Zwischen Identität und Identitätssuche: Das iranische Filmfestival "Visions of Iran" in Köln zeigt Filme von jungen Filmemachern. Die meisten sind nach der Revolution geboren.
Bild: Karafilm
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"Visions of Iran": Höhepunkte aus dem Festivalprogramm
Beim iranischen Filmfestival "Visions of Iran" steht der aktuelle iranische Dokumentarfilm im Mittelpunkt. Die Filmemacher präsentieren überraschende Innenansichten aus dem Land am Persischen Golf.
Bild: Mohammadreza Farzad
"Poets of Life" von Shirin Barghnavard
Shirin Parsi ließ sich nach ihrem Literaturstudium in Paris mit ihrem Ehemann in dem Dorf Shanderman am Kaspischen Meer nieder. Dort produzieren die beiden nun Reis aus 100% biologischem Anbau. Shirin ist außerdem Aktivistin in einer lokalen Frauen-NGO. Filmemacherin Shirin Barghnavard begleitet Shirin bei ihrem Streben nach einem sozialen und ökologischen Wandel.
Bild: Karafilm
"The Story of Boulevard" von Davood Ashrafi
In seinem Dokumentarfilm beleuchtet Regisseur Ashrafi auf sehr künstlerische Art und Weise die Geschichte des Boulevard Keshavarz im Herzen Teherans, der eine historische und politische Bedeutung hat. Ashrafi taucht tief in das Leben des Boulevards ein, erzählt von Ereignissen, die sich darauf abspielten und porträtiert ihn als kollektiven Sehnsuchtsort.
Bild: Davood Ashrafi
"Wedding: A Film" von Mohammadreza Farzad
Regisseur Farzad hat sich von seiner Frau getrennt. In seinem persönlich-poetischen Essay spielt er sein eigenes und auch fremde Hochzeitsvideos immer wieder ab und sucht nach Vorzeichen für bevorstehendes Unglück und spätere Scheidung. Farzads Film beginnt persönlich, aber in seinem Verlauf untersucht er das gesamte Konzept der Ehe und ihrer gesellschaftlichen Bedeutung und stellt es infrage.
Bild: Mohammadreza Farzad
"Iran's Arrow" von Shahin Armin und Sohrab Daryabandari
Neben dem Boulevard Kehavarz wird im Festivalprogramm ein weiteres urbanes Phänomen des Iran behandelt: das Kultauto Paykan (deutsch "Pfeil"), das von 1967 bis 2005 gebaut wurde. So zeichnet der Film wie in einer Zeitreise die Kulturgeschichte der Moderne im Iran nach.
Bild: Shahin Armin
"Mother of the Earth" von Mahnaz Afzali
Im Fokus steht: Haydeh Shirazi. Die Iranerin kehrte aus Deutschland in den Iran zurück, um die Zerstörung landwirtschaftlicher Nutzflächen zu verhindern, Müll zu beseitigen und die Umweltverschmutzung zu bekämpfen. Sie erreichte, dass die Stadt Kermanshah jetzt ihren Müll recycelt. Heute setzt sich Shirazi für Recyclingzentren in Iran ein. Die Regisseurin Mahnaz Afzali zeichnet ihren Kampf nach.
Bild: Karafilm
"24 Frames" von Abbas Kiarostami
In diesem Film, der nach seinem Tod fertiggestellt wurde, stellt der Großmeister des iranischen Kinos (u.a. "Der Geschmack der Kirsche") ein letztes Mal sein Können unter Beweis. In 24 Miniaturen animiert Kiarostami alte Fotos und Gemälde. Die meditativen und repetitiven Bilder entwickeln eine große spirituelle Tiefe. Im hohen Alter lotet Kiarostami hier noch einmal die Grenzen des Kinos aus.
Bild: CG Cinema
"Moft Abad" von Pejman Teymourtash
Das Spielfilmdebüt des Dokumentarfilmemachers und Schriftstellers Pejman Teymourtash wurde in Echtzeit fast ausschließlich im Inneren eines Appartements gedreht. Er handelt von einer Wohngemeinschaft mit fünf jungen Männern im Teheraner Stadtteil Moft Abad. Sie schlagen sich mehr schlecht als recht durch. Teymourtash behandelt in seinem Film die Sorgen der städtischen Jugend im Iran.
Bild: Hanif Sururi
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Der Iran ist eine der ältesten Kulturnationen der Welt. Seit der Revolution Ende der 1970er Jahre ist das Land aber auch ein von Religionsführern gelenkter Gottesstaat, der in westlichen, vor allem in US-Medien, immer wieder als "Schurkenstaat" tituliert wird und als Feindbild herhalten muss. Allen politischen Differenzen zum Trotz steigen seit einigen Jahren die Touristenzahlen aus dem Westen in dem Land am Persischen Golf – vor allem Deutsche interessieren sich immer mehr für Geschichte, Kultur und Küche des Iran.
Große Kinotradition
Ein Festival in Köln hat sich seit 2013 dem iranischen Kino verschrieben: das Filmfestival "Visions of Iran". Film spielt im kulturellen Leben des Iran eine entscheidende Rolle, schließlich hat das Land seit knapp 120 Jahren eine große Kinotradition. Immer wieder gewinnen iranische Regisseure wichtige Preise in Cannes oder Berlin. Sie können sich in ihrem eigenen Land zwar nicht völlig frei bewegen und handeln wie sie wollen, aber es gelingt iranischen Filmemachern trotzdem immer wieder, starke und oft sehr persönliche Geschichten zu erzählen – auf eine Art und Weise, die weltweit anschlussfähig ist. "Das Herz des iranischen Kinos", so Festivalleiter Amin Farzanefar gegenüber der DW, "ist der besondere Blick auf gesellschaftliche Verhältnisse."
Zum 5. Mal ist das Festival in Köln zu GastBild: Visions of Iran
Der diesjährige Schwerpunkt von "Visions of Iran" liegt auf dem Dokumentarfilm. Kurator Farzanefar legt dabei Wert auf frische Filme und junge Talente. "Der iranische Dokumentarfilm ist immer dann besonders gut, wenn er direkt über die Protagonisten arbeitet. Wir wollen eine möglichst große Vielfalt an Themen darbieten. Wie sind gesellschaftliche Realitäten im Iran? Wie widersprüchlich sind sie? Wie unterhaltsam sind sie teilweise auch?", so Farzanefar. Auch mit Podiumsdiskussionen und Fragerunden nach den Filmen solle der "wachsenden Neugier", die in Deutschland gegenüber dem Iran bestehe, Genüge getan werden.
Mutige Umweltschützerinnen
Die Dokumentar- und Spielfilme des Festivals gewähren Zugang zu unterschiedlichen Lebens- und Arbeitswelten im Iran und machen das Land so auch für Menschen aus westlichen Ländern zugänglich. Das unabhängige Filmprojekt "Kârestân", als Sonderreihe beim Festival vertreten, porträtiert mutige Unternehmensgründer und -gründerinnen, die sich für Umwelt und Bildung einsetzen und auch unter diesen schwierigen Umständen ein Zeichen setzen wollen.
Mit zwei Filmen und einer Videoinstallation arbeitet die diesjährige Ausgabe des Festivals auch ein trauriges Kapitel des Iran-Irak-Krieges auf: die Geschichte des irakischen Giftgasangriffs auf das kurdische Dorf Halabtsche (Halabcha), bei dem 2000 Menschen starben.
Das iranische Filmfestival "Visions of Iran" findet vom 31. Mai bis zum 3. Juni 2018 im Filmforum NRW in Köln statt.