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Bischof Oscar Romero: Freiheit aus dem Glauben

2. Januar 2016

Der Glaube an Christus macht frei: was das bedeutet, zeigt Pater Eberhard von Gemmingen SJ im Beitrag der katholischen Kirche an Bischof Óscar Romero, der sich für die Unterdrückten El Salvadors sein Leben gab.

Gedenkmarsch für den ermordeten Erzbischof Oscar Romero
Gedenkmarsch für den ermordeten Erzbischof Oscar RomeroBild: Christliche Initiative Romero

Nach dem Philosophen Hegel geht die Idee der Freiheit ganz wesentlich auf Jesus Christus zurück. Die meisten modernen Menschen werden das nicht glauben, denn sie haben den Eindruck, Religion und Glaube, vor allem in der katholischen Kirche schränkten die Freiheit des Menschen ein. Man muss sich fragen, was man unter Freiheit versteht: Die Möglichkeit, das zu tun, was man im Augenblick für zuträglich und günstig hält. Oder die Souveränität, das zu tun und zu denken, was den eigenen Überzeugungen entspricht.

Ich möchte heute einen Zeugen dieser letzten Sicht von Freiheit vorstellen: den seligen Bischof Óscar Romero. Er ist vor rund 40 Jahren mit äußerstem Mut gegen die Diktatur in El Salvador und für die Menschenrechte eingetreten und wurde dafür im Jahr 1980 ermordet. Er ist einer der modernen Zeugen, die wegen ihres Engagements für den Menschen aus dem Geist Jesu Christi umgebracht wurden. Er bezeugt: Glaube an Jesus Christus macht frei!

Freiheit aus dem Glauben an Jesus Christus
Nochmals: in Mitteleuropa haben viele Menschen das Empfinden, Religion mache fanatisch und intolerant, das Christentum lege Fesseln an. Vor allem, wer katholisch sei, müsse gehorchen, sich unterwerfen. Richtig ist: der frei gewählte Glaube an Jesus Christus bedeutet Bindung: Bindung an den Herrn, an die Bergpredigt, an die Zehn Gebote: Du sollst nicht stehlen, nicht falsch aussagen, nicht die Ehe brechen. Aber wer sich so aus Überzeugung und in Freiheit bindet, wird frei. Je mehr sich einer an Jesus Christus bindet, umso freier wird er, sich für Andere zu engagieren. Er hat keine Angst mehr. Er ist bereit zum Widerstand gegen Diktatur, auch gegen Meinungsdiktatur. Ihm widerstrebt es, Mitläufer zu sein.

Nun zu Bischof Óscar Romero. Als er Bischof der Hauptstadt von El Salvador in Zentralamerika war, herrschten das Militär und einige reiche Familien. Sie unterdrückten die Arbeiter, Bauern und Teile des Klerus. Sie dachten, dass diese von Kommunisten unterwandert sind. Romero stand zwischen den Fronten. Er war sicher kein Kommunist. Er verurteilte auch laut deren Gewalttaten. Aber er schwieg nicht über die Gewalttaten der Herrschenden. Er forderte soziale Gerechtigkeit. So ließ ihn die Herrscherklicke während einer Sonntagspredigt erschießen.

Oscar Romero war Befreiungstheologie
Romero hatte gewusst, dass er sich mit seiner Predigten in Lebensgefahr brachte. Aber er hatte die innere Freiheit, zu seiner Überzeugung zu stehen. Er fand diese Überzeugung aus der Bindung an Jesus Christus. Diese Bindung gab ihm den Mut, dem Tod ins Antlitz zu schauen. Er liebte keineswegs das Sterben, aber er liebte die Armen, die Ausgebeuteten, die Leidenden. Er war kein Politiker. Das zeigte sich darin, dass er jahrelang Sterbenskranke in Kliniken betreute und begleitete. Er hatte die Seele eines Seelsorgers. Aus dieser Haltung heraus musste er in die Politik eingreifen. Durch sein Sterben aus dem Geist des Evangeliums wurde er zum Zeugen Jesu Christi. Christus wurde durch ihn sichtbar. Christus wurde als Befreier erkannt. Romero war Befreiungstheologie im besten Sinne des Wortes. Daher hat ihn Papst Franziskus auch an seinem Todestag, dem 24. Mai 2015 selig gesprochen.

Romero ist ein Fanal. Sein Leben zeigt den Ärmsten in aller Welt, dass Christus zu ihnen steht. Und es zeigt den Menschen in Westeuropa, dass Glauben an Jesus Christus nicht fesselt, sondern befreit: Befreit zur eigenen Überzeugung zu stehen, befreit vom Druck der öffentlichen Meinung. Glaube macht kritisch, kritisch gegenüber der allgemeinen Meinung, gegenüber dem, was in den Medien verbreitet wird, gegenüber dem Mainstream, gegenüber Wirtschaftswerbung. Denn hinter ihr steht oft ein falsches Menschenbild. Ein Problem Mitteleuropas ist heute, dass viele dem Irrtum unterliegen, der größte Wert sei Religionsfreiheit. Der größte Wert aber ist Religion, die richtige Bindung. Denn sie garantiert das, was alle suchen: Freiheit!

Pater Eberhard von Gemmingen SJBild: picture-alliance/ ZB

Zum Autor: Pater Eberhard von Gemmingen SJ ist 1936 in Bad Rappenau geboren. Nachdem er 1957 in den Jesuitenorden eingetreten ist, studierte er 1959 Philosophie in Pullach bei München und Theologie in Innsbruck und Tübingen. 1968 erfolgte seine Priesterweihe. Pater Eberhard von Gemmingen SJ war Mitglied der ökumenischen Laienbewegung action 365, bischöflicher Beauftragter beim ZDF und Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan. Seit 2010 ist er Fundraiser der deutschen Jesuiten.

Redaktionelle Verantwortung: Dr. Silvia Becker, Katholische Hörfunkbeauftragte, und Alfred Herrmann

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