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Politik

Brüchige Feuerpause im syrischen Ost-Ghuta

27. Februar 2018

Für fünf Stunden sollten die Waffen schweigen, um Hilfe zu den eingekesselten Menschen bringen zu können und ihnen eine Chance zu geben, das umkämpfte Gebiet zu verlassen. Helfer ziehen eine kritische Bilanz.

Syrien Blutvergießen in Syrien geht weiter - Hilfsorganisationen können Ost-Ghuta nicht erreichen
Aus der umlagerten Stadt steigt Rauch aufBild: Reuters/B. Khabieh

Der Tag eins der Feuerpause für die syrische Region Ost-Ghuta hat für die rund 400.000 dort eingeschlossenen Menschen offenbar nicht viel gebracht. Von 9 bis 14 Uhr Ortszeit (8 bis 13 Uhr MEZ) sollten die Waffen in dem belagerten Rebellengebiet bei Damaskus schweigen. Nach Angaben von Hilfsorganisationen kamen aber weder Hilfslieferungen in die belagerte Rebellenenklave durch, noch konnten Zivilisten das Gebiet verlassen.

Fünf Stunden pro Tag reichen nicht

Eine stundenweise Feuerpause in Syrien reicht nach UN-Angaben nicht aus, um die notleidende Bevölkerung zu versorgen. "Es ist eine Frage von Leben und Tod", sagte der Sprecher der UN-Nothilfe (Ocha), Jens Laerke, in Genf. Die Menschen brauchten eine Feuerpause von 30 Tagen, wie auch vom Weltsicherheitsrat gefordert, sagte Laerke. "Die Lage ist eindeutig nicht so, dass Konvois hinein können und medizinische Evakuierungen möglich sind", so Laerke. Es gebe Berichte über anhaltende Kämpfe, sagte er in Genf.

Der Abteilungsleiter für Internationale Zusammenarbeit beim Deutschen Roten Kreuz, Christof Johnen, sagte, noch gebe es keine Zusicherung aller Konfliktparteien für sicheres Geleit von Zivilisten aus dem Kampfgebiet. Nur wenn diese vorliege, würden die Helfer des syrischen Roten Halbmondes und des Internationalen Roten Kreuzes in die Enklave fahren können. "Fünf Stunden ist dafür sehr knapp", gab er im Rundfunk zu bedenken. Es bleibe noch abzuwarten, wie die Rebellen reagierten. "Sobald wir grünes Licht haben, werden wir mit sehr vielen Hilfsgütern hereinfahren, um Zehntausende Menschen versorgen zu können."

Auch die Hilfsorganisation Save the Children kritisierte eine jeweils fünfstündige Feuerpause als "völlig inakzeptabel".  Weder könnten Hilfsorganisation in dem kurzen Zeitfenster humanitäre Güter in das Rebellengebiet liefern, noch könnten sie Kranke und Verwundete aus dem Gebiet abtransportieren, sagte Save the Children-Sprecher Alun McDonald.

Unübersichtliche Gemengelage im Kampfgebiet

Zuvor hatte die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsgruppe für Menschenrechte berichtet, syrische Regierungstruppen hätten trotz Feuerpause Artillerie- und Luftangriffe geflogen, darunter mit Fassbomben. Dabei seien zwei Zivilisten getötet worden, erklärte die oppositionsnahe Organisation, die ihre Informationen von Ärzten und Aktivisten vor Ort bezieht.

Noch gibt es für die Zivilbevölkerung keine Chance, die umkämpfte Stadt zu verlassenBild: Reuters/B. Khabieh

Das syrische Militär bestritt, Luftangriffe geflogen zu haben. Nach Angaben der Staatsmedien beschossen die Aufständischen ihrerseits einen "humanitären Korridor", um die Einwohner an der Flucht zu hindern. Auch Russland erklärte, die Rebellen beschössen den humanitären Korridor mit Mörsergranaten. Ob Evakuierungen möglich seien, hänge von den Aufständischen ab. Sie sabotierten den sicheren Korridor und hielten die Zivilisten als Geiseln, erklärte das Präsidialamt in Moskau. Russland bedauere dies und werde weiterhin daran arbeiten, dass Zivilisten das Gebiet verlassen könnten. Die in Ost-Ghuta dominierende Islamistengruppe Dschaisch al-Islam wies dies zurück. Bewohner berichteten über andauernde Kämpfe. Unabhängig überprüfen lassen sich sämtliche Angaben nicht.

Vager UN-Beschluss zu Waffenruhe

Die tägliche Feuerpause von fünf Stunden, die Russland, die Schutzmacht des Regimes von Baschar al Assad, für Ost-Ghuta angeordnet hat, bleibt deutlich hinter dem Beschluss des UN-Sicherheitsrats vom Samstag zurück. Das höchste UN-Gremium hatte nach den bislang schwersten Angriffen auf das von islamistischen Rebellen beherrschte Gebiet mit Zustimmung Russlands zu einer 30-tägigen Waffenruhe für ganz Syrien aufgerufen. Doch entscheidende Fragen, wie der genaue Beginn der Feuerpause, blieben offen.

In dem seit 2013 belagerten Rebellengebiet Ost-Ghuta sind Hunderttausende Zivilisten unter menschenunwürdigen Bedingungen eingekesselt. Es fehlt sowohl an Medikamenten und Verbandsmaterial, um die Verletzten zu versorgen, als auch an Nahrungsmitteln. Hunderte Schwerverletzte müssten nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) dringend aus Ost-Ghuta in ärztliche Behandlung gebracht werden.

qu/djo (dpa, rtr, afp)

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