Bodycam-Bilder auf Amazon-Servern gespeichert
2. März 2019Für die Speicherung von Daten, die die Bundespolizei mit den Körperkameras erhebt, wird eine Cloud-Lösung von Amazon Web Services genutzt. Das schreibt das Bundesinnenministerium in einer Antwort auf eine schriftliche Frage des FDP-Bundestagsabgeordneten Benjamin Strasser, die der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vorliegt.
Zur Begründung habe das Bundespolizeipräsidium auf Anfrage mitgeteilt, derzeit stehe "noch keine staatliche Infrastruktur zur Verfügung, welche die Anforderungen erfüllt". Der US-Anbieter sei gegenwärtig der einzige, der in Deutschland eine entsprechende vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifizierte Cloud-Lösung zur Verfügung stelle. Das Ministerium verweist demnach darauf, dass „die deutschen Datenschutzstandards eingehalten" würden: "Die Daten werden verschlüsselt und ausschließlich auf Servern in Deutschland gespeichert". Dies erfolge in Frankfurt am Main.
FDP sieht "Sicherheitsrisiko"
Der FDP-Abgeordnete sprach angesichts dieser Praxis gegenüber der Nachrichtenagentur AFP von einem "potenziellen Sicherheitsrisiko". Bei der Speicherung der Daten auf Servern von Amazon bleibe im Unklaren, ob die US-Sicherheitsbehörden auf diese zugreifen können, erläuterte Strasser. Die Bundesregierung sei daher gefordert, die volle Kontrolle über solch sensible Daten sicherzustellen. "Dafür brauchen wir Speicherkapazitäten bei den Behörden in Deutschland. Union und SPD sind in der Pflicht, dies schnellstmöglich sicherzustellen."
Bodycams sollen Angriffe auf Beamte dokumentieren, aber bei Straftaten auch als Beweismittel eingesetzt werden. Die Aufnahmen können etwa belegen, dass Beamte rechtmäßig gehandelt haben. Dabei werden auch Bürger gefilmt, während die Beamten mit ihnen zu tun haben. In mehreren Bundesländern sind Körperkameras schon seit längerem im Testeinsatz. Im Februar hatte der Personalrat ihre Verwendung auch für die Bundespolizei freigegeben. Nach einem Plan des Bundesinnenministeriums sollen bis Jahresende 2300 Bodycams schrittweise bei der gesamten Bundespolizei eingeführt werden. Genutzt werden Geräte des Typs Motorola Si500.
Neben Strasser äußerte auch der stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Konstantin von Notz Bedenken in Bezug auf den Datenschutz. Amazon sei in der Kritik, weil das Unternehmen auch Gesichtserkennungs-Software an US-Polizeibehörden verkaufe, die bei Aufnahmen von Bodycams genutzt würden, sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Dass ausgerechnet dieses Unternehmen jetzt die Bodycam-Aufnahmen für die Bundespolizei verwalten soll, hinterlässt mehr als ein ungutes Gefühl." Die Entscheidung für Amazon stehe „im klaren Widerspruch zu Bemühungen der Bundesregierung für mehr digitale Souveränität Deutschlands."
Kelber will Vorratsdatenspeicherung abschaffen
Derweil beklagte der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber eine "Datensammelwut" staatlicher Institutionen. "Es vergeht kein Tag, an dem nicht jemand die Öffnung existierender Daten für weitere Zwecke oder die Verknüpfung bisher getrennter Daten fordert", sagte der langjährige SPD-Bundestagsabgeordnete dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Andere Daten werden teilweise jahrzehntelang nicht gelöscht." Als Beispiel nannte Kelber die Vorratsdatenspeicherung. "Gerade bei den Sicherheitsbehörden müssen wir immer wieder darauf hinwirken, dass die Tendenz, möglichst viele Daten weitgehend verfügbar zu haben, nicht die Vorgaben des Datenschutzrechts sprengt."
In diesem Zusammenhang fordert Kelber, die Einführung der Vorratsdatenspeicherung endgültig zu stoppen. Es gebe klare gerichtliche Entscheidungen: "Die anlasslose Erhebung und Speicherung von Daten ist nicht mit den Grundrechten vereinbar", sagte Kelber dem "Handelsblatt".
Derzeit ist die Rechtslage in Deutschland unklar. Nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster, das die Regelung für unvereinbar mit europäischen Vorgaben erklärte, setzte die Bundesnetzagentur die Regelungen 2017 aus. Anbieter müssen aktuell keine Verkehrs- und Standortdaten von Kunden speichern.
Das strittige Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung war Ende 2015 in Kraft getreten. Es sieht vor, dass Unternehmen Telefon- und Internetverbindungsdaten ihrer Kunden zehn Wochen lang speichern. Gespeichert werden soll unter anderem die IP-Adresse von Computern. Im Dezember 2016 wertete der Europäische Gerichtshof die anlasslose Vorratsdatenspeicherung jedenfalls in Großbritannien und Schweden als Verstoß gegen den in der EU-Grundrechtecharta garantierten Schutz des Privatlebens.
kle/jj (afp, noz.de)