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Politik

Johnsons Rückzieher beim Brexit-Gesetz

5. September 2019

Nach seinen herben Niederlagen im Unterhaus muss der glühende Brexit-Befürworter einsehen, dass er mit seiner nassforschen Art nicht weiterkommt. Nun dürfte der britische Premier voll auf vorgezogene Wahlen setzen.

London: Brexit (Foto: picture-alliance/AP/J. Taylor)
Politisch derzeit mit dem Rücken an der Wand: Premier Johnson im Unterhaus. Ihm gegenüber sitzt Labourchef Corbyn Bild: picture-alliance/AP/J. Taylor

Der konservative britische Premierminister Boris Johnson hat seinen Widerstand gegen das Gesetz für eine weitere Verschiebung des Brexit aufgegeben. Dies gab die Regierung in London bekannt. Die oppositionelle Labour-Partei ergänzte per Twitter, die Regierung lasse sich darauf ein, dass der Gesetzentwurf am Donnerstag und Freitag alle Etappen im Oberhaus durchlaufe. Dann könne er anschließend "für mögliche weitere Erörterungen" an das Unterhaus zurückgehen.

Johnson hatte am Mittwoch zwei harte Niederlagen im Unterhaus erlitten. Zunächst verabschiedeten die Abgeordneten einen Gesetzentwurf, der eine Verschiebung des bisher für Ende Oktober geplanten EU-Auftritts bis Ende Januar vorsieht, sollte es keine Einigung mit der EU auf ein Abkommen geben. Damit soll ein harter Brexit ohne Abkommen vermieden werden. Daraufhin stellte der Regierungschef vorgezogene Neuwahlen im Parlament am 15. Oktober zur Abstimmung, scheiterte aber auch damit. Am kommenden Montag soll das Unterhaus erneut über Neuwahlen abstimmen. Das teilte der Minister für Parlamentsangelegenheiten, Jacob Rees-Mogg, mit.

Zwangspause beginnt kommende Woche 

Labour-Chef Jeremy Corbyn will zunächst sicherstellen, dass das Gesetz gegen einen "No Deal"-Brexit in Kraft ist, bevor seine Partei möglicherweise vorgezogenen Neuwahlen zustimmt. Es besteht immenser Zeitdruck: Bereits in der kommenden Woche beginnt eine von Johnson angeordnete Zwangspause für das Parlament bis Mitte Oktober.

Der Regierungschef will den Brexit mit aller Macht zum 31. Oktober - egal ob mit oder ohne Abkommen mit der EU. Er hat wegen des Streits am Dienstag sogar mehrere Abweichler seiner konservativen Tory-Fraktion aus der Partei werfen lassen, darunter sehr prominente Konservative. Seine Regierungsmehrheit hatte er bereits zuvor durch einen Wechsel eines Tory-Abgeordneten zur Opposition verloren. In Umfragen hat Johnson durch seinen Konfrontationskurs zuletzt massiv an Zustimmung gewonnen. Durch vorgezogene Neuwahlen könnte er sich womöglich eine neue Regierungsmehrheit im Parlament sichern.

Die Gene lügen nicht, doch Brexit-mäßig haben Boris und Jo Johnson keine allzu großen GemeinsamkeitenBild: picture-alliance/ZumaPress/A. Parsons

Jo Johnson verlässt die Regierung seines Bruders 

Im Streit über den Brexit-Kurs in Großbritannien trat unterdessen der Bruder von Premierminister Johnson von seinem Amt als Staatssekretär zurück. Er werde auch sein Mandat als Abgeordneter niederlegen, erklärte Jo Johnson in London. Dabei verwies er auf einen persönlichen Konflikt zwischen Familie und Staat. "In den vergangenen Wochen war ich hin und her gerissen zwischen Familienloyalität und nationalem Interesse - es ist eine unlösbare Spannung und Zeit für andere, meine Rolle als Abgeordneter und Minister zu übernehmen", sagte er. Jo Johnson gilt als Gegner eines ungeregelten Brexit und Befürworter eines zweiten Referendums über den britischen EU-Austritt, während sein älterer Bruder den Ausstieg mit oder ohne Abkommen vollziehen will. Es ist noch unklar, ob er als Abgeordneter sofort zurücktritt oder bei der nächsten Wahl nicht mehr antreten wird.

Immer mehr junge Briten wollen wählen

Angesichts der Debatte über eine mögliche Neuwahl des Parlaments lassen sich immer mehr junge Briten als Wähler registrieren. Die Anträge zur Registrierung von Neuwählern hätten in dieser Woche "dramatisch" zugenommen, berichtete die britische Nachrichtenagentur PA. Im August hatten im Schnitt knapp 22.000 Menschen täglich beantragt, sich als Wähler zu registrieren. In dieser Woche seien es im Schnitt bereits mehr als 66.000 Menschen pro Tag gewesen. Die Zahl hat sich also verdreifacht. Die Anträge kämen vor allem von Menschen im Alter von 34 Jahren oder jünger. "Die Wähler scheinen motiviert zu sein, ihre Stimme zum Brexit abzugeben", schreibt PA. Sollte es zu einer Neuwahl am 15. Oktober kommen, wäre der 27. September der letztmögliche Tag, sich registrieren zu lassen.

sti/rb (afp, dpa, rtr)

Brexit: Premier Johnson am Ende?

42:31

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