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Politik

Petrópolis in Brasilien - ein Bild der Verwüstung

17. Februar 2022

Die Bilder der Flutkatastrophe in Petrópolis schocken Brasilien. Nach der Welle der Zerstörung hat die Suche nach Vermissten begonnen. In der Stadt herrschen Wut und Verzweiflung - aber auch enorme Hilfsbereitschaft.

Brasilien | Erdrutsch nach Starkregen in Petropolis | Suche nach Überlebenden
SOS Petropolis: Starkregen und Erdrutsche haben ganze Stadtteile zerstörtBild: Ricardo Moraes/REUTERS

Inmitten von Schlammlawinen und Häuserruinen beginnen in der brasilianischen Stadt Petrópolis die Bergungs- und Aufräumarbeiten. 540 Feuerwehrmänner und mehr als 400 Polizisten suchen in den Trümmern nach Überlebenden. Helikopter kreisen über der 60 Kilometer von Rio de Janeiro entfernten Stadt, die in einer bergigen Region liegt.

Bei den schlimmsten Regenfällen und Überschwemmungen seit 1932 - so das nationale brasilianische Institut für Meteorologie Inmet - sind nach offiziellen Angaben mehr als hundert Menschen ums Leben gekommen, tausende wurden obdachlos.

"Mein Stadtteil ist ausgelöscht", berichtete die Bewohnerin Elenir de Souza gegenüber der brasilianischen Tageszeitung "Folha de S. Paulo". "Alles, was wir in 38 Jahren in der Vila Felipe aufgebaut haben, ist zerstört."

Die Twitter-Nutzerin Kátia filmte Häuser, die einen Hang hinunterstürzten und mit ihrem Geröll eine Lawine der Zerstörung bildeten, die alles unter sich begrub und mitriss. "Betet für Petrópolis", twitterte sie.

Es sind schockierende Bilder wie diese, die überall in den Sozialen Medien kursieren und in einer Dauerschleife über TV- und Computerbildschirme flimmern: Schlammlawinen und Wassermassen wälzen sich durch Straßen und Gassen. Sie reißen Steine, Häuser, Mauern, Strommasten und Autos mit und bilden einen Strom der Zerstörung.

Ein Fünftel der Stadt ist Risikogebiet

Auch im Armenviertel "Moro da Oficina" klappten Hütten und andere Unterkünfte wie Kartenhäuser zusammen und rutschten die steilen Hänge herunter. Noch ist nicht abzusehen, wie viele Menschen Haus und Hof verloren haben.

Nach Angaben des brasilianischen Zivilschutzes (Defesa Civil) könnten Tausende betroffen sein, denn ein Fünftel der Fläche der Stadt mit rund 300.000 Einwohnern gilt als Risikogebiet. Dies betrifft rund 18.000 Unterkünfte.

Bis jetzt sind nach Medienberichten 439 Menschen vorübergehend in öffentlichen Schulen untergebracht. Hotels und Kirchen haben sich bereiterklärt, weitere Flutopfer vorübergehend unterzubringen.

Notunterkunft im Hotel

"Es geht jetzt darum zu helfen, um die chaotische Lage nach dem Unwetter zu bewältigen", erklärte der Vorsitzende der Vereinigung für Hotels, Bars und Restaurants, Germano Valente, gegenüber der Lokalzeitung "Diário de Petrópolis".

Hotels, Hilfsorganisationen, Kirchen, Shoppingcenter und viele Läden haben zudem an vielen Stellen in der Stadt spontan Spendenannahmestellen für Flutopfer eingerichtet. Am größten ist die Nachfrage nach Trinkwasser.

Die 1825 von deutschen Einwanderern gegründete Stadt Petrópolis durchlebt zurzeit eine ähnliche Tragödie wie bereits in den Jahren 1988 und 2011. Vor elf Jahren kamen dort bei einem Unwetter, in dessen Verlauf rund ein Drittel der jährlichen Regenmenge in nur 24 Stunden niederging, 918 Menschen ums Leben. 1988 gab es 134 Todesopfer.

Inmitten von Trümmern bergen zwei Männer einen Hund. Noch werden viele Menschen vermisst Bild: Silvia Izquierdo/AP/picture alliance

"Es ist jedes Jahr dasselbe Trauerspiel", sagte Cláudia Renata Ramos, Vorsitzende der Vereinigung für Unwettergeschädigte in der Gebirgsregion, gegenüber der brasilianischen Presse. "Die Flüsse werden nicht ausgebaggert, und die Ufer sind nicht befestigt."

"Historisches Defizit"

Der Gouverneur des Bundesstaates Rio de Janeiro, Claudio Castro, in dem die Stadt Petrópolis liegt, die im 19. Jahrhundert lange als Sommerresidenz des brasilianischen Kaisers Dom Pedro II. diente, räumte Defizite ein. Gegenüber dem TV-Sender Globo erklärte er: "Ein historisches Defizit beim Katastrophenschutz und eine historische Naturkatastrophe haben zu dieser Tragödie geführt". Dies dürfe sich nicht wiederholen.

Er verwies allerdings auch auf die vielen Initiativen, die dazu geführt hätten, zumindest einige Folgen der Unwetter mildern. So habe die Regierung des Bundesstaates über 4000 zerstörte Gebäudekomplexe wieder aufgebaut, 24 Brücken fertig gestellt und an knapp 100 Stellen die Flussufer befestigt.

Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro hat unterdessen seinen Besuch in Petrópolis für Freitag angekündigt. "In Moskau habe ich von der Tragödie erfahren, die sich in Petrópolis ereignet hat", postete er auf Twitter. "Ich habe mit allen Ministern gesprochen, um schnelle Hilfe für die Flutopfer zu mobilisieren."

Bolsonaro hatte am Mittwoch Russlands Präsident Putin in Moskau getroffen und war am Donnerstag nach Ungarn zu einem Besuch bei Premier Viktor Orban weitergereist. Nach seiner Rückkehr am Freitag nach Brasilien will er die Region überfliegen, um sich ein Bild von der Lage zu machen.