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Bremser als Vorreiter

29. August 2002

Für die einen ist es die schönste Zeit des Weinjahres, für die anderen schlicht notwendiges Vorstadium auf dem Weg zu höchstem Genuss: In Franken ist wieder "Bremser-Saison".

Weinlese bei RandersackerBild: AP

Der assoziationsreiche Name für den schäumenden Traubenmost ist die mundartlich-fränkische Variante des hochdeutschen "Federweißer" oder des schweizerischen "Sauser". Traditionell läutet Alois Grünewald aus Kleinochsenfurt bei Würzburg die Weinlese in Unterfranken ein. Trotz des verregneten Sommers sind 80 bis 110 Grad Öchsle Mostgewicht möglich. Aber "wichtig ist das beim Bremser nicht", meint der Winzer.

Die Ortega-Rebe, eine Kreuzung aus Müller-Thurgau und Siegerrebe (© DWI/Dieth)Bild: DWI / Dieth

1974, als Grünewald seine Landwirtschaft auf Wein umstellte, kam gerade die Ortega-Traube auf: Eine Kreuzung aus Müller-Thurgau und Siegerrebe, die unter den damaligen Klimabedingungen gleich bleibend hohe Qualitäten garantierte. Heute bringt selbst eine Spätlese noch gute Qualität. Das Erdklima ist wärmer geworden, die Winzer profitieren davon. Und die Ortega ist heute meist nur noch für die Marktlücke da. So dient sie Grünewald als reiner Bremser-Rohstoff.

Bremser fördert den Umsatz

Auf 6300 Quadratmetern baut sein Winzerhof vor allem Bacchus, Müller-Thurgau, Silvaner, Riesling, Ehrenfelser, Kerner, Traminer und roten Spätburgunder an. In diesem Jahr ist noch die Acolon-Traube dazu gekommen eine rote Neuzüchtung. Experimentierfreudig war man in Kleinochsenfurt, wo jahrhundertelang die Würzburger Domherren Weinbau betrieben, eben schon immer. Mit der frühen Ernte hat das allerdings nichts zu tun: Erst in gut zwei Wochen beginnt die "richtige" Lese - doch davon allein kann ein Winzer wie Grünewald nicht leben.

Frankenwein und Blaue Zipfele (© DWI/Faber)Bild: DWI / Faber

Und so macht der Bremser mittlerweile immerhin ein Sechstel seines Umsatzes aus: In Zeiten freiwilliger Selbstbeschränkung ein nicht ganz unerheblicher Faktor: Statt möglicher 90 Hektoliter pro Hektar ernten die Mitglieder der Gebietswinzergenossenschaft nur 70. Mit dieser Qualitätssicherung trotzt man der italienischen und französischen Konkurrenz.

Vitaminreich und blutreinigend

Auszeichnungen wird man mit der Ortega allerdings kaum gewinnen. Man könne sie als "harmonischen Wein" bezeichnen, wiegelt Grünewald ab: "Verhalten im Bukett, mit Geschmack nach Honig und leichter frischer Säure." Als Bremser bringt sie es meist nicht einmal so weit: Da kommt sie süß daher, während der Federweißer bereits säuerlich schmeckt und sehr dem Jungwein ähnelt.

Und spätestens jetzt erkennt man, dass zwischen "Bremser" und "Federweißer" eben nicht nur sprachlich Welten liegen: Der Bremser ist Most mit beginnender, der Federweißer mit abklingender Gärung. Die Wirkung der beiden ist dennoch ähnlich: vitaminreich, blutreinigend, die Entschlackung fördernd - so steht es in einschlägigen Lexika. Vorsicht ist dennoch geboten: Nach dem "Interdisziplinären Alkohol-Lexikon" besteht die "Gefahr übermäßigen Konsums".

Autor: Wim Abbink
Redaktion: Petra Füchsel

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