Blackout: Wie wir uns auf Stromausfälle vorbereiten sollten
30. April 2025
Es gibt viele Spekulationen, aber wenig Klarheit, was zum plötzlichen Blackout in Spanien, Portugal, Andorra und Teilen Frankreichs geführt hat. Laut dem Chef des spanischen Übertragungsnetzbetreibers Red Eléctrica de España könnte die Ursache in der Solarstromerzeugung liegen.
Jedenfalls verschwanden in nur fünf Sekunden plötzlich 15 Gigawatt (GW) Stromerzeugung aus dem Netz, schrieb die spanische Tageszeitung El País, was 60 Prozent des Stroms entsprach, der zu diesem Zeitpunkt in Spanien verbraucht wurde. Fünf Sekunden reichten, damit das System zusammenbrach und für Stunden Chaos herrschte.
Im Gegensatz zu anderen Weltregionen sind solche kompletten Stromausfälle im hochtechnisierten Europa sehr selten. Das führt zu einem trügerischen Sicherheitsgefühl, denn trotz aller Vorsichtsmaßnahmen sind die kritischen Infrastrukturen anfällig für technische Störungen, für die immer häufigeren und intensiveren Naturkatastrophen oder für Sabotage- oder Cyberangriffe. Hinzu kommen die großen Herausforderungen, welche die Energiewende nicht nur für das europäische Stromsystem mit sich bringt.
Anfällige Infrastruktur
Was auch immer letztlich einen Blackout auslöst, längere Stromausfälle stellen eine Bedrohung für unsere energiehungrige Gesellschaft dar, schreibt der Blackout- und Krisenvorsorgeexperte Herbert Saurugg in einem Gastbeitrag für den Focus Online im Januar 2025. "Die allgegenwärtige Abhängigkeit von elektrischer Energie macht uns extrem verwundbar gegenüber den Folgen eines solchen Ereignisses."
Plötzlich bleiben Straßenbahnen und Züge stehen, Fahrstühle stecken fest, Handys und elektrische Geräte funktionieren nicht mehr, Geldautomaten und Geschäftskassen auch nicht, die Heizung fällt aus, es gibt kein Leitungswasser mehr und es wird dunkel. In einigen Krankenhäusern oder öffentlichen Einrichtungen springen Notstromaggregate an, aber: "ohne Stromversorgung käme unser Leben, wie wir es kennen und meist für selbstverständlich halten, plötzlich vollständig zum Erliegen", so Saurugg.
Zumal "mit dem eingeschlagenen Weg 'all electric' in Zukunft noch viel mehr Anwendungen wie die Mobilität oder die Wärmeversorgung von dieser zentralen Infrastrukturversorgung abhängen werden," so Saurugg, der auch Präsident der Gesellschaft für Krisenvorsorge (GfKV) ist.
Risikoanalyse der Bundesregierung zur Energiewende
"Deutschlands Stromnetz gehört zu den sichersten und stabilsten weltweit", heißt es in einer Risikoanalyse der Bundesregierung. Trotz Energiewende, Atomausstieg, zunehmender Elektromobilität oder Wärmepumpen sei die Energieversorgung in Deutschland sehr sicher.
"Großflächige und langanhaltende Stromausfälle hat es in Deutschland nur äußerst selten gegeben. Sie bleiben auch weiterhin sehr unwahrscheinlich. Etwas häufiger, aber immer noch sehr selten kommt es zu kurzen und lokal begrenzten Stromausfällen."
Bei einem "Stresstest" von vier Netzbetreibern im Auftrag des Wirtschaftsministeriums "kam es selbst unter verschärften äußeren Bedingungen im Winter 2022/23 zu keinen längeren und krisenhaften Stromausfällen in Deutschland. Ein solches Szenario gilt als sehr unwahrscheinlich, kann aber generell nie vollständig ausgeschlossen werden".
Gleichzeitig zeigte der Stresstest aber auch, dass es in bestimmten Regionen in Europa eine Energieunterversorgung gab und dass sehr kritische Szenarien für wenige Stunden im Jahr auch in Deutschland auftreten können.
Längerfristige Folgen eines Blackouts
Ein Blackout sei mehr als nur ein großer Stromausfall, wie oft angenommen wird, so Saurugg, der sich seit 2011 vor allem mit möglichen überregionalen Strom-, Infrastruktur- und Versorgungsausfällen beschäftigt. Denn ein großflächiger und länger andauernder Stromausfall führe zu einem schwerwiegenden und länger andauernden Zusammenbruch der Versorgungsketten. Auch die öffentliche Sicherheit sei gefährdet.
Zwar könne die "Stromversorgung wahrscheinlich innerhalb von vielen Stunden oder Tagen wiederhergestellt werden." Dagegen könne "der Ausfall der Telekommunikation durch Schäden und Störungen erheblich länger dauern. Die Wiederaufnahme von Produktion, Logistik und Versorgung erfordert jedoch stabile Strom- und Kommunikationsnetze."
Es könne "bis zu zwei Wochen dauern, bis die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern wieder anläuft, und Monate, bis sich die Lage normalisiert. Die wirkliche Krise beginnt daher erst, wenn der Strom bereits wieder fließt", so Saurugg.
Unzureichende Vorsorge bei Bevölkerung
Besonders problematisch sei laut Saurugg, dass die Gesellschaften in Mitteleuropa auf einen Blackout und seine Folgen nicht ausreichend vorbereitet seien. "Das größte Risiko liegt daher nicht im Stromausfall selbst, sondern in der weitverbreiteten Naivität gegenüber einem solchen Szenario und der mangelnden Eigenvorsorge in der Bevölkerung sowie der generell fehlenden Vorsorge." Die Gefahren würden unterschätzt und als Panikmache abgetan, so der Blackout-Experte.
Nur etwa ein Drittel der Bevölkerung sei laut Umfragen und Studien in der Lage, sich länger als eine Woche selbst versorgen zu können. Selbst Mitarbeiter von Einsatzorganisationen, Behörden und Betreibern kritischer Infrastrukturen sind oft nicht besser vorbereitet als der Durchschnittsbürger.
Seit Jahren raten Behörden wie das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe dazu, für einen möglichen Blackout und Krisensituationen vorzusorgen.
Dazu zählen unter anderem ein ausreichender Wasservorrat, eine Erste-Hilfe-Ausrüstung und ausreichend persönliche Medikamente. Außerdem haltbare Lebensmittel wie Nudeln, Reis und Konserven für mindestens 14 Tage Selbstversorgung sowie Power- oder Müsli-Riegel. Auch Kerzen, Feuerzeuge und Streichhölzer, Taschenlampen mit Ersatzbatterien, Camping-Kocher und Outdoor-Lampen, solarbetriebene Batterieladegeräte oder Powerbanks sowie ein Kurbel- oder batteriebetriebenes Radio und Bargeld sollten für den Krisenfall im Haus sein.
Quellen:
Stromausfall – eine Risikoanalyse
https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/stromausfall-blackout-2129818
Vorsorgen für den Stromausfall
https://www.bbk.bund.de/DE/Warnung-Vorsorge/Tipps-Notsituationen/Stromausfall/stromausfall_node.html
Krisenvorsorgeexperte Herbert Saurugg: Zittern vor dem Blackout: Warum wir auf das Schlimmste nicht vorbereitet sind https://www.focus.de/wissen/zittern-vor-dem-blackout-warum-wir-auf-das-schlimmste-nicht-vorbereitet-sind_id_260623075.html