1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Bitcoin verursacht ähnlich viel CO2 wie Hamburg

14. Juni 2019

Wie bitte? Zwar gibt es die Kryptowährung Bitcoin nur virtuell, aber sie verbraucht ziemlich viel Energie. Viele User wissen nicht, wie unglaublich viel Kohlendioxid das Internet durch die Server-Kühlung produziert.

Bitcoins
Bild: picture alliance/NurPhoto/J. Arriens

Es braucht zuweilen diese plastischen Vergleiche, um sich den unglaublichen Energieverbrauch durch unseren Internet-Konsum vorzustellen: Rund 22 Megatonnen Kohlendioxid verursacht der Einsatz von Bitcoins jährlich - das ist ähnlich viel wie die Großstädte Hamburg, Wien oder Las Vegas.

Diese nach eigenen Angaben "bislang detaillierteste Kalkulation des CO2-Fußabdrucks der Kryptowährung" hat ein interdisziplinäres Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM)  erstellt. Es wertete dafür unter anderem Börsenunterlagen von Hardware-Herstellern und IP-Adressen der Bitcoin-"Schürfer" aus. 

Für eine Bitcoin-Überweisung muss eine Rechenaufgabe von einem beliebigen Computer im weltweiten Bitcoin-Netzwerk gelöst werden. Dafür wird er wiederum mit Bitcoin belohnt. Die eingesetzte Rechnerkapazität für dieses sogenannte Bitcoin-Schürfen hat sich alleine 2018 vervierfacht.

"Um die ökologische Bilanz zu verbessern, wäre es beispielsweise möglich, mehr 'Mining-Farmen' mit zusätzlicher Erzeugung von erneuerbarer Energie zu koppeln", meint Christian Stoll, der unter anderem an der Technischen Universität München (TUM) forscht.

Mausklick mit Folgen fürs Klima

Aha, egal, Bitcoin nutze ich nicht! Das macht es auch nicht besser: Eine Suchanfrage bei Google verbraucht etwa 0,3 Watt-Stunden. Was hochgerechnet bedeutet, dass man mit 20 Google-Suchanfragen eine Energiesparlampe eine Stunde lang betreiben kann.

Insgesamt werden schon jetzt durch das Internet mehr als 33 Millionen Tonnen CO2-Emissionen im Jahr erzeugt. Das ist etwa so viel, wie der gesamte Flugverkehr in Deutschland in den Himmel bläst.

Jeder Mausklick lößt eine enorme Rechnerleistung aus.Bild: picture-alliance/Bildagentur-online/Schoening

2018 erzeugten alle Kraftwerke, alle industriellen Eigenanlagen sowie private Betreiber in Deutschland zusammen rund 649 Terawattstunden Strom. Davon flossen rund 55 Terawattstunden in die für das Internet notwendige Netzinfrastruktur.

Oder um es an einer Stadt zu verdeutlichen: In Frankfurt, wo die meisten deutschen Rechenzentren stehen, fließen rund 20 Prozent der städtischen Energie in diese Netzinfrastruktur. Das ist mehr als der Frankfurter Flughafen verbraucht, und der ist immerhin der größte deutsche Verkehrsflughafen beziehungsweise der viertgrößte europäische Flughafen.

Desaströse Ökobilanz

Die Ökobilanz unserer Kommunikations- und Informationssysteme ist also ziemlich miserabel. Ein Umdenken oder smarte Alternativen sind also dringend geboten. Zumal die Digitalisierung ja gerade mal erst Fahrt aufgenommen hat. Zusätzlich haben künftig neue Teilen der Welt beziehungsweise neue Bevölkerungsgruppen erstmal überhaupt Zugang zum Internet.

Kommen dann noch die neuen Mobilfunkstandards hinzu, superschnelle Streaming-Angebote, das Internet der Dinge, Industrie 4.0, die technische Revolution dank künstlicher Intelligenz, autonomes Fahren etc., dann werden die Datenmengen und der dadurch erzeugte Energieverbrauch exponentiell und das heißt: dramatisch zunehmen.

Energie fressende Rechenzentren

Die größten bekannten Rechenzentren der Welt stehen überwiegend in den Vereinigten Staaten. In diesen Serverfarmen sind gleichartige, vernetzte Server-Hosts in einem logischen System miteinander verbunden. Durch die Ausnutzung der Rechenleistung zahlreicher Server beschleunigen sich auch die Computerprozesse. Sie können zentral verwaltet und einfacher angepasst werden. Außerdem schützt die Vernetzung vor Systemausfällen.

Schön kühl: Das Google-Datenzentrum in FinnlandBild: picture-alliance/AP/Google

Allerdings brauchen diese Rechenzentren riesige Kühlanlagen für die Server. Einige Serverfarmen haben sogar eigene Kraftwerke. Das weltweit größte Rechenzentrum, das Lakeside Technology Center, braucht etwa 100 Megawatt elektrischen Strom, für die Kühlung der Server-Räume nutzt der Betreiber einen riesigen Tank mit über 32 Millionen Liter Kühlflüssigkeit.

Die Entdeckung des kühlen Nordens

Angesichts der hohen Kühlkosten verwundert es nicht, dass die Server-Betreiber nach sinnvollen Alternativen suchen. Möglich wäre etwa, die Server künftig mit Wasser statt mit Luft zu kühlen, dann könnte sogar noch die entstehende Abwärme genutzt werden.

Außerdem verlagern die IT-Giganten ihre großen Serverfarmen sukzessive in klimatisch günstiger gelegenen Gegenden in nördlichen Gefilden. Google, Facebook und Apple investieren vor allem in Island und Skandinavien. Da gibt es den nötigen Platz, die nötigen Fachkräfte, eine moderne digitale Infrastruktur, günstigen und zum Teil nachhaltigen Strom aus Wind-, Solar- und Wasserkraft und vor allem ist es dort - auch ohne aufwendige Klimaanlagen – kühler.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen