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Brückenbauer: Die Gewinner der Goethe-Medaille 2025

Andrea Kasiske
27. August 2025

Der inhaftierte türkische Kulturförderer Osman Kavala wurde mit einer der diesjährigen Goethe-Medaillen ausgezeichnet. Die beiden anderen Preisträger kommen aus China und Belgien.

Zwei Frauen und ein Mann halten jeweils eine Medaille in die Kamera.
Sie nahmen die Goethe-Medaille entgegen: David Van Reybrouck, Ayşe Buğra (für ihren Mann Osman Kavala) und Li YuanBild: Henry Sowinski

Goethe Medaille 2025 für Osman Kavala

07:50

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Sie wollen Gräben überwinden, Menschenrechte und Demokratie stärken und eine gemeinsame Sprache finden: Für ihr herausragendes Engagement wurden der in der Türkei inhaftierte Kulturmäzen Osman Kavala, die chinesische Germanistin Li Yuan und der belgische Archäologe und Schriftsteller David Van Reybrouck jetzt mit der Goethe-Medaille ausgezeichnet. 

Die feierliche Verleihung fand am 28. August, dem Geburtstag Johann Wolfgang von Goethes, in Weimar statt. Da Kavala nicht selbst anwesend sein konnte, hat seine Frau, die Sozialwissenschaftlerin Ayşe Buğra, ihn bei dem Festakt vertreten. 

Osman Kavalas Einfluss bleibt 

"Ich habe immer daran geglaubt, dass wir durch Kunst und Kultur helfen, Vorurteile zu überwinden und Verständnis füreinander zu entwickeln", so ein Zitat von Osman Kavala, mit dem er die Mission seines Lebens beschreibt. Dieses Statement übermittelte er aus einem Istanbuler Gefängnis

Dort sitzt Osman Kavala aus politischen Gründen mit kurzer Unterbrechung seit 2017 ein. Er wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Unternehmer gehört zu den wichtigsten Kulturförderern in der Türkei. Die von ihm gegründete Kultur- und Kunststiftung "Anadolu Kültür” unterstützt verschiedene Projekte, auch in marginalisierten Regionen wie Anatolien. Dort, in der Stadt Diyarbakir, ist Anadolu Kültür seit den Anfängen 2002 aktiv und tritt für eine Stärkung der Zivilgesellschaft ein.

Die Stiftung fördert unter anderem einen Fonds für Kinder, einen Buchverlag und das Theater Mordem. Die Unterstützung für diese Initiativen sei essentiell, sagt die Kulturmanagerin Asena Günal, die Anadolu Kültür stellvertretend für Osman Kavala leitet. Das Diyarbakir Arts Center gehört mit seinen Theater- und Filmfestivals sowie Konzerten, oft in Kooperation mit dem Goethe-Institut, zu einem zentralen Ort für künstlerischen Austausch und zivilgesellschaftliches Engagement weit über die Grenzen der Türkei hinaus. Mit Programmen wie TANDEM förderte Osman Kavala zudem den Austausch zwischen Kultureinrichtungen in Anatolien und Europa.

"Wenn mich jemand fragt, ob ich etwas brauche, dann ist das wirklich Anadaolu Kültür, also Osman Kavala. Sei es für eine Ausstellung, eine Idee oder, um einen Künstler aus dem Ausland zu holen", sagt der türkische Choreograph Mihran Tomasyan und steht mit dieser Aussage sicher nicht allein. Ob als Unterstützer, Ideengeber, Kunstmäzen: Osman Kavala bleibt wichtig für das Kulturleben in der Türkei. Auch aus dem Gefängnis heraus. 

Mit KI das Deutschlernen revolutionieren

Eine weitere Goethe-Medaille geht an die chinesische Sprachwissenschaftlerin Li Yuan. Ihre Arbeit trage wesentlich zur interkulturellen Verständigung sowie zur Stärkung des Faches Deutsch als Fremdsprache in China bei, so die Jury.

