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Zum Leben zu wenig…

6. Juni 2011

Ghana ist der zweitgrößte Kakaoproduzent der Welt. Vierzig Prozent der Exporterlöse werden mit den braunen Bohnen erzielt. Doch für die Bauern bleibt oft gerade genug zum Überleben. Der faire Handel will das ändern.

Ghanaische Schulkinder in Schuluniform (Foto: DW/von Hein)
Auch die Kinder in Bayerebon profitieren vom fairen HandelBild: DW

Bittersüß ist der Geschmack von Kakao: süß für die Konsumenten im Norden, bitter für die Kakaoproduzenten im Süden. Erzeugt wird das wichtigste Wirtschaftsgut Ghanas überwiegend von Klein-Bauern - die Erlöse sind aber oft zum Leben zu niedrig und zum Sterben zu hoch.

Eine Prämie für die Gemeinschaft

Doch immer mehr Konsumenten interessieren sich für die Herkunft ihrer Produkte und für die Bedingungen, unter denen sie produziert werden. Deshalb ist selbst im Wirtschaftskrisenjahr 2009 der faire Handel in Deutschland gegen den allgemeinen Trend gewachsen: um stolze 26 Prozent. Und dass Schokolade noch besser schmeckt, wenn man sie mit gutem Gewissen auf der Zunge zergehen lässt, haben inzwischen auch große Nahrungsmittelkonzerne verstanden.

Fair gehandelt - das bedeutet: Die Produzenten erhalten nicht nur einen Mindestpreis für ihren Kakao, sondern auch eine Fair-Trade-Prämie, die in Projekte investiert wird, die der Gemeinde zu Gute kommen. So wie in Bayerebon in Ghanas Ashanti-Region. Am Ende des Dorfes fällt das neue Schulgebäude auf: Knapp 500 Schüler lernen hier Lesen, Schreiben und Rechnen. Dass sie von einem Leben als Arzt, Lehrer oder Ingenieur träumen können, verdanken sie auch der Fair-Trade-Prämie. Mit dem Geld hätten sie einen Teil des Gebäudes errichtet und Bücher und Lehrmaterialien angeschafft, erklärt Schuldirektor Boachie Sampson im Schatten eines riesigen Mangobaumes.

Gebaut mit Geld aus der Prämie: ein SchulgebäudeBild: DW

Umweltschutz und gute Arbeitsbedingungen

Die Fair-Trade-Prämie kam durch Kuapa Kokoo nach Bayerebon. Kuapa Kokoo ist die größte Kakao-Kooperative Ghanas; sie hat über 60.000 Mitglieder. In der Zentrale in der Provinzhauptstadt Kumasi erklärt Generaldirektor Immanuel Kwabena Arthur, welche Punkte entscheidend sind, um die begehrte Fair-Trade-Zertifizierung zu erhalten. Die Bauern müssen beispielsweise gewisse Umweltstandards erfüllen: Sie dürfen nur empfohlene Dünge- oder Pflanzenschutzmittel einsetzen.

Village Chief Nana Opoku Gyamfi hofft auf eine Dorfbeleuchtung mit SolarzellenBild: DW

Vor allem aber sorgt Kuapa Kokoo dafür, dass arbeitsrechtliche Standards eingehalten werden. Der Kampf gegen Kinderarbeit liegt Generaldirektor Arthur besonders am Herzen. In Ghanas Nachbarland Cote d'Ivoire ist sie weit verbreitet: Auf den Plantagen des weltgrößten Kakaoproduzenten sollen geschätzte 600.000 Kinder schuften. Rund 12.000 Kinder sollen sogar als Arbeitssklaven aus Burkina Faso und Mali dorthin verschleppt worden sein. Einer BBC-Dokumentation von 2010 zufolge soll es solche Kindersklaven auch in Ghana geben.

Kampf gegen Kinderarbeit

Doch zumindest in Bayerebon drücken die Kinder die Schulbank anstatt auf den Plantagen zu ackern. Schuldirektor Sampson verweist stolz auf eine Einschulungsrate von fast 100 Prozent. Das große Interesse an der Schule habe auch etwas mit der Schulspeisung zu tun, die ebenfalls mit der Fair-Trade-Prämie finanziert wird, vermutet Elias Mohammed. Er lebt nur einen Steinwurf entfernt vom Schulgebäude.

Die Bauern dürfen die Waage jederzeit überprüfenBild: DW

Im Hof seines Hauses steht eine große Waage: Mohammed ist der sogenannte Recorder der lokalen Kooperative. Die rund 100 Mitglieder in Bayerebon bringen ihre Ernte zu Mohammed. Der wiegt die Kakaosäcke, notiert das Ergebnis in seinem Notizbuch und stapelt sie bis zum Abtransport in einem Lagerraum. Ist die Ernte verkauft, wird entsprechend den Notizen errechnet, wer wie viel Geld bekommt. Mohammed trägt damit eine große Verantwortung, aber er genießt das Vertrauen der Mitglieder. Vor 13 Jahren haben sie ihn zum ersten Mal als Recorder gewählt - und seitdem jedes Jahr im Amt bestätigt.

Demokratie und Transparenz

Demokratische Prinzipien und Transparenz gehörten zu den Kernprinzipien von Kuapa Koko, betont Comfort Kummiah in der Zentrale der Kooperative in Kumasi. Alle Funktionäre würden von den Mitgliedern gewählt und die Bauern könnten jederzeit die Waagen überprüfen, um sich vor möglichem Betrug zu schützen. Die pensionierte Lehrerin und Kakaobäuerin ist seit vier Jahren gewählter Vorstand des Treuhandfonds, der die Fair-Trade-Prämien verwaltet. 2009 konnte rund eine Million Dollar verteilt werden.

Comfort Kummiah wurde - wie alle Funktionäre - gewähltBild: DW

Jede der 1400 Dorfkooperativen kann Projekte vorschlagen, die mit der Fair-Trade-Prämie unterstützt werden sollen. Der Treuhandfonds wählt davon 15 Vorhaben aus, die der jährlichen Generalversammlung vorgelegt werden. Rund 3000 Delegierte konferieren dann drei Tage lang in Kumasi. Ja, die Größe der Organisation werde langsam zu einer Herausforderung, seufzt Generaldirektor Arthur - und freut sich dann doch über das kontinuierliche Wachstum der Kooperative.

Autor: Matthias von Hein
Redaktion: Julia Kuckelkorn

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