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Welche Lebensmittel sind denn nun gesund?

13. April 2023

Lebensmittelverpackungen sind voller Siegel, Tabellen und vieler Versprechungen. Auf welche Angaben ist Verlass und welche sind pures Marketing? Wer sich gesund ernähren möchte, sollte auf ein paar Dinge achten.

Das EU-Bio-Logo, das deutsche staatliche Biosiegel und die Kennzeichnung „Vegan“ sind auf einer Lebensmittelverpackung.
Bio-Siegel mögen ein gutes Gefühl vermitteln, aber wie aussagekräftig sie sind, variiert stark.Bild: Sina Schuldt/dpa/picture alliance

Viele Menschen möchten sich gesund ernähren. So steht es beispielsweise im Ernährungsbericht des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Kein Wunder also, dass Hersteller von Lebensmitteln ihre Produkte mit allerlei Siegeln, ansprechenden Bildern, Hinweisen und Aussagen versehen, die den Kunden möglichst suggerieren, eine gute und gesunde Wahl getroffen zu haben. 

Die Anzahl an übergewichtigen Menschen und ernährungsbedingten Krankheiten wie Diabetes Typ 2 oder Herz-Kreislauferkrankungen nimmt allerdings weltweit zu - vor allem in Industrie- und Schwellenländern. Dort also, wo die Supermarktregale voll sind und keine Wünsche offenlassen.

Sind die Angaben auf den Lebensmittelpackungen also verlässlich oder führen sie auf eine falsche Fährte? "Pauschale Antworten gibt es oft nicht", sagt Daniel Wefers, Professor für Lebensmittelchemie an der Martin-Luther-Universität in Halle-Wittenberg.

Bio ist nicht gleich Bio

Die gute Nachricht ist: Wo Bio draufsteht, ist auch Bio drin. Laut Wefers ist die Frage viel mehr, was bedeutet das? Bio meint nämlich zunächst nur die Erzeugungsform und Herstellungsweise des Produktes.

Bereits hier gibt es enorme Unterschiede, was die Strenge der Kriterien angeht, die sich in Deutschland in den verschiedenen Bio-Siegeln widerspiegeln. Welche Dünge- und Pflanzenschutzmittel zum Einsatz kommen oder wie viel Platz den Tieren zugestanden wird, kann sich je nach Siegel stark unterscheiden.

Öko und Bio hat Konjunktur Bild: Winfried Rothermel/dpa/picture alliance

Biologisch angebaute Lebensmittel werden aber nicht nur schnell mit Nachhaltigkeit und Umweltschutz assoziiert, sondern auch mit einer gesünderen Ernährung. Das lasse sich aber so einfach nicht behaupten, sagt Wefers. 

Ein Beispiel sei Zucker: Der sogenannte Rohrohrzucker, der häufig auf langen Transportwegen importiert werden muss und oft mit der Angabe "Bio" versehen ist, erscheint einigen Verbrauchenden gesünder als handelsüblicher weißer Zucker aus heimischen Zuckerrüben. Chemisch unterscheiden sich die Produkte allerdings kaum, so Daniel Wefers. "Ein Lebensmittel wird nicht per se gesünder, nur weil "Bio" draufsteht." 

Die Macht der Bilder

Auch die auf den Milchkarton gedruckte Kuh auf der grünen Wiese oder die reifen Beeren auf der Verpackung eines Fruchtriegels vermitteln uns, beim Kauf alles richtig gemacht zu haben: Die Kuh hat ein schönes Leben und der Fruchtriegel steckt voller Vitamine.

"Wenn Sie dann aber mal auf die Zutatenliste schauen, sehen Sie, dass im Fruchtriegel vielleicht ein paar Prozent der beworbenen Früchte stecken", sagt Wefers.

Grundsätzlich müssen die Zutaten, die in bunten Bildern auf die Verpackung gedruckt werden, auch in dem Produkt enthalten sein. Zu welchem Anteil sie darin allerdings vorkommen, darüber gibt die hübsche Verkleidung keine Auskunft. 

Die Reihenfolge der Zutaten ist entscheidend

Mehr Informationen darüber, wie gesund der Fruchtriegel oder auch die Schoko-Haselnuss-Creme ist, gibt die Zutatenliste. Entscheidend ist hier zunächst die Reihenfolge der aufgelisteten Zutaten: "Die Zutat die ganz vorne steht, ist am meisten enthalten", sagt Wefers.

Beim Schoko-Aufstrich stehen da nicht etwa Haselnüsse an erster Stelle, sondern Zucker und Fett. Die Nüsse selbst machen nur einen geringen Prozentsatz aus. Steht auf der Zutatenliste "Zucker" ist damit Haushaltszucker, sogenannte Saccharose, gemeint. Doch auch hinter Namen wie Lactose oder Fructose verbirgt sich Zucker - insgesamt versteckt sich Zucker hinter 70 verschiedenen Begriffen. Der Gesamtzuckergehalt eines Lebensmittels ist deshalb nur mit Hilfe der Zutatenliste schwer zu ermitteln.