 "Ich bin jemand, der gerne Neues auf den Weg bringt", sagt Li Yuan über sich selbst. Und das tut sie. Die Germanistikprofessorin forscht an der Zhejiang Universität (ZJU) in Hangzhou an der Frage, wie man mit Hilfe Künstlicher Intelligenz besser Deutsch lernen kann. Gemeinsam mit KI-Expertinnen und -Experten hat sie empirische Daten zu häufig auftretenden Fehlern beim Deutschlernen gesammelt und analysiert. Daraus entstand ein intelligentes Feedback-Tool, das gerade in der Erprobungsphase ist. 

Li Yuan brennt für die deutsche Sprache Bild: Bi Lili

Offen für Neues war Li Yuan schon immer, auch als sie 2003 zur Promotion an die Technische Universität nach Berlin ging und später mit einem Postdoc-Stipendium wiederkehrte. Schon während der Promotion schätzt sie die Doktorandenkolloquien, wo sie über ihre Forschung sprechen kann, Fragen anderer beantwortet und selbst kritisch fragen kann. "Von dieser Diskussionskultur profitiere ich bis heute", sagt sie. Während ihrer Professur ab 2011 an der ZJU etabliert sie einen Einführungskurs in wissenschaftliches Arbeiten, der heute verpflichtend für alle Germanistik-Studierenden in China ist. Die Fähigkeit, Probleme selbständig anzugehen und zu lösen, sei in jedem Beruf wichtig, davon ist sie überzeugt.

Inzwischen entwickelt Li Yuan Deutsch-Lehrwerke für ganz China, wobei es nicht nur um Fachwissen geht, sondern auch um Sozialkompetenz. Ihr Anliegen ist es, dass Sprachlernende sich auch mit globalen Fragen beschäftigen. Li Yuan leitet das Institut für Deutschlandstudien und das Zentrum für Global Competence an der ZJU und sie hält Kontakt nach Deutschland. Sie hofft, mit ihrem Engagement den wissenschaftlichen Austausch zwischen Deutschland und China zu fördern.

Zuhören und sich einmischen

"Es gibt wohl nichts, was mich glücklicher macht, als Menschen zu interviewen", sagt der belgische Archäologe und Schriftsteller David Van Reybrouck. Und davon zeugen seine Bücher. Zum Beispiel das über die Kolonialgeschichte des Kongo, das in zig Sprachen übersetzt wurde. Van Reybrouck sucht den Kontakt zu den Menschen vor Ort, hört zu, hält alles in seinen Notizbüchern fest. Und muss sich manchmal beeilen, das in ein Buchformat zu bringen. So, wie bei dem letzten über die Kolonialzeit in Indonesien. "Ich hatte Zeitzeugen aus den 1920er- und 1930er-Jahren gefunden. Inzwischen ist mir klar geworden, dass ich bei vielen der Letzte war, der mit ihnen sprechen konnte", sagt er. 

David Van Reybrouck setzt sich für eine Erneuerung demokratischer Prozesse einBild: STAR-MEDIA/IMAGO

Für sein aktuelles Buch - wieder über den Kongo - war er acht Wochen auf einem Containerschiff. Es geht um die Ausbeutung fossiler Energien. "Wir glauben, dass das, was vor uns liegt, ein Selbstbedienungsladen ist. Ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse der Menschen, die dort in Zukunft leben wollen", sagt er. 

David Van Reybrouck ist in seinem Heimatland Belgien erfolgreicher Autor und Initiator politscher Debatten. 2011 gründet er die NGO G1000, eine Plattform für Bürgerbeteiligung. Per Losverfahren werden Menschen bestimmt, die Mitspracherecht haben über die Zukunft des Landes. Ein Konzept, das in mehreren europäischen Ländern Nachahmer fand. David Van Reybrouck blickt nicht nur sehr genau auf die Geschichte des europäischen Kolonialismus. Er lebt "Demokratie als lebendige, partizipative Praxis", so begründet das Goethe-Institut die Wahl des dritten Preisträgers.

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