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Gesellschaft

Brasilien verschärft Abtreibungsrecht

29. August 2020

Für ungewollt schwangere Brasilianerinnen wird es immer schwieriger, eine legale Abtreibung vorzunehmen. Eine neue Anordnung der Regierung verschärft die geltenden gesetzlichen Vorschriften.

Gynaekologische Praxis
Bild: picture-alliance/dpa/K. Rose

Brasilien hat die Hürden für einen Schwangerschaftsabbruch innerhalb der ohnehin schon strengen Abtreibungsgesetze weiter verschärft. Das Gesundheitsministerium erließ neue Vorschriften für Frauen, die nach einer Vergewaltigung abtreiben wollen.

Danach sind Ärzte in Zukunft verpflichtet, eine Vergewaltigung bei der Polizei zu melden. Sie müssen mögliche Beweise der Tat einreichen, die zur Identifikation des Täters beitragen sollen, und einen Bericht mit allen medizinischen und technischen Daten anfertigen, der von drei Fachkräften unterzeichnet werden muss.

Die Schwangere oder ihr gesetzlicher Vertreter selbst müssen eine Erklärung unterzeichnen, in der sie sich mit den Risiken eines Schwangerschaftsabbruches einverstanden erklären. Sie muss zudem von den Ärzten dazu aufgefordert werden, sich den Embryo oder Fötus auf Ultraschallbildern anzuschauen. 

In Brasilien sind Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich nur nach einer Vergewaltigung erlaubt, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist oder der Fötus eine schwere Fehlbildung hat. Der amtierende Gesundheitsminister Eduardo Pazuello, ein vom rechten Präsidenten Jair Bolsonaro eingesetzter Armeegeneral, hat das neue Regelwerk bekanntgegeben.

Gesundheitsminister Pazuello: Verpflichtung zur "ausführlichen Schilderung" einer VergewaltigungBild: Getty Images/A. Anholete

Gnadenlose Evangelikale

In Brasilien kämpfen die mächtigen evangelikalen Kirchen, die zu den wichtigsten Unterstützern Bolsonaros gehören, schon seit langem dafür, dass sie strengen Abtreibungsgesetze noch restriktiver gefasst werden. Die Stimmung im Land ist dementsprechend. Erst im August waren in der Stadt Recife im Nordosten Brasiliens Evangelikale und Rechtsextreme auf die Straße gegangen, um zu verhindern, dass ein zehnjähriges Mädchen, das nach einer Vergewaltigung schwanger geworden war, eine Abtreibung vornehmen ließ.

Das Mädchen aus dem südöstlichen Bundesstaat Espírito Santo soll von seinem Onkel vergewaltigt worden sein. Weil die Ärzte in einem Krankenhaus in ihrem Bundesland eine Abtreibung verweigert hatten, reiste sie durch das ganze Land nach Recife, um den Schwangerschaftsabbruch dort vornehmen zu lassen. Vor dem Krankenhaus wurde sie jedoch von wütenden Demonstranten empfangen.

Rechtspopulistin Winter: Ruf nach strengeren AbtreibungsregelnBild: Getty Images/A. Anholete

Die rechtsgerichtete Aktivistin Sara Winter, eine prominente Unterstützerin von Bolsonaro und Vertraute der Frauenministerin und evangelikalen Pastorin Damares Alves, hatte zuvor in einem Online-Video den Namen des Mädchens und das Krankenhaus genannt.

Die nun noch einmal verschärften Vorschriften, seit Freitag im brasilianischen Amtsblatt nachzulesen, sorgen für Protest. Die linke Parlamentsabgeordnete und Ärztin Jandira Feghali kündigte einen Gesetzentwurf an, um die Anordnung des Gesundheitsministeriums zu blockieren. Die Richtlinie verhindere legale Abtreibungen und führe zu "psychischer Gewalt" gegen Frauen, so Feghali. Gemeinsam mit 15 weiteren Abgeordneten schrieb sie zudem einen Brief an UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet.

ml/AR (afp, Lusa)

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