Blutige Unruhen in Kirgisistan
11. Juni 2010Mindestens 45 Menschen wurden getötet, mehr als 630 Menschen verletzt, als sich Jugendliche in der Nacht zum Freitag (11.06.2010) in der südlichen Stadt Osch Straßenschlachten mit den Sicherheitskräften lieferten. Dies teilte das Gesundheitsministerium am Freitag mit. Gesundheitsministerin Jelena Bailinowa sagte am Freitag, viele der Opfer hätten bei den Zusammenstößen Schusswunden erlitten.
Die Übergangsregierung verhängte den Ausnahmezustand über Osch und weitere umliegende Bezirke. Der Ausnahmezustand soll bis zum 20. Juni gelten, teilte die Regierung mit. Übergangspräsidentin Rosa Otunbajewa rief in einer Fernsehansprache am Freitag die Bürger zur Ruhe auf. "Ich möchte besonders an die Frauen von Kirgisistan appellieren", sagte sie. "Liebe Schwestern, findet die richtigen Worte für eure Söhne, Männer und Brüder. In der derzeitigen Lage ist es inakzeptabel, sich Gefühlen von Vergeltung und Wut hinzugeben."
Aufrufe zur Mäßigung
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief die Konfliktparteien zur Zurückhaltung auf. Weitere Todesopfer müssten vermieden werden und bestehende Probleme "friedlich im Dialog" gelöst werden, hieß es in einer Erklärung. Auch die Präsidenten Russlands und Chinas, Dmitri Medwedew und Hu Jintao, mahnten zur Mäßigung und forderten ein rasches Ende der Gewalt. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle sagte: "Es muss alles getan werden, um einer erneuten Eskalation engegenzuwirken."
Regierung entsendet Truppen
Augenzeugen sprachen von lang anhaltendem Gewehrfeuer in der zweitgrößten kirgisischen Stadt Osch. Örtliche Medien berichteten, mit Stöcken bewaffnete Gruppen von jungen Männern griffen Geschäfte an und steckten Autos in Brand. Das Militär fuhr in der Innenstadt mit Panzern auf, um die Lage unter Kontrolle zu bringen. Nach Schätzungen der Polizei waren mehrere tausend Menschen an den gewaltsamen Auseinandersetzungen beteiligt. Anwohner sagten, auch am Freitagmorgen sei in ihrer Stadt noch geschossen worden.
Was die Zusammenstöße auslöste, blieb ungeklärt. Otunbajewa machte Konflikte zwischen einzelnen Interessengruppen für die Eskalation verantwortlich. Doch im Süden des Landes kommt es immer wieder zu ethnischer Gewalt zwischen Kirgisen und Usbeken.
Viele Bakijew-Anhänger in der Region
Die Lage in Kirgisistan ist seit dem Sturz von Präsident Kurmanbek Bakijew im April gespannt. In der Region um Osch gibt es besonders viele Anhänger Bakijews. Mitte Mai hatten seine Anhänger in Osch und Dschalal-Abad blutige Straßenschlachten mit den Sicherheitskräften geliefert. Bakijew hat inzwischen Asyl in Weißrussland gefunden.
Autorin: Naima El Moussaoui (apn, dpa, afp, rtr)
Redaktion: Oliver Samson/Reinhard Kleber