Ägyptologen der Uni Bonn haben eine mehr als 5000 Jahre alte Inschrift auf einem Felsen entschlüsselt. Das Ortsschild aus dem Wadi Abu Subeira markiert die Domäne von Horus-König Skorpion.
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Auf einem Felsen sind die vier Hieroglyphen zu lesen: "Domäne des Königs Skorpion”. Die Felsinschrift stammt aus dem Wadi Abu Subeira (nord-) östlich von der Stadt Assuan.
Die Bedeutung und Datierung der Hieroglyphen konnten Ägyptologen der Uni Bonn und Forscher des ägyptischen Antikenministeriums jetzt entschlüsseln: Laut dem Ägyptologen Prof. Dr. Ludwig Morenz von der Universität Bonn stammt das in den Fels gemeißelte Ortsnamensschild aus dem ausgehenden vierten Jahrtausend v. Chr., genauer aus der Zeit etwa um 3070.
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Hinweis auf eine Ortsbezeichnung
Eine Kreis-Hieroglyphe gab den Forschern den Hinweis, dass der Felsen als eine Ortsbezeichnung diente. "Wir können die vier Hieroglyphen als `Domäne´ (bzw. Pflanzung) des Königs SKORPION lesen, also ein spezifischer Ortsname", erklärt Prof. Morenz im DW-Interview.
Die Bezeichnung `Domäne´ war ein bereits im vierten Jahrtausend fest ausgebildeter Begriff, der eine von einem zentraleren Ort bzw. Herrscher abhängige Wirtschaftsanlage bezeichnete.
Hinzu kommt im Schriftbild, dass das letzte Zeichen – ein Kreis, der in starker Schematisierung eine Siedlung repräsentiert – die ganze Zeichengruppe als einen Ortsnamen ausweist, so Morenz.
Schriftnutzung an abgelegenem Ort ungewöhnlich
Wie die Menschen vor mehr als fünftausend Jahren am östlichen Nilufer gelebt haben, unter welchen gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten sie lebten, das ist ein zentraler Forschungsschwerpunkt der Wissenschaftler. Die Neuentdeckung der Felsinschrift sei deshalb von zentraler Bedeutung, so der Bonner Ägyptologe.
"Dies ist meines Erachtens mediengeschichtlich besonders interessant, weil in dieser Zeit Menschen weltweit überhaupt erstmals zu schreiben anfingen. Die Kulturtechnik Schreiben war damals hochmodern. Kulturhistorisch ist dabei auch die moderne Medientechnik in der soziokulturellen Peripherie des Wadi el Malik bemerkenswert“, so Morenz.
Die Inschrift wurde mit vergleichsweise großen Hieroglyphen in den Stein gemeißelt. Aus Ägypten kenne man aus dieser Zeit ansonsten noch eine kursive Form der Schrift, mit der insbesondere wirtschaftliche Daten notiert würden. "Global vergleichbar ist ansonsten aus dem späten vierten Jahrtausend nur noch die Protokeilschrift aus Mesopotamien“, erläutert der Bonner Wissenschaftler.
Ägypten als erster Territorialstaat der Welt
Nach Einschätzung des Wissenschaftlers war Ägypten der erste Territorialstaat weltweit, entsprechend lasse sich aus dem neuen Fund auch sozialgeschichtlich einiges über die Binnenkolonisation im Niltal im späten vierten und frühen dritten Jahrtausend v. Chr. ableiten.
"Mit einer Nord-Süd-Ausdehnung von über 800 km wurde damals im Niltal der globalgeschichtlich betrachtet der erste Territorialstaat der Weltgeschichte mit einem (Gott-)König – ägyptisch: Horus – an der Spitze geschaffen. Wir kennen diese Entwicklung archäologisch vor allem aus Funden und Befunden in Elitennekropolen. Hier bekommen wir im Unterschied zu diesen Zentren eher eine Perspektive der Peripherie in den Blick.“
Nach Ansicht von Prof. Morenz, der die Inschrift zusammen mit Mohamed Abdelhay, Abdelmonem Said (beide Mitarbeiter des ägyptischen Antikenministeriums) und Amr El Hawary von der Universität Bonn vor zwei Jahren fand, sind am jetzigen Fundort noch viele bedeutsame Entdeckungen zu erwarten. Denn bislang wurden das Wadi Abu Subeira und das Wadi el Malik archäologisch noch kaum erforscht. "Dieses Gebiet steht erst am Anfang der archäologischen Erschließung”, so Morenz.
Große Funde aus dem alten Ägypten
Die Geschichte der Antike ist sagenumwoben, neue Funde feuern Spekulationen an. Trotz jahrzehntelanger Forschung halten neue Ausgrabungen Überraschungen bereit.