Welches Essen, und wieviel davon ist gesund?

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Je länger die Zutatenliste ist, desto schwieriger wird es für Laien zu verstehen, was in dem Produkt drinsteckt. Komplizierte Namen für Zusatzstoffe und etliche E-Nummern vermitteln zu dem schnell den Eindruck einen Chemiebaukasten im Kühlschrank zu lagern.

Wefers gibt allerdings Entwarnung: "Solche Zusatzstoffe machen ein Lebensmittel nicht per se schlecht. Auch deshalb, weil die meisten Zusätze nur in vergleichsweise geringen Mengen im Produkt enthalten sind." Die Aufregung um Zusatzstoffe wie Glutamat, kann Wefers nicht ganz nachvollziehen. "Glutamat ist natürlicherweise in vielen Lebensmitteln enthalten, beispielsweise zu etwa einem Prozent in Parmesan." 

Viele Zusatzstoffe seien natürlichen Ursprungs: "Obst und Gemüse haben keine Zutatenliste, aber wenn sie eine hätten, wäre die lang und voller Zusatzstoffe", sagt der Professor für Lebensmittelchemie.

Am Ende sei die Dosierung der Zusätze entscheidend und vor allem, welche Nährstoffe ein Lebensmittel enthält: "Wer nur Fertigpizza und Weißbrot mit Schokocreme isst, ernährt sich natürlich nicht gesund."

Der Nutri-Score hilft nur bedingt

Das deutsche Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft rührt kräftig die Werbetrommel für den sogenannten Nutri-Score oder auch Lebensmittelampel. Andere europäische Länder nutzen diese oder eine ähnliche Ampel ebenfalls.

Die Buchstabenfolge des Nutri-Scores von A bis E soll es Kunden einfacher machen, den Nährwert eines Lebensmittels zu erkennen, ohne die Packung umdrehen und sich mit der komplizierten Zutatenliste und Nährwerttabelle auseinandersetzen zu müssen.

Ein mit A gekennzeichnetes Lebensmittel ist gesünder als ein mit E gekennzeichnetes. Allerdings vergleicht der Nutri-Score nur Lebensmittel innerhalb einer Produktgruppe. Und: Das Label ist freiwillig und fehlt damit auf vielen Produkten.

Mithilfe des Nutri-Scores lassen sich nur Lebensmittel innerhalb einer Produktgruppe vergleichenBild: Markus Mainka/dpa/picture alliance

"Wenn man sich verschiedene Joghurts anschaut, beispielsweise Erdbeerjoghurt, kann es schon hilfreich sein, auf den ersten Blick zu erkennen: der hat bessere Nährwerte als der", sagt Wefers. Das könne außerdem ein Ansporn für die Hersteller sein, ihre Produkte zu verbessern.

Wer aber glaubt, sich etwas Gutes zu tun, wenn ständig die mit A ausgewiesene Tiefkühlpizza im Einkaufswagen landet, irrt. Der Nutri-Score werde manchmal besser verkauft als er eigentlich ist, findet auch Wefers.

Auf die Nährwerttabelle von Lebensmitteln ist Verlass

Egal, wie hübsch die Verpackung mit Bildern und Nutri-Score bedruckt ist und mit wie vielen Hinweisen wie "ohne Zuckerzusatz", "Bio" oder "100 % Direktsaft" sie versehen ist, "die Nährwerttabelle gibt die beste Auskunft über die Makronährstoffe", sagt Daniel Wefers.

Dort ist beispielsweise der Gesamtgehalt des Zuckers in Gramm pro 100 Gramm oder Milliliter angeben. Die Angabe schließt sämtliche im Lebensmittel enthaltenen Zucker mit ein. Also auch Zucker aus Zutaten wie beispielsweise Früchten oder zuckerhaltige Sirupe oder Konzentrate, deren Zuckergehalt aus der Zutatenliste nicht ersichtlich ist. 

Außerdem steht in der Nährwerttabelle die Energie des Produktes, also die Kilokalorien pro 100 Gramm. Zu viele Kalorien werden auf Dauer auf der Waage sichtbar und können in der Folge zu den oben beschriebenen Beschwerden führen.

Auch wenn Daniel Wefers Pauschalaussagen im Fall von Lebensmitteln schwierig findet, sagt er: "Wenn der Ballaststoffanteil eines Lebensmittels hoch ist, ist das erstmal ganz gut." Viele Ballaststoffe sind unter anderem in Lebensmitteln, die ohne Bilder und Zutatenliste auskommen: Gemüse.

 

Julia Vergin Teamleiterin in der Wissenschaftsredaktion mit besonderem Interesse für Psychologie und Gesundheit.
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