Der aus Sri Lanka stammende Autor Shehan Karunatilaka hat den renommierten britischen Booker Prize gewonnen. Der 47-Jährige überzeugte mit dem Roman "The Seven Moons Of Maali Almeida".
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Die Jury pries das Handwerk des Schriftstellers sowie die "Kühnheit und Wagemut" seines Werkes. Der Vorsitzende der Jury, Neil MacGregor, nannte das Buch "einen Roman noir (…), der nicht nur die Grenzen zwischen verschiedenen Genres überschreitet, sondern von Leben und Tod, Körper und Geist, Ost und West."
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"Komisches und schwieriges Buch"
Der Mystery-Thriller spielt in der vom Bürgerkrieg zerrütteten Hauptstadt Colombo in den späten 1980ern, hat jedoch trotz des düsteren Themas viele humoristische Elemente. Die Geschichte erzählt von dem Kriegsfotografen und Spieler Maali Almeida, der getötet wird und sich aus dem Jenseits heraus auf die Suche nach den Verantwortlichen macht. Er hat sieben Monate ("Monde") Zeit, um die Brutalität des Konflikts ans Licht bringen.
Karunatilaka ist nicht nur als Schriftsteller, sondern auch als Journalist tätig und hat auch schon Kinderbücher und Rocksongs geschrieben. Er nahm den Preis in London persönlich entgegen und berichtete, dass es typisch für die Gesellschaft in Sri Lanka sei, gerade im Angesicht von Krisen Witze zu machen. "So werden wir damit fertig." Der Autor dankte seinem unabhängigen britischen Verlag Sort of Books dafür, sein "komisches und schwieriges Buch" angenommen zu haben. Bei seinen ersten Probe-Lesern bedankte er sich, weil sie seine "furchtbaren Entwürfe" geduldig ertragen hätten.
Und er fügte hinzu: "Meine Hoffnung für 'Seven Moons' ist dass es in nicht allzu ferner Zukunft in einem Sri Lanka gelesen wird, dass verstanden hat, dass diese Vorstellungen von Korruption, Volksverhetzung und Vetternwirtschaft nicht funktioniert haben und es nie werden."
Booker Prize: Bücher, die die Literatur veränderten
Der Booker Prize gilt als Oscar der Weltliteratur. Wir stellen berühmte Preisträger vor: von Arundhati Roy (1997) bis zu Douglas Stuart (2020).
Bild: Picture-Alliance /dpa/Photoshot
Arundhati Roy - Der Gott der kleinen Dinge" (1997)
Mit "Der Gott der kleinen Dinge", der Geschichte der zweieiigen Zwillinge Rahel und Estha, die inmitten politischer Turbulenzen im südindischen Kerala heranwachsen, eroberte Arundhati Roy 1997 die literarische Welt im Sturm. Der Ende der 1960er-Jahre angesiedelte halb-autobiographische Roman beschreibt Indiens Kastengesellschaft, religiöse Vielfalt und komplexe sozialen Hierarchien.
Bild: Picture-Alliance /dpa/Photoshot
Michael Ondaatje - 'Der Englische Patient' (1992)
Michael Ondaatjes Roman erzählt von vier Menschen, deren Lebenswege sich gegen Ende des Zweiten Weltkriegs in einer italienischen Villa kreuzen: Ein Dieb, ein Spezialist für das Entschärfen von Bomben, eine Krankenschwester und ein schwerverwundeter Pilot stehen symbolisch für das Ende der alten und das Entstehen einer neuen Welt. Anthony Minghellas Verfilmung des Romans erhielt 1996 neun Oscars.
Bild: Imago/ZUMA Press/R. Tang
Margaret Atwood - 'Der blinde Mörder' (2000)
Die kanadische Autorin wurde mit "Der Report der Magd" berühmt, ihren ersten Booker Prize erhielt sie jedoch für "Der blinde Mörder". Der Roman sei "ein vielschichtiges Drama, das seine Erzählstränge zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Fiktion und Realität verwebt", hieß es in der Laudatio. Atwood erzählt von einer alternden Frau, die über den mysteriösen Tod ihrer Schwester nachgrübelt.
Bild: picture-alliance/dpa/D.Calabrese
Hilary Mantel - 'Fall einer Königin' (2012)
Das Buch ist die Fortsetzung von Hilary Mantels historischem - ebenfalls Booker-prämiertem Roman - "Wölfe". Im 16. Jahrhundert sitzen die Tudors auf dem englischen Thron. Anne Boleyn, für die Heinrich VIII. mit der katholischen Kirche brach, scheitert daran, die Linie der Tudors mit einem Erben zu sichern. Mantel ist die erste Frau, die zwei Mal mit dem Booker Prize ausgezeichnete wurde.
