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Braucht Merkel einen "Plan B"?

15. Januar 2016

Mit ihrer Flüchtlingspolitik gerät die Kanzlerin zunehmend ins Abseits. Unions-Abgeordnete wollen Merkel nun in Zugzwang bringen. Doch geht ihr Protest weit genug, um einen Kurswechsel herbeizuführen?

Bundeskanzlerin Angela Merkel (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/S. Stache

Erst hatten einige Unions-Politiker angekündigt, eine Unterschriftenaktion durchführen zu wollen, um ihrem Unmut über den Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingspolitik Ausdruck zu verleihen. Ihr Ziel: Eine Abstimmung innerhalb der gesamten Bundestagsfraktion über eine weitere Verschärfung der Grenzkontrollen von Flüchtlingen. Dazu soll es nun aber doch nicht kommen, wie CDU-Politiker Wolfgang Bosbach im Deutschlandfunk mitteilte.

Man wolle "eine Art Showdown" vermeiden, erklärte er. Da Merkel einen solchen Schritt bislang ablehnt, wäre eine Abstimmung innerhalb ihrer Fraktion einem Vertrauensvotum gleichgekommen. Innenpolitiker Bosbach betonte jedoch, etwa ein Drittel der Unionsabgeordneten sehe die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung "eher skeptisch".

Protestbrief ans Kanzleramt

Zahlreiche Abgeordnete von CDU und CSU wollen daher stattdessen einen Brief an Merkel unterzeichnen, in dem sie ihre Sorgen über die Entwicklung in der Flüchtlingskrise ausdrücken, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) meldet. Der Brief sei das Ergebnis gemeinsamer Überlegungen von Mitgliedern verschiedener Fraktions-Arbeitsgruppen, erfuhr die dpa aus Regierungskreisen.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) versicherte in der "Welt", die Regierung wolle den Zuzug von Flüchtlingen spürbar verringern. Dabei habe der Schutz der europäischen Außengrenzen "Vorrang vor nationalen Lösungen".

Deutsche Politiker befürchten Überforderung - wie hier im Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo)Bild: Reuters/F. Bensch

"Oder wir müssen Dinge tun, die niemand will"

Die Opposition äußerte sich ebenfalls kritisch über den bisherigen Flüchtlingskurs - wenn auch verhaltener als einige CDU-Politiker. So stellte sich der niedersächsische SPD-Ministerpräsident Stephan Weil zwar hinter Merkels Entscheidung vom September, die Grenze zu öffnen. Dies könne aber nur eine Zwischenlösung sein, betonte der Politiker gegenüber der "Welt". Fatalerweise habe diese Reaktion zu einer Sonderrolle Deutschlands in Europa geführt. "Die anderen Staaten lehnen sich nicht nur zurück, sondern sprechen mit Häme von der 'deutschen Einladung'", sagte Weil. Angesichts der erreichten Aufnahmekapazität sei nun dringend ein "Plan B" notwendig. "Die Bundeskanzlerin wird sich im Laufe des Jahres korrigieren müssen", sagte Weil voraus.

Wie eine solche Korrektur aussehen könnte, führte er in dem Interview mit der "Welt" aus: "Entweder gelingt es, international die Zugangszahl zu drosseln. Oder wir müssen Dinge tun, die niemand will und die Europa schaden werden." Sollte die EU-Außengrenze nicht gesichert werden, so würden die Binnengrenzen in Europa ein Comeback erleben, mahnte Weil.

Wieviele Flüchtlinge seit dem Jahreswechsel?

Dass die Diskussion über die Flüchtlingspolitik noch lange nicht ihr Ende erreicht hat, darauf weisen auch die neuesten Asylbewerber-Zahlen hin. Seit Jahresbeginn seien 51.395 neue Asylbewerber von den Behörden registriert worden, berichtete die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BamF). Die Behörde bestätigte diese Angaben bisher allerdings nicht. Das Bundesinnenministerium verwies stattdessen auf Einreisezahlen von 2000 bis 3000 Menschen pro Tag, woraus sich eine niedrigere Gesamtzahl ergeben würde.

An der deutsch-österreichischen Grenze warten Flüchtlinge auf ihre EinreiseBild: picture-alliance/dpa/A.Weigel

Derweil kündigte Österreich an, ab Ende kommender Woche nur noch Flüchtlinge durchreisen zu lassen, die in Deutschland Asyl beantragen wollen. Wer dagegen beabsichtige, nach Skandinavien weiterzuziehen, werde bereits an der Südgrenze zurückgewiesen, erklärte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Damit werde auch auf die Entwicklung an der österreichisch-bayerischen Grenze im Norden reagiert. Dort würden jeden Tag 200 bis 300 Flüchtlinge zurückgeschickt, die nicht in Deutschland Asyl beantragen, sondern nur durchreisen wollten, zum Beispiel nach Schweden.

"Wir sind am Limit"

Österreich werde außerdem eine noch nicht festgelegte Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen einführen, kündigte Mikl-Leitner weiter an. "Jene, die über der Obergrenze liegen, werden in sogenannten Transitzonen oder Pufferzonen untergebracht", so die Ministerin. "Sie werden nicht mehr ins Land gelassen, sondern dort versorgt und sonst nirgendwo." Die in diesem Jahr prognostizierten 120.000 Asylanträge in Österreich überstiegen die Möglichkeiten des Landes, sagte Mikl-Leitner. "Jeder weiß, dass das nicht geht." Österreich sei "am Limit".

nin/haz (afp, dpa, rtr)

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