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Herabstufung Brasiliens

Astrid Prange De Oliveira26. März 2014

Die Verkündung war laut, das Echo leise. Die Herabstufung der Kreditwürdigkeit Brasiliens durch Standard & Poor's hat in Brasilien nicht für helle Empörung, sondern eher für stille Ernüchterung gesorgt.

GES Global Economic Symposium
Bild: GES

"Wer die wirtschaftliche Entwicklung Brasiliens verfolgt, für den ergibt sich aus dem Bericht von Standard & Poor's nichts Neues“, kommentiert die Kolumnistin Miriam Leitão in der brasilianischen Tageszeitung 'O Globo'. Am besten wäre es, den Warnschuss aus den USA ernst zu nehmen und die Fehler zu korrigieren.

Für ihren Kollegen Gustavo Patu von der Tageszeitung 'Folha de São Paulo' war die negative Bewertung der Ratingagentur aus New York bereits vorhersehbar. "Als sich die ersten Anzeichen für eine Herabstufung andeuteten, war an der Ausrichtung der brasilianischen Wirtschaftspolitik nichts mehr zu ändern", schreibt er.

Wachstumsschub in Brasilien

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Haushaltsrisiken als Ursache

Bereits im Juni 2013 hatte S&P damit gedroht, Brasilien herabzustufen. Denn schon damals zeichnete sich ab, dass ein Wirtschaftswachstum in Höhe von 2,3 Prozent für 2013 nicht ausreichen würde, um einen ausgeglichenen Haushalt durch höhere Steuereinnahmen vorzulegen. Auch die öffentlichen Ausgaben auf Bundes- und Landesebene waren zu diesem Zeitpunkt bereits verplant.

Zur wachsenden öffentlichen Verschuldung tragen insbesondere der staatliche Stromerzeuger Eletrobras und und der ebenfalls staatlich kontrollierte Mineralölkonzern Petrobras bei, die ebenfalls von S&P herabgestuft wurden. Denn das von der brasilianischen Regierung angeordnete Einfrieren der Tarife für Strom und Treibstoff fügt den beiden Staatskonzernen hohe Verluste zu und kommt den brasilianischen Steuerzahler teuer zu stehen.

Zentralbank ohne klare Meinung

Allerdings würde ohne diese Subventionierung von Strom, Diesel und Benzin die Inflation von knapp sechs Prozent (2013) noch weiter in die Höhe schnellen. Ein halbes Jahr vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Oktober 2014 befindet sich die brasilianische Regierung somit in einer wirtschaftspolitischen Zwickmühle.

Angesichts dieses Szenarios schwankt die brasilianische Zentralbank (BC) zwischen Zuversicht und Pessimismus. Noch am Montag (24.03.2014) hatte sie ihre Prognosen für die Leistungsbilanz des laufenden Jahres nach unten korrigiert und rechnet nun mit einem Defizit von rund 80 statt von 78 Milliarden Dollar. Grund ist ein angenommener Rückgang der Exporte von 255 auf 253 Milliarden Dollar in diesem Jahr.

Stabile Direktinvestitionen

Die Höhe der ausländischen Direktinvestitionen hingegen soll 2014 nach Angaben der Zentralbank stabil bei 63 Milliarden Dollar bleiben. Allein vom 1. bis zum 20. März seien Direktinvestitionen in Höhe von knapp über 5 Milliarden Dollar nach Brasilien geflossen, erklärte BC-Präsident Alexandre Tombini vor der brasilianischen Presse.

"Brasilien reagiert klassisch und robust auf die Herausforderungen der Weltwirtschaft, unabhängig von der Bewertung durch S&P", heißt es in einer Mitteilung der Zentralbank. Der große Zustrom an ausländischem Kapital in den vergangenen Monaten zeige, dass Brasilien mit seiner Wirtschaftspolitik richtig läge.

Wenig Verständnis

Industrieminister Mauro Borges Lemos war in seiner Kritik weniger zurückhaltend und brandmarkte die Herabstufung Brasiliens als "ungerecht": "Brasilien ist ein Land mit einem stabilen Wechselkurs, verfügt über einen Primärüberschuss und ausreichende Devisenreserven. Für eine Herabstufung gibt es überhaupt keinen Grund", erklärte Lemos in Rio vor der Presse. Die Regierung betreibe eine solide Haushaltspolitik.

Doch genau an der vermeintlich soliden Haushaltspolitik kommen zunehmend Zweifel auf. "Nur einen Tag vor der Veröffentlichung des Berichtes von Standard & Poor's hat die Regierung eine nachträgliche Finanzierung des Staatshaushaltes von umgerechnet 1,3 Milliarden Euro verkündet", schreibt Kolumnist Gustavo Patu in der Tageszeitung 'Folha de São Paulo'. Die Summe entspreche merkwürdigerweise genau den Subventionen für die gestiegenen Strompreise.

Teure Sozialausgaben

Auch die wachsenden Ausgaben für die brasilianische Sozialversicherung, die so genannte "Precidência Social", üben Druck auf die öffentlichen Haushalte aus. So musste Brasiliens Sozialminister Garibaldi Alves kürzlich einräumen, dass das Defizit in der Sozialversicherung nicht wie ursprünglich angenommen zwölf, sondern rund 15 Milliarden Euro beträgt.

"Die Bewertung von S & P zeigt, dass diese Art von kreativer Buchführung außerhalb der Ministerien niemand mehr beeindruckt", kommentiert Patu. Die Finanzmärkte würden einfach nicht mehr daran glauben, dass die brasilianische Regierung ihre eigenen Auflagen für die Fiskalpolitik einhalte.

Unternehmen betroffen

Für den brasilianischen Verbraucher ändert sich nach Einschätzung der Wirtschaftsexperten durch die Herabstufung kaum etwas. Am stärksten seien brasilianische Unternehmen betroffen, für die sich nun Kredite auf dem internationalen Kapitalmarkt verteuerten. Auch die brasilianische Regierung müsse künftig höhere Zinsen für ihre Staatsanleihen zahlen.

Den brasilianischen Bürgern wird die Rechnung wohl erst nach den Wahlen präsentiert. "Irgendwann wird die Regierung Anpassungen vornehmen und Tarife erhöhen müssen", erklärt der brasilianische Ökonom Felipe Salto in der Tageszeitung 'O Globo'. "Wenn die Regierung 2015 ihre kreative Buchführung fortsetzt, dann wird es gefährlich."

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