Als erster deutscher Autobauer übernimmt BMW in China eine Mehrheit von 75 Prozent an seinem lokalen Joint Venture. Die Münchner bauen außerdem ein neues Werk - und setzen verstärkt auf Elektroautos.
Anzeige
BMW übernimmt Mehrheit an Joint Venture in China
01:34
BMW investiert insgesamt mehr als 6,6 Milliarden Euro in China. Der Münchner Autokonzern übernimmt allein für 3,6 Milliarden Euro die Mehrheit von 75 Prozent an seinem Gemeinschaftsunternehmen mit dem lokalen Partner Brilliance. Die Vereinbarung unterzeichneten beide Seiten am Donnerstag in der nordostchinesischen Stadt Shenyang. In den nächsten drei Jahren sollen ferner mehr als drei Milliarden Euro in den Ausbau der Produktion auf dem weltweit größten Automarkt fließen. Mit einem neuen Werk wird die Kapazität am Standort Tiexi verdoppelt. Bei der Feier zum 15-jährigen Bestehen des Joint Ventures in Shenyang (Provinz Liaoning) wurde der Vertrag zugleich vorzeitig um 22 Jahre bis 2040 verlängert.
Die Übernahme der Mehrheit muss von den Behörden und den Brilliance-Aktionären noch gebilligt werden. Allerdings hatte die chinesische Regierung schon frühzeitig signalisiert, dass sie den Ausbau der Anteile von BMW an dem Gemeinschaftsunternehmen begrüßt. Die BMW-Aktie verlor am Mittag in einem schwachen Markt knapp 1,7 Prozent, lag damit aber noch besser als die Rivalen Daimler und Volkswagen sowie die europäische Autobranche. Bisher hat noch kein deutscher Autobauer in der Volksrepublik einen derart großen Anteil an seinem lokalen Joint Venture. Bis zum Frühjahr hatte auch noch eine Begrenzung von 50 Prozent gegolten. "Wir setzen unsere Wachstumsstrategie für China konsequent um", sagte BMW-Chef Harald Krüger. "Mit kontinuierlichen Investitionen sowie der Entwicklung und Produktion elektrischer Fahrzeuge unterstreichen wir Chinas Bedeutung als dynamischen Wachstumsmarkt für uns."
650.000 Autos pro Jahr ab 2020
BMW baut seit 2003 zusammen mit Brilliance in Shenyang Autos. Bisher hielten die Münchner 50 Prozent und Brilliance 40,5 Prozent. Die restlichen 9,5 Prozent liegen bei der Stadt Shenyang. Der bayerische Autobauer hat 2017 in China rund 560 000 Fahrzeuge ausgeliefert. Der Absatz stieg in den ersten acht Monaten dieses Jahres um 4,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Im vergangenen Jahr rollten in den beiden Werken in Tiexi und dem benachbarten Dadong rund 400 000 Autos vom Band - ein Plus von rund 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Gesamtkapazität in China soll ab Anfang der 2020er Jahre auf 650 000 Autos pro Jahr gesteigert werden. Mit dem Ausbau der Produktion wird auch die Abhängigkeit von den USA verringert. Aus dem BMW-Werk im Bundesstaat South Carolina wurden im vergangenen Jahr 81 000 Wagen nach China geliefert. Durch den Handelskrieg zwischen den USA und China sind die Einfuhrzölle auf Autoimporte aus den Vereinigten Staaten aber auf 40 Prozent gestiegen, so dass BMW die Preise in China erhöhen musste.
Das neue Werk wird auf dem bestehenden Werksgelände in Tiexi geplant, während der Standort Dadong um- und ausgebaut wird. Gegenwärtig baut BMW in China sechs Modelle. Der Konzern richtet sich künftig auch verstärkt auf die steigende Nachfrage nach E-Autos dort ein. Sechs Modelle werden heute schon elektrifiziert angeboten. In Dadong kommt ab 2020 der vollelektrische iX3 hinzu. Er wird nur in China gebaut und soll auch exportiert werden. Die Regierung in Peking treibt massiv den Ausbau der Elektromobilität voran. Besonderer Kaufanreiz ist die bevorzugte Zulassung von E-Autos in großen Städten. Nummernschilder für Benziner werden derweil verlost oder müssen teuer ersteigert werden. Die Käufer müssen oft jahrelang warten, während Elektrofahrzeuge eher zugelassen werden.
