Eon und RWE positionieren sich neu
17. September 2019"Privat- und Geschäftskunden in Europa müssen Strom und Gas zu wettbewerbsfähigen Preisen beziehen können. Wir können heute die Übernahme von Innogy durch Eon genehmigen, weil die Verpflichtungszusagen von Eon sicherstellen, dass der Zusammenschluss in den Ländern, in denen diese Unternehmen tätig sind, nicht zu einer geringeren Auswahl und höheren Preisen führen wird", sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager.
Die Verpflichtungszusagen sehen vor, dass Eon unter anderem 34 Ladestationen für Elektroautos an deutschen Autobahnen abgeben muss. Die Ladestationen sollen künftig von einem Drittanbieter betrieben werden. Zudem muss Eon die Verträge mit den meisten seiner Heizstromkunden in Deutschland abgeben. Zudem sagte der Konzern den Verkauf seines Geschäfts im nicht regulierten Einzelhandel mit Strom und des Bereichs Strom- und Gaseinzelhandel in Tschechien zu.
Enge Verflechtung
Eon übernimmt fortan das Energienetz und das Endkundengeschäft von Innogy. Die Übergabe des Ökostrom-Geschäfts von Eon und Innogy an RWE hatte Brüssel bereits durchgewunken. RWE wird somit künftig zum Produzenten und Großhändler von Strom. Eon, in Zukunft ohne eigene Kraftwerke, will sich auf den Transport und Verkauf von Strom, Gas und Energiedienstleistungen an Haushalte und Unternehmen konzentrieren. Neu ist auch: Beide Konzerne sind künftig geschäftlich eng miteinander verbunden. Denn RWE erhält im Zuge des Tauschgeschäfts eine Beteiligung von 16,7 Prozent an Eon und kann so von dessen Dividenden profitieren.
RWE, wegen seiner Braunkohlekraftwerke in der Kritik, wird durch den Deal mit Eon zu einem führenden Anbieter von erneuerbaren Energien - bei der Windenergie auf See nach eigenen Angaben die Nummer zwei weltweit. Jedes Jahr will der Konzern künftig 1,5 Milliarden Euro in die erneuerbaren Energien investieren.
In Deutschland wird der Anteil von RWE an der Ökostrom-Erzeugung aber vorerst nur gering ausfallen. Von den rund 100 Gigawatt erneuerbarer Energien in Deutschland verfügt RWE nach Angaben von Vorstandschef Rolf Martin Schmitz nur über ein Gigawatt. Für Innogy, erst vor drei Jahren von der Konzernmutter RWE an die Börse gebracht, bedeutet die Entscheidung aus Brüssel das Aus. Der Großteil der mehr als 40.000 Mitarbeiter wird zu Eon wechseln. Dabei sollen bis zu 5000 Stellen aus beiden Unternehmen ohne betriebsbedingte Kündigungen abgebaut werden. Darüber hatte Eon-Chef Johannes Teyssen mit den Gewerkschaften eine Vereinbarung getroffen. Das neue Unternehmen wird den Namen Eon behalten.
Eon erhofft sich ab 2022 jährlich Synergieeffekte von 600 bis 800 Millionen Euro. Um diese zu erreichen, hält der Konzern auch an seinem Plan fest, 5000 Stellen zu streichen - das entspreche unter sieben Prozent der Arbeitsplätze, betonte das Unternehmen.
Kritik aus der Branche
Kritik an der künftigen Marktmacht kam vom Anbieter Lichtblick. Das Ökostromunternehmen kritisierte das Tauschgeschäft und sprach von einer nie dagewesenen "Machtkonzentration im deutschen Energiemarkt". Der Zusammenschluss der zwei größten deutschen Versorger sei eine weitere Zäsur für den deutschen Energiemarkt. Die Auflagen seitens der EU seien "geradezu lächerlich", monierte Lichtblick. "Wettbewerb und Innovation werden auf der Strecke bleiben - Verbraucher und der Industriestandort Deutschland insgesamt die Zeche zahlen müssen", erklärte Lichtblick-Geschäftsführer Gero Lücking.
Auch der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU), der die Interessen von Stadtwerken vertritt, äußerte sein Bedauern. Pikanterweise war zuvor bekannt geworden, dass die Hauptgeschäftsführerin des VKU, Katharina Reiche, zu Eon wechseln wird. Von 2013 bis 2015 war die CDU-Politikerin Reiche parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur.
cgn/hk (afp, dpa, rtr)