BMW baut Werk in Brasilien
26. Oktober 2012 Rund 60 Jahre nachdem Volkswagen seine Produktion in Brasilien aufnahm, wollen nun auch BMW und Audi in Lateinamerika Autos bauen. BMW will für rund 200 Millionen Euro ein Werk in Südbrasilien errichten. Die Rahmenbedingungen sind weitgehend geklärt. "Wir warten noch auf die finale Bestätigung der brasilianischen Regierung", teilte BMW-Sprecher Markus Sagemann mit.
Wenn alles glatt geht, soll 2014 das erste von jährlich 30.000 Fahrzeugen vom Band rollen. "Als erstes Modell wurde der X1 angekündigt", verriet Paulo Bornhausen, Staatssekretär für nachhaltige Entwicklung des Bundesstaates Santa Catarina, der DW.
BMW bekommt Zuschuss
Bornhausen zeigte sich auch auskunftsfreudiger, was den Investitionsplan der Ansiedlung betrifft: "Rund 76 Millionen Euro wird das Unternehmen von der Entwicklungsbank des Staates Santa Catarina BADESC für den Erwerb des Grundstücks und die grundlegende Infrastruktur erhalten." Steuererleichterungen soll BMW dafür nicht enthalten. Im Gegenteil: Die Abgaben sollen innerhalb von acht Jahren die Investition des Bundesstaates kompensieren. Andernfalls müsse BMW das Geld erstatten, erläutert der Staatssekretär.
Zudem hofft der wohlhabende Bundesstaat tief im Süden des Landes auf eine Belebung der Logistikbranche. Man habe mit BMW vereinbart, künftig fertige Fahrzeuge nicht mehr über den Bundesstaat São Paulo, sondern über die Häfen von Santa Catarina zu importieren, freut sich Bornhausen: "Ich würde sagen, das ist eine klare Win-Win-Situation."
Hoffnungsmarkt mit Fragezeichen
"Brasilien ist das Land der Zukunft." So lautet ein jahrzehntealter Spruch in Brasilien. Inzwischen fragen sich einige Landsleute, wann diese Zukunft wohl anbrechen wird. Mit seinen 200 Millionen Einwohnern erwirtschaftete Brasilien 2011 zwar ein Bruttoinlandsprodukt von 2,5 Billionen US-Dollar - das sechstgrößte der Welt. Doch zuletzt kühlte sich das Wachstum deutlich ab.
Zudem erhöhte die Regierung im September 2011 die Importsteuer um 30 Prozent. In den folgenden zwölf Monaten legte der nationale Automarkt um fast ein Drittel zu. Gleichzeitig brachen die Kfz-Importe um 40 Prozent ein. Vor diesem Hintergrund warnt der deutsche Verband der Automobilindustrie (VDA) vor allzu großer Euphorie.
Für den Branchen-Experten Ferdinand Dudenhöffer ist Brasilien kein Hoffnungsmarkt für Autobauer. "Brasilien ist äußerst zyklisch und eine Volkswirtschaft, die immer Jojo-Effekte gehabt hat. Ich würde Indien langfristig viel wichtiger einschätzen, auch andere asiatische Länder, die sich erst noch entwickeln."
Entscheidung für Brasilien
Dudenhöffer stellt die Entscheidung von BMW rundheraus infrage. Er glaubt, dass hohe Einfuhrzölle der Hauptgrund für die anstehende Investition sind: "Ohne den Protektionismus der Brasilianer hätte BMW dort kein Werk gebaut. Den Markt hätten sie ideal von den USA aus beliefern können." Denn dort produziert der bayerische Konzern seit 1994 Autos. Dieser Schluss liege auch deshalb nahe, weil BMW in Brasilien lediglich komplette Bausätze montieren wird. "Das zeigt: Sie gehen dorthin, weil sie müssen", so der Experte. Und auch BMW-Sprecher Markus Sagemann räumt ein: "Wir haben dieses Jahr fast 50 Prozent Absatz eingebüßt. Natürlich hoffen wir, unseren Absatz mit der Ansiedlung wieder zu steigern." Wenn es stimmt, was die Regierung von Santa Catarina auf ihrer Internetseite schreibt, keine absurde Hoffnung: Dort ist davon die Rede, dass BMW-Fahrzeuge um 15-40 Prozent günstiger werden könnten.
"Audi intelligenter als BMW"
Schlüssiger als die Entscheidung der Münchner erscheint Dudenhöffer die Strategie des Ingolstädter Konkurrenten: Mitte 2013 will Audi den Grundstein für sein erstes Werk auf dem amerikanischen Kontinent legen - in der mexikanischen Kleinstadt San José Chiapa. Eine "sehr intelligente" Standortwahl sei das, meint Dudenhöffer: "Von dort aus können sie die USA und Brasilien ohne Handelszölle beliefern."
BMW-Sprecher Sagemann begründet die Standortwahl Brasilien: "Wir hatten eigentlich schon vor Erhöhung der Importsteuer solche Überlegungen, weil wir Brasilien als vielversprechenden Markt sehen." Dafür spricht, dass die Verhandlungen 15 Monate gedauert, also vor der Erhöhung der Auto-Zölle, begonnen haben sollen.
Mexiko sei für BMW schon deshalb nicht infrage gekommen, da sich die Münchner mit ihrem Werk in den USA selbst im Weg stehen würden, meint Dudenhöffer. "Wenn BMW noch einmal von vorne beginnen würde, würde man dort sicher auch die Audi-Entscheidung treffen", mutmaßt der Automobilmarkt-Experte.