten. Sie fordert, die Lieferketten in allen Anbaugebieten auszubauen und Kleinbauern bei der Umstellung zu unterstützen.

C&A: Wenn schon, dann aus Bio-AnbauBild: picture-alliance/Rainer Hackenberg

Andererseits klagten viele Textilfirmen über Lieferprobleme, die es ihnen schwermachten, ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Und diese sind zum Teil hoch: C&A hat angekündigt, bis 2020 nur noch nachhaltig hergestellte Baumwollbekleidung anbieten zu wollen. Zurzeit haben 38 Prozent der Baumwollkleidung im C&A-Vertrieb ein Bio-Siegel. Die Wolle kommt auch hier zu 90 Prozent aus Indien, man unterstütze aber verstärkt Handelswege und Produzenten in Nordafrika und China, erklärt C&A-Sprecher Thorsten Rolfes.


Wie Bio-Mode aussehen soll

Bio läuft gut bei C&A: 135 Millionen Bio-Kleidungsstücke hat der Konzern 2014 verkauft. Ohne, dass die Kunden dafür mehr bezahlen mussten. Und ohne, dass sie einen Unterschied sahen. "Mode darf nicht nach Nachhaltigkeit aussehen", sagt Rolfes. "Dann wird sie nicht gekauft." Also keine übergroßen Schlabberhosen und labbrigen Leibchen? Bei C&A hat die Bio-Kollektion die jeweils angesagten Farben und Schnitte.

Zwar kostet der Rohstoff rund 15 Prozent mehr - zuzüglich der Bio-Zertifizierung. Für den Käufer entstehen jedoch keine Mehrkosten, weil diese vom Anbieter "quersubventioniert" werden. Noch. Denn während konventionelle Ware als Ladenhüter liegen bleibt, ist das Angebot für Bio-Ware bald vergriffen. "Bei Kollektionswechseln müssen wir bei den Bioprodukten weniger Rabatte abschreiben", sagt Rolfes. So funktioniere Bio trotz günstiger Preise auch betriebswirtschaftlich.

China: Reiche Ernte an nachwachsendem Rohstoff BaumwolleBild: AFP/Getty Images

Kritik an Bio-Standards

Für Maik Pflaum, Textilexperte der Christlichen Initiative Romero, sieht Nachhaltigkeit anders aus, zumal Baumwoll-Anbau und Verarbeitung des Rohstoffs von wasserintensiven Prozessen begleitet werden. Zudem garantiere ein Biosiegel längst keine fairen Arbeitsbedingungen. "Bio lässt sich in Deutschland aber viel besser vermarkten als Sozialstandards, dabei machen die Löhne der Rohstoffproduzenten beim Gesamtpreis eines T-Shirts nur etwa ein Prozent aus", so Pflaum.

Das gilt auch für Bio-Rohstoffe in einem Kleidungsstück. "Ob Bio oder nicht, muss beim Endpreis keinen Unterschied machen", sagt Kirsten Brodde von Greenpeace. "Niedrige Preise sind kein Indiz für eine Mogelpackung." Es sei positiv für Umwelt und Hersteller, dass große Unternehmen bessere Rohstoffe auf dem Weltmarkt nachfragen. "Es gibt ja auch keine Knappheit von Baumwolle. Die vielen, oft kleinen, konventionellen Anbauer müssen aber davon überzeugt und dabei unterstützt werden, auf Bio umzustellen", sagt die Greenpeace-Textilexpertin. "Wenn die Großen der Branche mehr nachfragen, verändert sich der Markt - auch wenn sie nicht gleich nur die höchstmöglichen ethischen Standards wählen."

Sehr wasserintensiv: Baumwoll-VerarbeitungBild: Getty Images/Afp/Shah Marai

Tchibo setzt darauf, durch Nachfrage das Angebot zu verändern. Im vergangenen Jahr seien 6.000 Tonnen Bio-Baumwolle in Tchibo-Textilien verarbeitet worden. In diesem Jahr werde der Bio-Anteil bei Baumwollprodukten bei 80 Prozent liegen, sagt Tchibo-Sprecher Arndt Liedtke. Ziel seien 100 Prozent, "so schnell wie möglich". Um drohenden Lieferengpässen vorzubeugen, arbeite man nicht nur mit Produzenten in Indien und der Türkei zusammen, sondern auch mit Bauern in Afrika südlich der Sahara. Darunter seien auch kleinere Landwirte.