Auch gibt es in Städten wie Peking ein Fahrverbot jeweils an einem Tag der Woche, das für E-Autos nicht gilt. Mit dem neuen Werk, dem bestehenden Motorenwerk und der seit einem Jahr laufenden Batteriefertigung in China kann sich BMW besser auf die elektrische Autozukunft einstellen. In Tiexi sollen vollelektrische, teilelektrische und konventionelle Antriebe in der neuen Fertigung auf einer einzigen Produktionslinie entstehen. "Mit unserem hochflexiblen Produktionssystem können wir schnell auf die Marktnachfrage reagieren und wären in der Lage, bis zu 100 Prozent elektrische Fahrzeuge zu produzieren", sagte Vorstand Oliver Zipse.
Große Elektroauto-Pläne von Daimler, VW und Co.
Auch wenn Deutschland bislang DIE Autonation war - wenn es um Elektrofahrzeuge geht, wird der Markt von Tesla, Renault, Nissan, General Motors und chinesischen Herstellern dominiert. Aber die Deutschen wollen aufholen.
Bild: picture-alliance/dpa/D. Jia
Daimlers elektrische Zukunft heißt EQC
Das erste gute Stück der künftigen Produktfamilie von reinen Elektroautos bei Daimler wurde jetzt in Stockholm vorgestellt. Der erste Aufschlag des Stuttgarter Autobauers ist der EQC, eine elektrische SUV-Variante. Ihm sollen in den kommenden Jahren weitere folgen: vom Kompaktwagen bis zum Luxusauto. Dafür wurden Milliarden investiert.
Bild: picture-alliance/dpa/Daimler AG/Product Communication
Ein E-Bus von Daimler
Als erstes reines Elektroauto brachte der Stuttgarter Autobauer Ende 2014 ein B-Klasse-Modell auf den Markt. Es wird inzwischen nicht mehr produziert. Der erste komplett batteriebetriebene Stadtbus von Mercedes-Benz, der eCitaro (Bild), soll Ende des Jahres im Werk in Mannheim in Serie gehen.
Bild: Daimler AG
Klein, aber elektrisch
Konsequent treibt Daimler seine Smart-Sparte in Richtung Elektromobilität. Ab 2020 sollen in Deutschland und Westeuropa ausschließlich E-Autos der Marke verkauft werden. Die anderen Märkte sollen schnell darauf folgen. In den USA, Kanada und Norwegen werden seit 2017 nur noch e-Smarts angeboten. Hintergrund: Weil der Smart so wenig wiegt, belastet er als Verbrenner die CO2-Bilanz des Konzerns.
Bild: picture-alliance/dpa/Sebastian Kahnert
Daimler dicht auf den Fersen
Fünf Tage nach der Daimler-Präsentation, stellt Erzrivale BMW seinen iNext vor. Weil wir keine Autozeitung sind, haben wir bislang nur diese kleine Bleistift-Skizze. Der iNext soll eine Reichweite von 700 Kilometern haben und autonom fahren. Aber erst ab 2021.
Bild: BMW
BMW hat klein angefangen
Die Bayern hatten zumindest den Mut, schon frühzeitig eine eigene E-Auto-Modellreihe zu kreieren. Seit Herbst 2013 wird der i3 (Bild) produziert, ein Jahr später ging der i8 an den Start. Aber dabei bleibt es nicht. 2020 soll ein batterieelektrisches Auto, ein SAV (Sports Activity Vehicle), auf den Markt kommen. Ebenfalls geplant sind Versionen des i8 als Coupé und Roadster.
Bild: picture-alliance/dpa/J. Woitas
Volkswagen fährt bereits elektrisch
Der große Konkurrent Volkswagen hat den E-Golf und den E-Up als reine Elektrofahrzeuge im Angebot - den Kleinwagen E-Up seit Ende 2013, den E-Golf seit Anfang 2014. Unter den rein elektrischen Pkw ist der E-Golf das meistverkaufte Elektroauto in Deutschland. Und die Zukunft?
