Boeing stimmt Milliarden-Vergleich zu
8. Januar 2021Wie das US-Justizministerium mitteilte, verteilt sich der Vergleich, der sich auf umgerechnet zwei Milliarden Euro beläuft, auf mehrere Posten: Der Großteil sind Kompensationszahlungen in Höhe von 1,77 Milliarden Dollar für Fluggesellschaften, die als Kunden von Boeing geschädigt wurden. 500 Millionen Dollar gehen an einen Entschädigungsfonds für Angehörige von Absturzopfern. Hinzu kommen 234,6 Millionen Dollar, die dem Unternehmen von den Justizbehörden als zusätzliche Strafe auferlegt wurden. Das Justizministerium betonte, dass der Vergleich kein strafrechtliches Schuldeingeständnis des Konzerns beinhalte.
Boeing-Chef David Calhoun erklärte in einer Mitteilung, die "jetzt getroffene Vereinbarung erkenne in angemessener Weise an, dass wir unsere eigenen Werte und Erwartungen nicht erfüllt haben".
Ob Boeing damit aber aus dem Schneider ist, bleibt abzuwarten. Es laufen auch noch etliche Klagen wegen der 737-Max-Abstürze gegen den Konzern.
Weltweites Flugverbot nach zwei Abstürzen
Im Oktober 2018 war auf der indonesischen Insel Java eine Maschine der Lion Air abgestürzt, im März 2019 zerschellte eine 737 Max der Ethiopian Airlines kurz nach dem Start in Addis Abeba. Insgesamt kamen dabei 346 Menschen ums Leben
In der Folge mussten sämtliche Maschinen der Serie für 20 Monate am Boden bleiben. Erst im November 2020 erhielten sie wieder die Flugerlaubnis, nachdem Boeing signifikante Verbesserungen in punkto Sicherheit vorgenommen hatte.
Pfusch bei der Sicherheit
Der Flugzeughersteller war nach den Unglücken in den Verdacht geraten, seine bestverkaufte Modellserie überstürzt auf den Markt gebracht und die Sicherheit vernachlässigt zu haben. Die US-Justizbehörden beschuldigen Boeing unter anderem, die Regierung mit irreführenden Angaben dabei behindert zu haben, die Sicherheit im öffentlichen Flugverkehr zu gewährleisten.
"Die tragischen Abstürze des Lion-Air-Flugs 610 und des Ethiopian-Air-Flugs 302 brachten betrügerisches und irreführendes Verhalten von Mitarbeitern eines der weltweit führenden Flugzeughersteller zum Vorschein", erklärte David P. Burns von der strafrechtlichen Abteilung des Justizministeriums. Boeings Angestellte hätten den Profit über die Aufrichtigkeit gestellt und der US-Luftfahrtaufsicht FAA Informationen vorenthalten.
Sowohl Boeing als auch die FAA waren im Zuge der Unglücke heftig in die Kritik geraten. Als hauptsächliche Unfallursache gilt eine defekte Steuerungssoftware von Boeing, die eigentlich rasch hatte repariert werden sollen. Stattdessen dauerte es über anderthalb Jahre, bis die FAA den wegen der Abstürze mit Startverboten belegten Unglücksflieger wieder zuließ.
Flügellahmer Flugzeug-Gigant
Die hohe Strafe dürfte den aufgrund des 737-Max-Skandals und der Corona-Krise stark angeschlagenen Airbus-Rivalen zwar schmerzen. Doch verglichen mit den immensen Kosten, die das Debakel um den wichtigsten Flugzeugtyp des Konzerns bereits verursacht hat, ist die Summe noch relativ überschaubar.
Anleger reagierten vergleichsweise gelassen, Boeings Aktien gerieten nachbörslich zunächst nur leicht ins Minus. Die 737-Max-Krise hat Boeing finanziell bereits massiv unter Druck gebracht. Zahlreiche Aufträge wurden storniert, Boeing entstanden etliche Milliarden an Sonderkosten. In den drei Monaten bis Ende September fiel der vierte Quartalsverlust in Folge an.
Der Konzern reagiert auf die klamme Finanzlage mit drastischen Sparmaßnahmen und will seine Mitarbeiterzahl bis Ende 2021 auf rund 130.000 senken. Zum Vergleich: Anfang 2020 hatte Boeing noch etwa 160.000 Beschäftigte.
mak/al (dpa, rtr)