Bild: Ahmed Gomaa/Xinhua/picture-alliance
Särge bei Sakkara
In sehr gutem Zustand präsentierten sich 59 Särge, die Archäologen im Oktober 2020 an der bekannten Grabstätte Sakkara entdeckten. Selbst die Originalfarbe der seit 2600 Jahren nicht geöffneten Sarkophage war erhalten, auch die Mumien hätten ausgesehen, als seien sie "erst am Vortag mumifiziert worden". Die Sarkophage gehörten zu Priestern und hohen Offiziellen aus der Spätzeit des Alten Ägyptens.
Bild: Khaled Desouki/AFP/Getty Images
Holzsärge in Luxor
Ein Sensationsfund: Mehr als 3000 Jahre alt waren 30 bunte Holzsärge, die Archäologen 2019 samt Mumien in Luxor im Süden Ägyptens entdeckten. Trotz ihres Alters waren die Verzierungen mit Schlangen, Vögeln und Lotus-Blüten in schwarzer, grüner, roter und gelber Farbe noch klar zu erkennen – und vermutlich erhalten geblieben, weil in der Nähe der Fundstelle keine Siedlungen entstanden waren.
Bild: Getty Images/AFP/K. Desouki
Tutanchamun
1922 entdeckte der britische Ägyptologe Howard Carter im Tal der Könige die Grabkammer von Tutanchamun, der von 1332 bis 1323 v. Chr. als Pharao regierte und im Alter von 19 Jahren starb. Es handelte sich um einen unberührten Fund voller Grabbeigaben und Schätze - von Plünderern unentdeckt. Besonders bekannt sind die wertvolle Totenmaske und der vergoldete Sarg.
Bild: picture-alliance/dpa/L. Gigerichova
"Glühbirnen" von Dendera
Reliefs in der altägyptischen Tempelanlage Dendera zeigen kolbenartige Gegenstände, durch die eine Art Draht zu verlaufen scheint. Verschrobene Parawissenschaftler sahen sie als Beweis für Glühlampen bei den alten Ägyptern, manch einer erkannte sogar einen Hinweis auf Außerirdische. Für bodenständigere Forscher handelt es sich schlicht um religiöse und kultische Darstellungen.
Bild: Harrison Neil/prisma/picture alliance
Stein von Rosette
In die 1799 im Nildelta entdeckte Steintafel ist ein Text in drei Sprachen gemeißelt: Altgriechisch, Demotisch (Vorsprach von Ägyptisch) und in Hieroglyphen. Die Inschriften aus dem Jahr 196 v. Chr. rühmen den ägyptischen König Ptolemaios V. und trugen zur Entschlüsselung der ägyptischen Bildschrift bei, die 1822 gelang. Durch zahlreiche Abschriften mit Tinte färbte sich die Tafel schwarz.
Bild: picture-alliance/dpa/D. Kalker
Büste der Nofretete
Die Nofretete gilt als das wohl schönste Erzeugnis der Armana-Zeit. Sie wurde zwischen 1353 und 1336 v. Chr. gefertigt und 1912 bei Ausgrabungen der deutschen Orientgesellschaft gefunden. Die Büste ist nicht beschriftet, aufgrund ihrer Krone und der Ähnlichkeit zu anderen Bildnissen wurde sie Nofretete zugeschrieben. Bis auf ein fehlendes Auge war die Büste außergewöhnlich gut erhalten.
Bild: Beliane
Tempel von Abu Simbel
Im 13. Jahrhundert vor Christus entstanden die Tempel von Abu Simbel. Erst 1813 entdeckte der Schweizer Orientreisende Jean Louis Burckhardt den im Sand vergrabenen Großen Tempel von Ramses II. In den 1960ern bedrohte der neu angelegte Nassersee das heutige Weltkulturerbe. Der große Ramses-Tempel und der kleinere Hathor-Tempel zur Erinnerung an Nefertari mussten umgesiedelt werden.
Bild: imagebroker/picture alliance
Cheops-Pyramide
Die älteste und größte der drei Pyramiden von Gizeh, gebaut von 2620 bis 2500 v. Chr., schien bis in die kleinsten Winkel erforscht - bis Wissenschaftler 2017 mit hochenergetischer Teilchenstrahlung einen unentdeckten Hohlraum im Inneren des Weltwunders auftaten, 30 Meter lang und über der großen Galerie gelegen. Wege oder Tunnel führen nicht in den Hohlraum, dessen Zweck noch immer unklar ist.
Bild: picture-alliance/dpa/ScanPyramids Mission/M. Nelson