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Politik

Vom Popstar zum Präsidentschaftskandidaten

Martina Schwikowski
12. Januar 2021

Uganda wählt am Donnerstag einen neuen Präsidenten. Der populäre Musiker Bobi Wine ist Oppositionskandidat. Er fordert Langzeitherrscher Yoweri Museveni heraus und will das Land vereinen.

Uganda Oppositionsführer und Rapper Bobi Wine
Bild: Luke Dray/Cover Images/picture alliance

Er ist bei Jugendlichen beliebt, als Musiker populär und für die Regierung Ugandas ein unliebsamer Störenfried: Bobi Wine gilt als prominentester Kritiker des amtierenden Präsidenten Yoweri Museveni. Der 38-Jährige fordert den fast 40 Jahre älteren Langzeitherrscher bei der Präsidentenwahl am 14. Januar heraus.

Anfang Januar brachte Bobi Wine ein neues Lied heraus: "Tulonde" ist ein Aufruf an seine Anhänger, zur Wahl zu gehen. "Dies ist die Chance, ein neues Uganda herbeizuführen", singt er dort. "Kommt zahlreich und sichert eure Stimmen. Wir schreiben Geschichte." Er singt gegen die Angst, gegen die massive Einschüchterung durch die Staatsgewalt. Wahlkampfauftritte wurden untersagt, sein Wahlkampfteam gleich mehrfach verhaftet. Noch am Dienstag berichtet er, sein Haus sei morgens von Sicherheitskräften durchsucht, seine Angestellten verprügelt worden. Am gleichen Tag lässt die Regierung Social-Media-Dienste abschalten.

Bobi Wine wurde durch seine Alben und Singles berühmt und wurde vor 15 Jahren zu einem der größten Popstars Ostafrikas - unter anderem ausgezeichnet mit einem MTV Music Award. Doch seit Juli 2017 ist er Abgeordneter der Opposition im ugandischen Parlament. Am 3. November dann der Paukenschlag: Bobi Wine, der mit bürgerlichem Namen Robert Kyagulanyi heißt, wurde von der Oppositionspartei National Unity Platform (NUP) zum Präsidentschaftskandidat gekürt.

Pop-Star Bobi Wine bei einem seiner Konzertauftritte.Bild: YouTube/Ugandan Music Videos

Eine schwierige Phase im Kampf um die Befreiung des Landes von fast vier Jahrzehnten Diktatur habe begonnen, sagte Wine in seiner Nominierungsrede: "Heute schließen wir das Beschwerdebuch und nehmen das Heft des Handelns in die Hand."

Der "Ghetto-Präsident" will an die Macht

Der Popstar scheint mit seiner Ankündigung, Musevenis Herrschaft zu beenden, eine ernsthafte Bedrohung für Ugandas Machtapparat zu sein: Direkt nach seiner Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten der Opposition wurde Wine für mehrere Stunden in Gewahrsam genommen und nach eigenen Angaben von der Polizei misshandelt.

Im Dezember war ein Begleiter Wines bei Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Oppositionsanhängern mit Gummimunition schwer verletzt worden. Im November wurden nach Regierungsangaben bei dem Wahlkampf Dutzende Menschen getötet.

Knapp drei Wochen vor der Präsidentenwahl in Uganda warf der Tod eines Bodyguards von Herausforderer Bobi Wine ein Schlaglicht auf die Gewalt rund um das Votum. Wine sagt, sein Leibwächter sei absichtlich von einem Fahrzeug der Militärpolizei überfahren worden. Das Militär wies die Darstellung zurück.

Ugandas Präsident Yoweri Museveni und sein Gegenkandidat Bobi Wine.

Der Popstar, der sich selbst wegen seiner Herkunft "Ghetto-Präsident" nennt, kämpft seit Jahren für seine Vision: ein demokratisches Uganda. Er hat die feste Absicht, die Geschicke des Landes als Präsident zu lenken: "Ich möchte in einem freien Uganda leben. Wir Menschen wollen fühlen, dass wir unserem Land etwas bedeuten."

Für dieses Ideal war dem charismatischen Sänger kein Hindernis zu groß: Folter, Misshandlung und eine Anklage des Hochverrats seitens der Regierung haben ihn nicht abschrecken können. "Ich weiß, dass ich als Präsident geeignet bin", hält Wine im August in einem DW-Interview an seinen Absichten fest. "Ich bin gut ausgebildet, belesen und viel in der Welt herumgekommen. Aber das Wichtigste ist, dass ich im Vergleich zu dem Präsidenten, der seit 34 Jahren das Land regiert, gebildeter bin. Er ist weniger glaubwürdig als ich", fügte Wine selbstbewusst hinzu.

Wines Ziel: Ein vereintes Uganda

Für seine Politik hat Wine fünf Ziele formuliert: Er will die Rechtsordnung herstellen und fordert Respekt für Menschenrechte, verspricht, Gesundheitswesen, Bildungssystem und Landwirtschaft zu verbessern. Der Landbesitz soll wieder in die Hände des Volkes kommen. Außerdem möchte er die Spaltung der Gesellschaft überwinden und Uganda wieder ein positives Image geben.

Bobi Wine in Handschellen auf dem Weg ins Gefängnis 2019. Bild: Getty Images/AFP/N. Bamulanzeki

Um seine Ziele zu erreichen, würden beide Seiten seiner Persönlichkeit zum Tragen kommen: der Popstar Bobi Wine und der Bürger Ugandas, Robert Kyagulanyi: "Die beiden Charaktere haben unterschiedliche Rollen inne. Als Kyagulanyi gehe ich in das Parlament und trage Angelegenheiten vor. Als Bobi Wine, der Musiker, nutze ich das Mikrofon, um meine Botschaften so weit wie möglich auszusenden. Ich denke, beide ergänzen sich gegenseitig."

"Wir können unser Schicksal selbst entscheiden"

Wine, der in einem Armenviertel in der Hauptstadt Kampala aufwuchs, ist in dem ostafrikanischen Land ein Idol. Er spricht die Frustrationen junger Ugander an.

Der seit 1986 regierende Museveni galt zwar lange als Hoffnungsträger, die junge Generation kritisiert heute aber die Korruption und ineffektive Regierungsführung und fordert Veränderungen - mithilfe einer friedlichen Revolution: "Die 'People-Power'-Revolution ist eine Initiative, die in erster Linie alle Kräfte vereinen will, die Uganda verändern möchten. Es ist auch die Überzeugung von der Souveränität des Volkes, so wie es auch die Verfassung vorsieht: Die Macht gehört dem Volk. Im Grunde erinnern wir die Menschen an ihre Macht und an ihre Rechte, aber vor allem an ihre Fähigkeiten, ihre Macht zu nutzen", sagte Wine der Deutschen Welle.

Sein Schlüsselmoment, in die Politik zu gehen, war der Ausgang der Wahl vor vier Jahren, die Yoweri Museveni offiziell haushoch aber offenbar mit unlauteren Mitteln gewann. Als er sah, dass es keinen friedlichen Machtwechsel Wahlen gibt, sagt Bobi Wine rückblickend, habe er beschlossen, vor allem der jungen Generation wieder Hoffnung zu geben, "dass wir unser Schicksal selbst entscheiden können."

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