Bild: Getty Images/J. Schlueter
Die elektrische VW-Familie
Derzeit baut Volkswagen sein Werk in Zwickau (Sachsen) komplett um, dort soll ab dem kommenden Jahr die sogenannte I.D.-Familie produziert werden, eine eigenständige Elektro-Plattform. Neben einem Golf-ähnlichen Gefährt soll auch der Bully auferstehen, der dann aber I.D. Buzz heißen soll.
Bild: picture-alliance/dpa/U. Deck
Auch Audi macht Daimler und BMW Elektro-Konkurrenz
Nur Tage nach Daimler und BMW zeigt Audi am 17. September seinen elektrischen Premiumwagen: ein SUV. Der e-tron (im Bild die Konzeptstudie) ist Audis erstes reines Elektrofahrzeug. Bis 2020 sollen ein elektrisches SUV-Coupé, ein Sportwagen und ein Kompaktauto folgen. Ab 2025 will Audi dann jährlich mindestens 800.000 Elektroautos und Plug-in-Hybride verkaufen.
Bild: picture-alliance/Imaginechina/B. Kelin
Der Inbegriff des deutschen Sportwagens - bald elektrisch
Auch Porsche steckt derzeit Milliarden in Elektromobilität. Der erste rein elektrische Porsche ist 2020 zu erwarten. Sein Name: Taycan. Das kommt aus dem Türkischen. Tay heißt Fohlen und Can steht für Leben oder Seele. Porsche übersetzt es frei in "lebhaftes, junges Pferd" - passend zum Logo des Autobauers.
Bild: 2018 Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
Opel will Zwischenlösung bald beenden
Opel-Fans können seit 2012 elektrisch fahren: mit dem Ampera. Er ist aber nur eine Zwischenlösung, weil er auf einem General Motors-Modell basiert. Opel muss den Wagen importieren, für die EU umrüsten und hohe Lizenzgebühren an GM zahlen. Daher setzt der neue Opel-Eigner PSA künftig auf selbst entwickelte Stromer. Für 2020 ist ein Corsa mit Elektro-Antrieb geplant und bis 2022 vier e-Modellreihen.
Bild: Opel AG
Start-Ups tummeln sich auf dem Markt für Elektroautos
Nicht nur alteingesessene Autobauer mischen bei der Elektromobilität mit. Erst 2015 wurde in Aachen die e.GO Mobile AG gegründet. Im März 2017 präsentierte das junge Unternehmen sein erstes Serienmodell e.GO Life. Es soll ab Ende 2018 ausgeliefert werden - ab 15.000 Euro. Das Start-up-Unternehmen ist eine Ausgründung der RWTH Aachen.
Bild: picture-alliance/dpa/e.GO Mobile AG
Deutsche Post baut sich E-Transporter selbst
Weil die etablierten Hersteller nicht in der Lage waren, elektrische Transporter in großer Stückzahl zu liefern, ergriff die Deutsche Post selbst die Initiative. 2014 übernahm sie den Hersteller StreetScooter und entwickelte den gleichnamigen Elektrotransporter für den Eigenbedarf. Über 6000 davon kurven mittlerweile für die Post durch die Republik.
Bild: Deutsche Post AG
Große deutsche Pläne nicht erfüllt
Gut 17.200 Elektrofahrzeuge wurden im ersten Halbjahr 2018 in Deutschland neu zugelassen, dazu noch knapp 16.700 Hybrid-Autos. Das macht ein Plus von 51 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und einen Marktanteil von 1,8 Prozent. Im Vergleich zu China oder Norwegen ist das wenig. Und das ursprüngliche Ziel, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen zu erreichen: in weiter Ferne!
Bild: picture-alliance/dpa/H.Hanschke
Marktdurchbruch in Deutschland wird kommen
Während in China E-Autos schon wesentlich mehr verbreitet sind, rechnen Experten für Deutschland erst ab 2020 mit einer deutlichen Steigerung der Marktdynamik. Ein Grund sind die schärferen CO2-Grenzwerte der EU, die die Autobauer dann einhalten müssen.