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Politik

Johnson kämpft um sein politisches Überleben

19. Januar 2022

Inmitten des Skandals um Partys am Regierungssitz während des Lockdowns kündigt Premier Johnson die Aufhebung der meisten Corona-Maßnahmen in England an. Ein Versuch, seine Partei und die Bevölkerung zu besänftigen?

London Rede Boris Johnson im Unterhaus
Premierminister Boris Johnson gibt sich in der turbulenten Debatte im Unterhaus kämpferischBild: PRU/AFP

Im britischen Landesteil England sollen am 27. Januar die meisten Corona-Einschränkungen enden. Premierminister Boris Johnson kündigte im Londoner Parlament an, von diesem Tag an werde das Tragen von Masken nicht mehr gesetzlich vorgeschrieben sein. "Da Corona endemisch wird, müssen wir die gesetzlichen Verpflichtungen durch Ratschläge und Empfehlungen ersetzen", begründete er diesen Schritt. Auch die Arbeit im Homeoffice werde nicht mehr offiziell empfohlen. Die in Teilen von Johnsons konservativer Tory-Partei verhassten Impfnachweise, gegen die etliche Abgeordnete im Dezember rebelliert hatten, sollen ab Mitte nächster Woche ebenfalls der Vergangenheit angehören.

Für März plane die Regierung das Ende der Quarantäne für positiv getestete Menschen. "Wir zwingen die Menschen nicht gesetzlich dazu, sich zu isolieren, wenn sie die Grippe haben", erklärte Johnson. Aufgrund der außerordentlichen Booster-Kampagne könnten die Maßnahmen auslaufen. Zudem gingen Experten davon aus, dass der Höhepunkt der Omikron-Welle im Land überschritten sei.

Nur mit Maske in der Londoner U-Bahn - das soll bald vorbei seinBild: DANIEL LEAL-OLIVAS/AFP

Die Ankündigung der Lockerung von Corona-Maßnahmen kommt früher als erwartet und in einer Zeit, in der Johnson positive Berichterstattung dringend braucht. Eigentlich sollten die Regeln erst in der kommenden Woche überprüft werden. Johnsons Befugnis in der Gesundheitspolitik reicht allerdings nicht über England hinaus. Im Vereinigten Königreich entscheidet jeder Landesteil über seine Gesundheitspolitik.

Johnsons Ansehen schwer beschädigt

Der Premierminister steht seit Wochen wegen diverser Skandale unter Druck, darunter Partys während des strikten Corona-Lockdowns. Das Ende der von vielen Konservativen scharf kritisierten Corona-Maßnahmen gilt daher als zentral für Johnsons Plan, eine drohende Revolte gegen ihn durch Teile der eigenen Partei abzuwenden.

Zahlreiche Tories fordern laut Medien ein Misstrauensvotum gegen den Premier. Die Zeitung "Daily Telegraph" und der Sender ITV News hatten berichtet, dass Johnson schon an diesem Mittwoch genügend konservative Abgeordnete per Brief das Vertrauen entziehen und eine entsprechende Abstimmung im Unterhaus auf den Weg bringen könnten.

Zu einer parteiinternen Abstimmung würde es kommen, falls sich 15 Prozent der 359 konservativen Abgeordneten gegen ihn aussprechen. In geheimer Wahl müsste der Premierminister dann mindestens 50 Prozent der Mitglieder auf seine Seite bekommen, um die Abstimmung zu überstehen.

"Stark wie ein Bulle"

In einer turbulenten Debatte im Unterhaus schloss Johnson sofortige Konsequenzen aus dem "Partygate"-Skandal aus. Er werde den Bericht einer internen Untersuchung abwarten, der nächste Woche erscheinen werde, sagte der Regierungschef im Parlament.

Auch am Mittwoch gab es neue Vorwürfe gegen Johnson. Die "Times" berichtete, der Premier habe im März 2020 Warnungen von Mitarbeitern ignoriert und sich erst nach Tagen mit heftigem Husten selbst isoliert. Er sagte, er sei stark wie ein Bulle "und schlug sich auf die Brust", zitierte die Zeitung eine Quelle. Johnson erkrankte damals schwer an COVID-19 und musste tagelang auf der Intensivstation behandelt werden.

Die Infektionszahlen sind in Großbritannien in den vergangenen zwei Wochen deutlich zurückgegangen. Die Inzidenz, die die Zahl der Neuinfektionen der vergangenen Woche pro 100.000 Einwohner angibt, lag zuletzt bei 986 (Stand: 13. Januar). Zeitweise hatte sie um den Jahreswechsel die Marke von 2000 überschritten. Auch die Zahl der Einweisungen ins Krankenhaus geht leicht zurück. Nordirland, Wales und Schottland hatten im Kampf gegen Omikron auf schärfere Maßnahmen gesetzt, aber auch bereits Lockerungen angekündigt.

qu/se (dpa, afp, rtr)

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