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Politik

Brüssel hat kein neues Angebot für May

Barbara Wesel
7. Februar 2019

Der Satz von Ratspräsident Donald Tusk über einen "Platz in der Hölle" für Brexiteers setzt den Ton für Theresa Mays Besuch in Brüssel am Donnerstag: Die EU will der Premierministerin derzeit keine Geschenke machen.

Großbritannien | Theresa May in  Belfast
Bild: picture-alliance/dpa/Photoshot

Es war eine bewusst gesetzte Spitze, mit der EU-Ratspräsident Donald Tusk im Brüsseler Pressesaal und jenseits des Ärmelkanals für Furore sorgte: "Ich habe überlegt, wie der spezielle Platz in der Hölle aussieht für diejenigen, die den Brexit befördert haben, ohne die geringste Idee, wie man ihn sicher umsetzen kann." Sein Gesprächspartner, der irische Premier Leo Varadkar, murmelte darauf: "Die britische Presse wird dir dafür Riesenärger machen." Tatsächlich schlug der Satz in Sozialen Medien ein wie die sprichwörtliche Bombe.

Tusk setzt den Ton für Mays Besuch

Man muss die Bemerkung von Tusk sicherlich im Zusammenhang seiner früheren Bemühungen sehen, den Brexit auf eine freundschaftliche und einvernehmliche Weise zu regeln. Mehrfach hatte er Theresa May in London besucht und immer wieder betont, wie sehr ihm an der Freundschaft zu Großbritannien liege. Denn eigentlich ist der polnische Politiker ein Anglophiler.

Allerdings räumte er jetzt auch ein, dass er mit seiner Hoffnung, dass der Brexit doch noch rückgängig gemacht werden könnte, wohl am Ende sei. Wenn die Premierministerin und der Oppositionsführer den Austritt wollten, müsse man die Tatsachen wohl akzeptieren. Mit seinem scharfzüngigen Satz zielt Tusk auf Politiker wie die konservative Fraktionsführerin im Unterhaus Andrea Leadsome, die bereits einen Tag vor Mays Reise nach Brüssel die "Unbeweglichkeit der EU" für das Scheitern der Gespräche verantwortlich macht.

Die EU ist nicht in Stimmung zum Nachgeben

Zur Lage in Brüssel sagte Tusk: "Wir haben kein neues Angebot." Er hoffe aber, dass Theresa May mit "einem realistischen Vorschlag" kommen werde. Gleichzeitig betonte der Ratspräsident, dass Europa ein Friedensprojekt sei und dass man den Frieden in Irland nicht aufs Spiel setzen werde. Das heißt, der "Backstop", die Rückversicherung gegen das Entstehen einer harten Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland, bleibt Teil des Vertrages.

Der irische Premier Varadkar (l.) wirbt bei EU-Ratspräsident Tusk um Unterstützung für den Fall eines harten BrexitsBild: Reuters/Y. Herman

Im Gegenteil, fügte der irische Regierungschef Leo Varadkar hinzu, die politische Instabilität in London zeige gerade, dass man diese heiß umstrittene Regelung im Austrittsabkommen tatsächlich brauche. Und er betonte auch, was für Dublin besonders wichtig sei: die Solidarität der übrigen EU-Staaten mit einem kleinen Mitglied, das vom Brexit direkt betroffen sein wird.

Nach dem Treffen mit Tusk ging der irische Premier noch ein Haus weiter zu EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, um mit ihm über weitere Vorbereitungen für einen harten Brexit zu sprechen. Irland geht es dabei vor allem um EU-Hilfen für den Fall, dass irische Landwirtschaftsexporte nach Großbritannien nach dem Brexit-Datum gefährdet wären.

Politisch aber ist klar, dass die Europäer hier an der Schraube der Abschreckung drehen und eine Botschaft an Theresa May senden: Wir werden nicht diejenigen sein, die hier zuerst zucken.

Was will May von der EU?

Bei ihrer Nordirlandreise in den letzten beiden Tagen übte sich Theresa May erneut in der Kunst der Doppeldeutigkeit. Hier sprach sie wieder von rechtlichen Garantien über die Natur des Backstops - und nicht wie kurz zuvor in London davon, ihn ganz aus dem Austrittsabkommen zu entfernen. Aber genau dafür hatte eine Mehrheit der Abgeordneten in London in der vorigen Woche gestimmt. Und gleichzeitig betonte May immer wieder, sie stehe zu einer offenen Grenze zu Irland. Man weiß aus zwei Jahren Verhandlungen in Brüssel, dass dieser Widerspruch unauflöslich ist, wenn die Briten nicht ihre roten Linien verschieben.

Aber der Premierministerin ist natürlich klar, dass sie die magische Lösung nicht liefern kann. In allen Sprachen und verschiedensten Varianten haben europäische Spitzenpolitiker dazu inzwischen "Nein" gesagt. Niemand will das Austrittsabkommen wieder aufschnüren. Und Gedankenspiele von hohen EU-Beamten in Brüssel, man könne vielleicht über einen "Einschub" in den Vertrag nachdenken, sind bislang nur vage Ideen.

Grundlage dafür wäre nämlich, dass Theresa May über eine verlässliche Mehrheit verfügt. Und die Brexiteers in ihrer eigenen Partei haben bereits abgewinkt. Der harte Kern unter ihnen ist längst auf einen No-Deal-Brexit ohne Abkommen eingeschwenkt, das Irland-Problem dient ihnen nur noch als Vorwand.

DUP-Chefin Arlene Foster: "Der Backstop ist das Hauptproblem."Bild: picture-alliance/empics/B. Lawless

Auch Arlene Foster, Chefin der nordirischen DUP, erteilte Mays Kompromisssuche erneut eine Absage: "Unsere Botschaft ist einfach. Das Austrittsabkommen ist fehlerhaft (…), der Backstop ist das Hauptproblem darin." Er müsse weg, wie das Unterhaus in der vorigen Woche beschlossen habe. Keine Hilfe also für die Premierministerin von den Mehrheitsbeschaffern der nordirischen Unionistenpartei. Die Lage bleibt verfahren.

EU setzt auf Zeitablauf

Bei der EU lehnt man sich zurück und beharrt darauf, dass der Ball im britischen Feld liegt. In London müsse die Lösung für den internen Streit gefunden werden, nicht in Brüssel. Nur Bundeskanzlerin Angela Merkel gibt sich da halbwegs versöhnlich, wenn sie am Rand ihrer Japanreise anmerkt, dass man mit "Kreativität" am Ende doch eine Lösung finden könne. Auch Merkel ist allerdings eine Meisterin der interpretierbaren Aussagen.

In Brüssel rechnet man gegenwärtig am ehesten damit, dass die britische Regierung um eine Verlängerung bitten muss. Niemand geht mehr wirklich davon aus, dass irgendein geordneter Brexit bis zum 29. März zu schaffen sei. So oft auch Minister und Sprecher in der Downing Street dementieren, die Wahrscheinlichkeit steigt, dass der Brexit verschoben wird.