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Bolivien: Präsident stellt neue Minister vor

Britta Kleymann20. Oktober 2003

In La Paz ist das neue Übergangskabinett vereidigt worden. Die Mehrzahl der Ressortchefs gehört keiner Partei an – damit hat Präsident Mesa eines seiner Versprechen schon eingelöst.

Nur kurz vor den neuen Ministern vereidigt: Boliviens neuer Präsident Carlos MesaBild: AP

Unabhängige Experten und Intellektuelle bilden das neue Kabinett Boliviens. Ebenso wie der Präsident gehört die Mehrheit keiner politischen Partei an. Neu gegründet wurde ein Ministerium für ethnische Angelegenheiten. An seiner Spitze steht der Indio Justo Seoane. Damit ist zum ersten Mal in der Geschichte des Landes ein Indio Mitglied der Regierung.

Die Demonstrationen in Bolivien richteten sich gegen die umstrittene GaspipelineBild: AP

Ein weiteres neues Ministerium soll sich darum kümmern, wie das Volk besser an der Regierungspolitik beteiligt werden kann. Außerdem ernannte Präsident Mesa einen Anti-Korruptionsbeauftragten. Ein Ministerposten ist noch nicht besetzt: der des Ressort fürs Bodenschätze, das die versprochenen Veränderungen im Energiebereich umsetzen soll. Bei den blutigen Unruhen der letzten Wochen hatten Demonstranten gegen eine Erdgaspipeline protestiert, die durch das Nachbarland Chile zum Pazifik führen soll.

Regieren in schwieriger Lage

Mesa forderte seine Kabinettsmitglieder auf, ihre Ämter ernst zu nehmen und bei jeder Entscheidung die möglichen Konsequenzen zu bedenken. "Jeder Fehler könnte das Land in den Abgrund führen", sagte er bei der Vereidigung der neuen Minister.

Oppositionsführer Evo Morales hat Präsident Mesa Unterstützung zugesagtBild: AP

Noch ist die Lage in Bolivien sehr angespannt. Oppositionsführer wie der Anführer der indianischen Protestbewegung, Evo Morales, haben dem neuen Präsidenten Mesa zwar ihre Unterstützung zugesagt. Gleichzeitig kündigten sie jedoch erneute Proteste an, sollte dieser seine Versprechen nicht einlösen.

Mesa hatte angekündigt, das tief gespaltene Land versöhnen zu wollen und eine Verfassungsgebende Versammlung einzuberufen. Er wolle außerdem das brutale Vorgehen von Polizei und Militär gegen Demonstranten untersuchen lassen und die Verantwortlichen bestrafen. "Meine Verpflichtung ist nicht Vergessen oder Rache, sondern Gerechtigkeit", sagte der neue Staatschef.

Umstrittene Entscheidung

Mesas Entscheidung, Personen jenseits des politischen Establishments ins Kabinett zu berufen, ist umstritten. Kritiker befürchten, die neue Regierung werde am Widerstand der Parteien scheitern. Besonders umstritten ist die Ernennung von Juan Ignacio Siles zum Außenminister. Siles ist der Neffe von Jaime del Valle, der unter dem früheren chilenischen Diktator Augusto Pinochet als Außenminister diente.

Andererseits könnte in der parteipolitischen Unabhängigkeit der neuen Minister eine Chance liegen – um die misstrauische Bevölkerung zu überzeugen. Bert Hoffmann, Bolivien-Experte des Instituts für Iberoamerika-Kunde im Hamburg, hatte in einem Gespräch mit DW-WORLD schon in der vergangenen Woche angeregt: "Neue Köpfe und ein Bruch mit dem neoliberalen Wirtschaftssystem wären nötig, um das Vertrauen der Menschen in die Politik zurückzugewinnen."

Auf den neuen Präsidenten Boliviens und sein Kabinett kommen schwere Zeiten zu. Hauptaufgabe seiner Regierung sei es, Armut und soziale Ungleichheit zu überwinden, sagte der 50-jährige Historiker in La Paz. Mesa weiter: "Wir müssen auf eine der größten Herausforderungen in unserer Geschichte antworten."