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Debatte um weitere Griechenland-Hilfe

Sabine Kinkartz21. August 2013

Regierungspolitiker haben es im Wahlkampf bislang vermieden, mehr als nötig über die Euro-Krise zu sagen. Jetzt spricht der deutsche Finanzminister überraschend von weiteren Griechenland-Hilfen.

Die Fahnen der EU und Griechenlands (r) flattern vor der Akropolis in Athen(c) dpa - Bildfunk
Flagge EU GriechenlandBild: picture-alliance/dpa

Vier Wochen vor der Bundestagswahl macht das Berliner Regierungsviertel einen verlassenen Eindruck. Politik wird derzeit auf Wahlkampfterminen im ganzen Land gemacht. So am Dienstag (20.08.2013) in Ahrensburg in der Nähe von Hamburg. Dort war Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble unterwegs. Und sprach plötzlich über weitere Finanzhilfen für Griechenland. "Es wird in Griechenland noch einmal ein Programm geben müssen", sagte Schäuble. Das Land brauche nach dem laufenden Hilfsprogramm weitere Unterstützung. Es werde allerdings keinen zweiten Schuldenschnitt für Griechenland geben.

Hohe Wellen schlägt die Äußerung vor allem deswegen, weil die Bundesregierung bislang nie konkret formuliert hat, wie sich Griechenland ab 2015 finanzieren soll. Wer zu früh finanzielle Hilfe anbiete, der konterkariere Reformbemühungen und Sparanstrengungen, so wurde in Berlin stets argumentiert. Bei den meisten Politikern von Union und FDP hat sich diese Haltung auch nicht verändert. So ließ FDP-Generalsekretär Patrick Döring verbreiten, "jegliche Mutmaßungen" über weitere Hilfsprogramme seien "Gift für die Reformbemühungen Griechenlands". Das Land habe noch Zeit bis 2014, die Auflagen der Geldgeber zu erfüllen.

Griechenland braucht mehr Geld

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Griechenland derzeit im Zeitplan

73 Milliarden Euro hatte das südeuropäische Krisenland aus einem ersten Rettungsprogramm von Europäischer Union, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds erhalten. Das zweite Rettungspaket mit einem Volumen von knapp 164 Milliarden Euro soll Griechenlands Finanzierung bis Ende 2014 sicherstellen. Die Zahlungen erfolgen vierteljährlich. Kontrolleure der Troika aus EU, EZB und IWF überprüfen vor jeder Auszahlung vor Ort, ob und wie Griechenland seine Verpflichtungen erfüllt.

Schäuble betont, Griechenland erfülle im Moment seine Verpflichtungen aus dem Hilfsprogramm, auch wenn es "natürlich nicht über den Berg" sei. Dieser Meinung ist auch Folker Hellmeyer, Chefanalyst bei der Bremer Landesbank. Im Gespräch mit der DW verweist er auf deutliche Reformfortschritte des Landes. Das Haushaltsdefizit sei von 15,5 Prozent der Wirtschaftsleistung auf 4,6 Prozent in diesem Jahr reduziert worden. Im laufenden Haushalt sei ein Überschuss erzielt worden und die Lohnstückkosten seien gesunken. "Das Land hat eine Konkurrenzfähigkeit gegenüber Deutschland wie im Jahr 2004 und die strukturellen Defizite im Haushalt sind im Griff", so Hellmeyer. Griechenland brauche allerdings weiterhin "Raum, Luft und die Abschirmung von den Kapitalmärkten", damit die Konjunktur sich erholen könne. Dann werde sich auch eine Haushaltslage ergeben, "die viele nachhaltig überraschen wird."

Wie geht es 2015 weiter?

Niemand glaubt indes daran, dass Griechenland mit einem derzeitigen Schuldenstand von 175 Prozent des Bruttoinlandsprodukts schon 2015 wieder reif für den Kapitalmarkt sein könnte. Das gibt auch der Bundesfinanzminister unumwunden zu. Die Hilfsprogramme würden eine Schuldentragfähigkeit Griechenlands für das Jahr 2020 unterstellen, sagte Schäuble nach dem Wahlkampfauftritt in Ahrensburg in einem Interview des NDR. "Und deswegen haben wir damals bei der Verabschiedung des Hilfsprogramms schon gesagt: Wenn Griechenland im Laufe des Jahres 2014 alle seine Verpflichtungen erfüllt hat und wenn es dann immer noch notwendig sein sollte, dann wird man über weitere Maßnahmen beraten."

Der Bundesfinanzminister wehrt sich daher gegen den Vorwurf, er habe "zu irgendeinem Zeitpunkt nicht voll die Öffentlichkeit und den Bundestag informiert". Das sei "einfach wahrheitswidrig", so Schäuble. Wer genau hinhört, entdeckt trotzdem einen Unterschied. Denn während er bislang einfach offen ließ, ob es weitere Hilfen geben wird, räumt der Bundesfinanzminister jetzt unumwunden ein, es sei "wahrscheinlich", dass über weitere Hilfen für Griechenland beraten werden müsse. "Wir werden uns im Jahr 2014, und zwar in der Jahresmitte, damit wieder beschäftigen."

Niemand nennt Zahlen

Wie die Hilfe konkret aussehen soll, darüber sagt Schäuble allerdings nichts. Gegebenenfalls könne über weitere Zinssenkungen bei den laufenden Krediten nachgedacht werden. Einen weiteren Schuldenschnitt schließt der Bundesfinanzminister allerdings genauso aus, wie die Bundeskanzlerin. Angela Merkel äußerte sich in einem Interview des Fernsehsenders Sat 1. "Welche Summen gegebenenfalls notwendig sind, kann ich heute nicht sagen. Ich weiß sie nicht. Man kann sie nicht wissen. Man kann nur sagen, Griechenland soll seinen Weg weiter gehen. Und wir unterstützen das, so gut wir das können."

Bleibt die Frage, warum der Bundesfinanzminister so überraschend konkret über ein drittes Hilfspaket für Griechenland gesprochen hat. Schäuble ist kein Politiker der unbedachten Worte. Man kann also annehmen, dass es der Versuch ist, der Opposition den Wind aus den Segeln zu nehmen. SPD und Grüne hatten in letzter Zeit wiederholt einen erneuten Schuldenschnitt für Griechenland ins Gespräch gebracht, während Schäuble und Merkel ausschließlich über eine verbesserte Wirtschaftslage in Griechenland gesprochen hatten. Die Ankündigung eines möglichen dritten Hilfspakets ist also nur ein Teil der Botschaft. Die für Schäuble und für die Wähler der Union wichtigere Aussage dürfte in der Absage an einen zweiten Schuldenschnitts liegen.

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