Bild: AP
Richard Flanagan - Der schmale Pfad durchs Hinterland (2014)
Der Roman des australischen Autors spielt in einem japanischen Kriegsgefangenenlager und schildert die unmenschlichen Bedingungen beim Bau der Thailand-Burma-Eisenbahn während des Zweiten Weltkriegs. Im Fokus steht ein Chirurg im Lager, den die Erinnerungen an die Affäre mit der jungen Frau seines Onkels quälen, während er darum kämpft, die Gefangenen vor Hunger, Cholera und Folter zu retten.
Bild: Verlag Piper
'George Saunders - Lincoln im Bardo' (2017)
Der erste abendfüllende Roman des US-Kurzgeschichtenautors George Saunders ist ein experimentelles Werk, das von der Jury für "seine innovative Erzählweise gelobt wurde, "die fast toten Seelen zum Leben erweckte". Präsident Abraham Lincoln besucht 1862 in Washington das Grab seines elfjährigen Sohnes. Willie befindet sich im Zwischenreich zwischen Dies- und Jenseits, in Tibet "Bardo" genannt.
Bild: picture-alliance/ZUMAPRESS/R. Tang
Bernardine Evaristo - 'Mädchen, Frau etc' (2019)
"Mit lebendiger Originalität, unbändigem Witz und kluger Weisheit präsentiert Bernardine Evaristo eine herrlich neue Art von Geschichte für dieses alte Land", schrieb die Jury über die erste schwarze Schriftstellerin, die den Preis erhielt. Ihr Roman begleitet das Erwachsenwerden von zwölf Schwarzen, vor allem Frauen, aus verschiedenen Schichten in Großbritannien.
Bild: picture-alliance/Photoshot
Douglas Stuart - 'Shuggie Bain' (2020)
Zehn Jahr schrieb Douglas Stuarts an "Shuggie Bain" - 32 Verlage lehnten das Manuskript ab. Keine Stunde brauchte die Booker-Prize-Jury 2020, um es aus sechs Büchern zum Jahressieger zu küren. "Ich bin absolut fassungslos", so Stuart damals. Sein autobiografischer Debütroman spielt im Glasgow der 1980er-Jahre, wo er als Homosexueller aufwächst und mit dem Alkoholismus seiner Mutter ringt.
Bild: Martyn PICKERSGILL/thebookerprizes/AFP
Damon Galgut - 'The Promise' (2021)
Eine "außergewöhnliche Geschichte, reichhaltige Themen und die Geschichte der vergangenen 40 Jahre Südafrikas in einem unglaublich guten Paket" - so lobte die Jury den Roman von Damon Galgut. Er erzählt über mehrere Jahrzehnte hinweg vom Niedergang einer weißen Familie in Südafrika während des Umbruchs von der Apartheid zur Demokratie. Ein Buch über große Versprechen und enttäuschte Hoffnungen.
Bild: David Parry/AP Photo/picture alliance
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Dua Lipa und Elif Shafak
Der 47-jährige Karunatilaka ist nach Michael Ondaatje, der 1992 den Preis für "Der Englische Patient" gewann, der zweite Autor aus Sri Lanka, der den Booker Prize mit nach Hause nimmt. Auch für sein Debütwerk "Chinaman" wurde Karunatilaka bereits ausgezeichnet - unter anderem mit dem Commonwealth Book Prize.
Der Booker Prize wird jährlich an den Autor eines in Großbritannien oder Irland erschienenen englischsprachigen Romans vergeben. Er ist mit 50.000 Pfund (knapp 58.000 Euro) dotiert. Der sehr prestigeträchtige Preis führt oft zu einer großen Zunahme an Buchverkäufen und kann Karrieren entscheidend fördern.
Die neue Königsgemahlin und Literatur-Liebhaberin Camilla überreichte bei der Verleihungszeremonie in London die Trophäe. Während der Preisverleihung hielt auch Popstar Dua Lipa eine Rede über ihre Liebe zu Büchern. Die britisch-türkische Schriftstellerin Elif Shafak reflektierte am Rednerpult über die Messerattacke auf ihren Kollegen Salman Rushdie und ihre Bedeutung für Autorinnen und Autoren weltweit.