Botschafts-Besetzung überschattet BRICS-Gipfel
14. November 2019Eine Gruppe von zehn Aktivisten hatte sich am Mittwochmorgen Zutritt zur venezolanischen Botschaft in Brasiliens Hauptstadt Brasilia verschafft. Sie gaben sich als Anhänger des selbsternannten Präsidenten Juan Guaidó zu erkennen. Bislang hatte das Botschaftspersonal der Regierung von Nicolas Maduro die Treue gehalten.
Nach einer elfstündigen Besetzung gaben die Eindringlinge auf. Nach Angaben des brasilianischen Außenministeriums war es einem seiner Diplomaten gelungen, eine friedliche Lösung auszuhandeln und die Gruppe zur Aufgabe zu bewegen.
Diplomatischer GAU
Für den brasilianischen Regierungschef Jair Bolsonaro, den Gastgeber des Gipfeltreffens der aufstrebenden Wirtschaftsnationen Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika, war der Zwischenfall ein diplomatischer GAU: Die Besetzung der Botschaft wird als Provokation gegenüber Chinas Präsidenten Xi Jinping und Russlands Präsidenten Wladimir Putin angesehen.
Beide hatten sich nämlich vehement gegen den ursprünglichen Plan Bolsonaros gewandt, den venezolanischen Oppositionsführer und selbsternannten Präsidenten Juan Guaidó zum Treffen der BRICS-Staaten in Brasilia einzuladen. Russland und China sind enge Verbündete von Venezuelas Präsident Nicolas Maduro.
Wegen des Widerspruchs aus Moskau und Peking wurde auch das Thema Bolivien nicht auf die BRICS-Agenda gesetzt. In La Paz war der von Russland und China protegierte Ex-Präsident Evo Morales am Wochenende unter dem Druck der Bevölkerung gegen ihn zurückgetreten.
Und weil in Chile derzeit soziale Unruhen herrschen und in Argentinien die linken Peronisten die Macht übernehmen, hatte Bolsonaro darüber hinaus entschieden, entgegen der BRICS-Tradition keine Staats- und Regierungschefs der Region, in diesem Fall also Südamerikas, einzuladen.
BRICS-Staaten wollen enger zusammenhalten
Die Staats- und Regierungschefs der aufstrebenden Wirtschaftsnationen kritisierten auf ihrem jährlichen Treffen einen ihrer Ansicht nach "politisch motivierten Protektionismus", der die Weltwirtschaft verlangsame. Ihre Länder bemühten sich dagegen nach Kräften, dem Trend entgegenzutreten.
Sie forderten mehr Handel und Investitionen innerhalb des BRICS-Verbundes und drängten die von ihnen gegründete New Development Bank, mehr Gelder in Infrastruktur und nachhaltiges Wachstum zu pumpen.
Bolsonaro und Xi haben sich wieder lieb
Vor dem offiziellen Beginn des Gipfels hatte Bolsonaro bei einem Treffen mit Chinas Präsident Xi betont, wie sehr sich die Beziehungen beider Länder seit letztem Jahr verbessert hätten. Im Wahlkampf hatte Bolsonaro wiederholt gegen China gewettert, unter anderem hatte er sich darüber beklagt, dass "China nicht in Brasilien einkauft, sondern Brasilien aufkauft". Das hatte zu Befürchtungen geführt, dass Brasilien den BRICS-Verbund und damit eine der weltweit wichtigsten Handelspartnerschaften aufbrechen könnte.
Seit seinem Wahlsieg im Oktober vergangenen Jahres beugte er sich dem Druck der Wirtschaftsbosse aus beiden Ländern und bemühte seitdem eine wesentlich versöhnlichere Rhetorik. "Wir wollen unsere Handelspartnerschaft nicht nur verstärken, wir wollen sie auch vielfältiger gestalten", sagte Bolsonaro bei seinem Treffen mit Xi vor dem Auftakt des BRICS-Gipfels.
mak/lh (rtr, kna, dpa)