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Blutige Tradition

Britta Drabinsky7. Mai 2004

In rund 30 Ländern Afrikas gehört die Beschneidung von Mädchen und Frauen zur kulturellen Praxis. Doch nicht nur dort ist Genitalverstümmelung ein Problem. Auch in Deutschland droht afrikanischen Mädchen dieses Ritual.

Aufklärung über Beschneidung in KeniaBild: africa-photo

In Deutschland leben rund 35.000 beschnittene Emigrantinnen aus afrikanischen Ländern. Und rund 6.000 Töchter sind potentielle Verstümmelungsopfer. Bis heute ist die weibliche Beschneidung Brauch in vielen afrikanischen Ländern, aber sie droht auch afrikanischen Mädchen und Frauen, die in anderen Ländern leben - auch in Deutschland. Oft werden die vier bis sieben Jahre alten Mädchen in die Heimat gebracht, um dort von einer der vielen Beschneiderinnen verstümmelt zu werden. Deshalb ist auch in Deutschland die Sensibilisierung für dieses Thema unabdingbar.

Schutz durch Aufklärung

Als junges Mädchen ist Jawahir Cumar aus Somalia beschnitten worden. Heute arbeitet sie für die Organisation "stop mutilation", die vor allem in afrikanischen Ländern Aufklärungsarbeit leistet, um Beschneidungen zu stoppen. In Somalia geht ihre Organisation dafür in Dörfer und Schulen. In Deutschland sprechen die Mitarbeiter mit betroffenen Frauen. "In Afrika gehen wir in die Dörfer und reden mit Vater und Mutter und wir gehen auch in die Schulen und zeigen Plakate und Fotos, wie das aussieht", sagt Jawahir Cumar.

Demonstrationen gegen Genitalverstümmelung in SomaliaBild: dpa

Die Fotos sind schockierend. Bei der Operation werden die weiblichen äußeren Genitalien teilweise oder vollständig entfernt. Die hygienischen Bedingungen bei diesem Eingriff sind oftmals katastrophal. In einfachen afrikanischen Hütten, oder auch im Freien werden meist mehrere Mädchen ohne Narkose beschnitten. Als Werkzeuge dienen Rasierklingen, Messer, Glasscherben, die nacheinander bei allen Mädchen zum Einsatz kommen - ohne vorher desinfiziert oder gewaschen zu werden. Fast die Hälfte der Mädchen stirbt an den Folgen des Eingriffs, an Organverletzungen oder AIDS. Bei den überlebenden Mädchen wird oft der Scheideneingang zugenäht, um in der Hochzeitsnacht wieder geöffnet zu werden.

Falsche Tradition

Christa Müller von 'INTACT' kämpft gegen die Beschneidung von MädchenBild: dpa zb

Christa Müller von "INTACT", einer Internationalen Initiative gegen Beschneidung von Mädchen und Frauen, beschreibt die Hintergründe dieser Tradition. Teilweise seien es religiöse Gründe, die angeführt würden. Es würden aber auch gesundheitliche Gründe genannt; zum Beispiel, dass Frauen, die nicht beschnitten sind, keine Kinder bekommen könnten. "Das Interesse des Mannes spielt aber die größte Rolle. Wenn er heiratet, will er eine Sicherheit haben, dass das Mädchen, das er heiratet, Jungfrau ist. Und die Frauen sollen auch nicht so viel Freude am Sex haben, damit sie in der Ehe nicht fremdgehen."

Die Organisation "Aktion Weißes Friedensband" und ihre Partnerorganisationen wollen darauf aufmerksam machen, dass diese Tradition falsch ist, dass keine Religion weibliche Genitalverstümmelung verlangt. Und dass sie gegen das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit verstößt. In der UN-Menschenrechtsdeklaration wird die weibliche Genitalverstümmelung als Kindesmissbrauch und Verletzung fundamentaler Rechte verurteilt.

Informationen für Ärzte

In Deutschland hat die "Aktion Weißes Friedensband" deswegen eine Ärzteinitiative gestartet, um Fachinformationen zu verbreiten. Denn viele deutsche Ärzte stehen in ihrer täglichen Arbeit den verstümmelten Mädchen und Frauen hilflos gegenüber. Ziel der Initiative soll es deshalb sein, Ärzte über Beschneidung zu informieren, denn nur so können sie den verstümmelten Emigrantinnen in Deutschland helfen.

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